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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Khlesl-Sprosses, sich auch in einer fremden Stadt sofort heimisch zu fühlen – heimischer jedenfalls als im Haus seines Bruders. Sie wartete ab, ob Melchior hereinkommen würde, aber er tat es nicht; sie hörte ihn über dieTreppe poltern. Andreas entspannte sich. Auch dazu sagte Alexandra nichts; sie nickte ihm lediglich zu und wandte sich zum Gehen.
    Es wurde Zeit, nach Lýdie zu sehen, wenngleich es mittlerweile eher Gewohnheit als Notwendigkeit war. Das Mädchen war endgültig außer Lebensgefahr und hatte sogar mit der Oberin und der Schwester aus dem Spital gescherzt, als diese gestern hier gewesen waren – zweifellos um festzustellen, wie schlimm Alexandra ihre Aufgabe verpfuscht hatte. Nun, da waren sie wohl enttäuscht worden. Alexandra lächelte in sich hinein.
    Im letzten Zimmer vor dem Treppenhaus waren die Pfützen zu sehen, die Melchiors Stiefel hinterlassen hatten. Zuerst dachte Alexandra, ihr jüngerer Bruder stünde noch dort. Dann sah sie, dass es Karina war.
    Andreas’ Frau hatte Melchiors kurzen Mantel aufgenommen, den er über eine Truhe gelegt hatte. Ihre Hände strichen die Falten glatt, zupften am Stoff, klopften Staub heraus. Es wäre ein ganz normaler Anblick gewesen (Alexandra hatte Melchiors Schlamperei Hunderte von Malen hinterhergeräumt), wenn sie nicht die Augen geschlossen und den Kragen des Mantels an ihre Wange gedrückt hätte.
    Alexandra starrte die Szene einen halben Herzschlag an, dann sah sie, wie Karina zusammenzuckte. Alexandra machte eine halbe Kehrtwendung, begann in ihrer Tasche zu kramen und vor sich hin zu murmeln. Schließlich holte sie eines ihrer Utensilien heraus, ohne zu sehen, was es war, sagte laut: »Na also!«, und legte es zurück. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Gesicht hochrot war, als sie sich ihrer Schwägerin zuwandte. Sie stutzte demonstrativ.
    »Oh, Karina … hab ich dich erschreckt? Ich hab dich gar nicht gesehen.« Für eine schauspielerische Leistung wie die ihre wäre ein Straßenkomödiant auf offener Bühne gesteinigt worden.
    Karina schüttelte den Kopf und versuchte vergeblich, so zu tun, als seien die hektischen Flecken auf ihren Wangen nichts Besonderes. Melchiors Mantel lag wieder auf der Truhe, und sie stand in zwei Schritten Abstand davon. Alexandra deutete auf das Kleidungsstück.
    »Ist der von Melchior? Der Mann ist ein wandelndes Chaos.«
    Karina lieferte ihrerseits eine beeindruckend amateurhafte Darstellung von jemand, der einen Gegenstand im Raum jetzt erst sieht, aufnimmt und überhaupt keine Ahnung hat, wem er gehört.
    »Doch, das ist Melchiors«, sagte Alexandra.
    Karina zuckte mit den Schultern. Alexandra drückte sich an ihr vorbei. »Ich sehe nach Lýdie.«
    »Ich komme gleich nach«, sagte Karina heiser. »Ich räum das hier weg.«
    Draußen auf dem Treppenabsatz wartete Alexandra, aber Karina kam nicht heraus, um den Mantel nach unten zu bringen oder eine Dienstmagd zu rufen. Alexandra war sicher, dass Karina sich erneut in den Mantel geschmiegt hatte; so, wie sie sicher war, dass Karina genau wusste, dass sie ertappt worden war. In einer Hinsicht schien sie perfekt zu Andreas, ihrem Mann, zu passen: in der Attitüde nämlich, eine Pose verzweifelt aufrechtzuerhalten, selbst wenn alle anderen sie schon durchschaut hatten.
    Im Vergleich zu den unausgesprochenen Gefühlen, die durch das Haus zogen wie ein unmerklicher Geruch, duftete die abgestandene, warme Luft in Lýdies Kammer geradezu frisch.

6.
    Sie hatte Lýdies Verband erneuert und die gut verheilenden Narben gebadet, als sich endlich die Tür öffnete. Alexandra blickte nicht auf; sie war sicher, dass der Neuankömmling Karina war, und fragte sich, ob sie ihre Schwägerin auf das ansprechen sollte, was sie beobachtet hatte. Lýdie war wieder eingeschlafen, und es gab vermutlich kaum einen Raum im Haus, in dem sie ungestörter waren. Sie mochte Andreas’ Frau, und wenn sie sich auch als Allerletzte berufen fühlte, in Herzensdingen zu sprechen, mochte es doch für Karina hilfreich sein, eine Seele zu haben, mit der sie ihre Gefühle teilen konnte. Dann dämmerte Alexandra das Befremdliche der Situation: Karina kam nicht näher und sagte auch nichts. Sie drehte sich um.
    Eine der Dienstmägde stand in der Tür. Alexandras Herz pumpte plötzlich Eiswasser in ihren Körper. Die Magd war leichenblass.
    »Was ist passiert …?«
    Andreas hatte Karina mit Melchiors Mantel erwischt – oder mit Melchior selbst! Jemand lag in seinem Blut, und jemand anderer stand starr

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