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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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neunhundert Unschuldige gestorben sind, damit das wahre Vipernnest endlich ausgeräuchert wird.«
    »Ich denke, das ist genau die Diktion, die Fürstbischof vonEhrenberg damals gebraucht hat«, sagte Alexandra. »Damit lockst du hier keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor.«
    »Irrtum«, zischte der Jesuit. »Irrtum. Sieh her …« Er machte einen Satz zur Tür. Die halbe Dienerschaft hatte sich mittlerweile dort versammelt und gaffte mit bleichen Gesichtern herein. Bevor sie reagieren konnte, hatte Pater Silvicola eine der Dienstmägde gepackt. Sie schrie auf. Er zerrte sie am Arm in den Saal herein.
    »Das ist deine Herrschaft!«, rief er und schob sie in Richtung Alexandra. »Das ist deine Herrschaft! Eine Hexe! Deine Herrschaft ist eine Hexe.«
    Die Dienstmagd kreischte. Pater Silvicola stieß sie vor Alexandra zu Boden. »Eine Hexe! Eine Hexe! Eine Hexe! «
    Das Mädchen schrie und versuchte, ein Stück zurückzukriechen. Der Jesuit stieß sie wieder nach vorn. Unwillkürlich streckte Alexandra eine Hand aus, um ihr aufzuhelfen. Die Dienstmagd schrie noch lauter auf und krabbelte vor Pater Silvicolas Füße.
    »EINE HEXE!«
    »O Gott!«, kreischte die Dienstmagd.
    »Du hast einer HEXE GEDIENT!«
    »Neeeiiin! Herr im Himmel, beschütze mich.«
    Alexandra dachte, das Haus würde wanken. Ihr wurde eiskalt. Das Dienstmädchen bedeckte mit einer Hand die Augen …
    »EINE HEXE!«
    »Heilige Maria Mutter Gottes, bitte für mich!!«
    … und streckte die andere zur Faust geballt gegen Alexandra aus. Ihr Zeige- und kleiner Finger waren abgespreizt.
    »HEXE!«
    »O Goooott!«
    »HEXE!«
    Das Dienstmädchen begann zu zittern. »Hexe!«, stieß sie zwischen klappernden Zähnen hervor. »Hexe …«
    Pater Silvicola trat von ihr zurück. »Bringt sie hinaus«, sagte er über die Schultern. Einer der Knechte packte die Schluchzende am Arm und schleifte sie unzeremoniell vor die Tür. Alexandras Augen brannten. Ihr Blick hing am Gesicht des Jesuiten. Die Erkenntnis war eine kalte Flamme in ihrem Herzen. Um den Plan zu fassen, Hunderte von Männern, Frauen und Kindern auf den Scheiterhaufen zu senden, bedurfte es eines kranken Geistes; um den Plan in die Tat umzusetzen, bedurfte es einer riesigen Menge an willensschwachen, ängstlichen, fanatisierbaren, beeinflussbaren, auf die Vermeidung von eigenem Leid panisch fixierten Menschen; Menschen, wie sie einem jeden Tag in der Gasse begegneten. Dass der kranke Kopf ausgewechselt worden war und denen von seinen Gliedern, die noch am Leben waren, der Prozess gemacht wurde, bedeutete nicht, dass es die willensschwachen, ängstlichen, fanatisierbaren, beeinflussbaren, auf die Vermeidung von eigenem Leid panisch fixierten Mitläufer nicht mehr gab. Sie hatten sich nicht geändert, und sie würden, ohne zu zögern, wieder das losbrüllen, was loszubrüllen sie vor zwanzig Jahren gelernt hatten. Und mit steigendem Entsetzen erinnerte Alexandra sich daran, dass Fürstbischof Johann Philipp, der die Prozesse gegen die Hexenbrenner angestrengt hatte, nicht in Würzburg war, sondern bei den Friedensverhandlungen in Münster.
    »Da is’ die Zeugin«, sagte die Stimme des einen Knechts.
    Alexandra fuhr herum. Eine Klosterschwester wurde hereingeführt. Ihre Blicke wichen denen Alexandras aus.
    »Mutter Oberin«, sagte Pater Silvicola, »bitte sprechen Sie.«
    »Eine mir anvertraute Novizin«, sagte die Klosterschwester tonlos, »hat mir erzählt, dass sie versucht habe, Hexenkünste an einem kranken Kind zu unterbinden. Statt auf sie zu hören, hat man sie bedroht und aus dem Haus geworfen. Das Kind war dem Tod geweiht; es konnte nicht gerettetwerden, es sei denn durch die Anwendung von unheiliger Magie.«
    »Können Sie mir sagen, Mutter Oberin, ob die Praktikantin der unheiligen Magie hier im Raum ist?«
    Alexandra schloss die Augen. Es war so klar, was kommen würde, dass sie beinahe ein Lachen in sich aufsteigen fühlte.
    »Meine Novizin hat eine klare Beschreibung abgegeben, und ich bin in der Lage, die Person zu erkennen«, hörte sie die Mutter Oberin sagen. »Es ist … diese dort!«
    »Öffne die Augen, Hexe!«, zischte Pater Silvicola. Alexandra schlug Lider auf, die so schwer wie Blei waren. Der Finger der Klosterschwester zeigte auf …
    Alexandras Herz setzte aus.
    … zeigte auf Agnes. Und dann wanderte er herum.
    »Und … diese dort!«
    Karina schrie auf.
    »Und dieser dort!«
    »Das ist eine Frechheit!«, röhrte Andreas.
    »Und dieser dort.«
    »Du solltest dich was

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