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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Schmerz seiner großen Schwester zu ersparen und sich an nichts zu binden. Es war ein gordischer Knoten. Doch nie zuvor hatte Cyprian es so deutlich empfunden wie in diesen Tagen; es kam ihm vor, als sei das zerrissene, versprengte Christfest ein Omen dafür, dass ihre Familie nie wieder zueinander finden würde, und zum ersten Mal seit vielen Jahren spürte er wieder die Angst vor dem Schatten, der sich in Gestalt der Teufelsbibel über sie legte und jede Hoffnung zu Eis werden ließ. Verbunden mit dieser Angst war ein Bild, das andauernd vor seinem inneren Auge aufstieg: zwei identische Fläschchen mit Medizin, nur dass eines davon den Todenthielt und dass das Opfer ihn sich selbst gab – unwissend über sein Tun und voller Hoffnung, daran zu genesen.
    Es schüttelte ihn. Von allen perfiden Bösartigkeiten schien dies ihm die schlimmste, und er ertappte sich selbst dabei, wie er die Faust ballte und gegen die Wand schlug.
    Der schweigsame Novize, den der Bruder Torhüter ihnen als Gehilfen zur Verfügung gestellt hatte, schaute kurz auf, versenkte sich dann aber wieder in seine eigene Suche. Offenbar herrschte im Kloster Raigern die Ansicht, dass man Cyprian Khlesl alles zutrauen und daher so tun musste, als würde einen nichts überraschen.
    »Was würdest du sagen?«, fragte Cyprian Andrej, noch bevor er sein Schreibpult erreicht hatte. »Wenn man etwas zweimal geschafft hat: heißt das, man schafft es auch ein drittes Mal, oder bedeutet es, dass man jetzt mal mit Verlieren dran ist?«
    Andrej betrachtete ihn nachdenklich. »Man kann es nur aufs Neue versuchen, oder?«
    »Weil, wenn man es nicht versucht …«
    »… verliert man auf jeden Fall.« Andrej nickte und lächelte.
    »Die Weisheit sprudelt von deinen Lippen wie Honigtau«, sagte Cyprian.
    »In dem Fall ist es deine eigene Klugheit, großer weiser Mann.«
    »Gebe ich öfter solche Plattheiten von mir?«
    Andrejs Lächeln wurde breiter. »Ich hab was gefunden«, sagte er. »Siehst du dir’s jetzt an, oder willst du noch ein Weilchen länger stumm am Leben verzagen?«
    Cyprian setzte eine verdrossene Miene auf. »Warte … noch ein bisschen … noch ein bisschen … so, jetzt hab ich genug verzagt. Lass sehen.«
    Sie beugten sich über ein locker beschriebenes Blatt Papier, das sich mit Namen und Taten der Jesuiten befasste,die in den Prozess gegen Anna Morgin verwickelt gewesen waren. Wie es schien, waren sie am Anfang mit Feuereifer dabei gewesen, die junge Frau als Hexe zu überführen, und augenscheinlich hatten sie ihre Finger im Spiel gehabt, als es darum gegangen war, Caspar zum Verrat an seiner Geliebten zu überreden. Doch dann war Anna geflohen, das Asyl, das Buh ihr im Wald gegeben hatte, war geschändet worden, und Buh war ums Leben gekommen. Die Jesuiten hatten daraufhin reichlich ernüchtert darüber nachzudenken begonnen, in welchem Schmutz sie eigentlich steckten.
    »Das ist die Geschichte der jesuitischen Hexenverfolgung im Kleinen«, sagte Andrej ohne jedes Anzeichen von Humor.
    »Und was sagt uns das, außer der Tatsache, dass Menschen manchmal aufwachen und sich fragen, ob sie das Richtige tun?«
    »Hier …« Andrej blätterte um und wies auf den letzten Eintrag. Cyprian entzifferte ihn stumm. Dann holte er tief Luft.
    »Wir hatten recht«, sagte er. »Die haben den kleinen Burschen mit zurück nach Rom genommen.«
    »Eine gute Tat, um sie den bösen entgegenzusetzen, die bei Anna Morgins Prozess geschehen waren.«
    »Eine gute Tat!«, schnaubte Cyprian. »Das Wissen um die Teufelsbibel ins Herz des Jesuitenordens zu bringen, wo die schlauesten Köpfe der ganzen Kirche darauf warten, dem Papst jeden Wunsch von den Augen abzulesen!«
    »Wenn er geplaudert hätte, dann wären wir jetzt nicht hier und die Teufelsbibel schon lange im Vatikan. Der Junge hat geschwiegen. Was uns zu der Frage bringt: weshalb?«
    »Du wirst alt, du wiederholst dich«, sagte Cyprian.
    »Was nun?«
    »Wir müssen rausbekommen, wo der Junge heute ist.«
    »Und wie?«
    »Steht denn hier nirgendwo ein Name?«
    »Hier … es heißt, der Junge kannte seinen Namen selbst nicht, und …«
    »Das hab ich ja noch nie gehört!«
    »Cyprian – was glaubst du, wie viele Kinder ich gekannt habe, als ich in Prag in der Gosse lebte, die ebenfalls ihren Namen nicht kannten? Wir hatten mindestens zwei ›Schieler‹, eine ›Rübennase‹ und eine ›Warzenfresse‹ allein in dem Viertel, in dem ich gelebt habe. Wenn der Junge ein Bastard war, vielleicht von einem reichen

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