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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Krempe über das Parkett und stieß an die Wand. Der junge Mann blickte auf und sah Pater Silvicola an.
    »Da fehlt nur noch ein Zoll«, sagte er und zog den Kopf des Knechtes noch ein wenig herum. Der Knecht ruderte mit den Händen in der Luft und röchelte. »Oder ein halber. Der Mann hat zu schwache Nackenwirbel für seinen Beruf.«
    Pater Silvicola sagte nichts. Er machte nur eine knappe Bewegung mit dem Kopf. Melchiors Blick folgte dem Wink, und Alexandras Blick folgte dem seinen. Der dritte Knecht hatte Karina von hinten gepackt. Eine Hand drückte ihren Oberkörper an ihn, die andere hielt den Griff des Rapiers. Die Spitze der Klinge bohrte sich in Karinas Kehle. Karinas Lider zuckten, und ihre Lippen bebten. Ihre Augen waren starr auf Melchior gerichtet. Melchior sah wieder zu Pater Silvicola.
    Der Jesuit zuckte mit den Schultern.
    Melchior ließ den Knecht los, stand auf und trat einen Schritt zurück. Der Knecht rappelte sich auf, kam taumelnd auf die Beine und stand schwankend vor Melchior, die Augen blutunterlaufen. Seine Kehle gab gurgelnde Geräusche von sich.
    »Mach schon, du Idiot«, sagte Melchior.
    Der Knecht schlug ihm die Faust ins Gesicht, dass ihn die Kraft seines Schlages zwei Schritte nach vorn riss. Melchior prallte gegen die Wand und rutschte daran herunter, der Blick glasig. Er versuchte sich vom Boden hochzustemmen, doch seine Knie gaben nach, und er fiel neben Andreas auf alle viere. Der Knecht sprang auf ihn zu.
    »Schluss jetzt«, sagte Pater Silvicola scharf. »Sofort!«
    Der Knecht zögerte, doch dann schüttelte er sich, spuckte auf den Boden und klaubte seinen Spieß auf. Sich den Nacken massierend und immer noch röchelnd und würgend,nahm er wieder Aufstellung. Der dritte Knecht stieß Karina von sich, steckte sein Rapier ein und gab dann seinem Kameraden, den Andreas mit seinem unverhofften Angriff unschädlich gemacht hatte, einen Tritt. Der Mann stöhnte und rollte sich herum, noch immer halb besinnungslos. Karina sank auf die Knie und begann zu zittern. Melchior stützte sich auf Andreas’ Schulter, kam mit wackligen Knien auf die Beine und zog seinen Bruder dann in die Höhe. Andreas’ Gesicht war grau, aus seinem Ohr lief Blut, und beim ersten Schritt knickte er wieder ein.
    »Tausend Mal hab ich dir gesagt: Wenn man zuschlägt, dann so, dass man nicht noch mal nachschlagen muss«, stöhnte Melchior. »Hörst du mir jemals zu?«
    Andreas probierte den Geist eines Lächelns. Karina begann zu weinen.
    »Sie sind eine verdammte Seele, Pater Silvicola«, sagte Agnes leise. »Wenn Sie einen Spiegel hätten, würden Sie Ihr Abbild anspucken.«
    Pater Silvicola fletschte die Zähne. »Was ist mit dir?«, erwiderte er. »Färbt sich das Glas schwarz, wenn du hineinblickst?«
    Die beiden anderen Knechte kamen mit einer Trage zurück, auf der ein verhülltes Bündel Mensch lag und ächzte. Sie stellten die Trage ab und nahmen ihre Spieße wieder auf. Das Bündel schüttelte die Decken ab; ein verbrauchter, abgemagerter, von lappiger gelber Haut bedeckter Oberkörper kam darunter zum Vorschein und mit ihm der Geruch von Fleisch, das in seinen wunden Falten bereits zu gären beginnt. Der Kopf war völlig kahl, das Gesicht eine hässliche, verzerrte Fratze voller schütterer Bartstoppeln und mit speichelfeuchten, glänzenden Lippen.
    Pater Silvicola öffnete den Mund, doch der Mann auf der Trage kam ihm zuvor.
    »Sie sind es«, stieß er hervor. »O Herr im Himmel, siesind es. Die Verführer! So viele Jahre sind vergangen, aber sie sind keinen Tag gealtert. Das ist der Beweis für ihre Verbindung mit dem Teufel. Sie sind es, o Gott, sie sind es! Die haben Seine Ehrwürden Fürstbischof Adolf verhext und all die anderen, die Ratsherren, die Richter, die Mönche, die Beisitzer, den Nachrichter und seine Knechte … o Pater Silvicola, ich schwöre, dass sie es sind … sie haben auch mich verhext … und auf ihr Geheiß haben wir alle so schreckliche Dinge getan …« Die Erscheinung auf der Trage bedeckte das Gesicht mit den Händen und begann zu weinen. »Wir haben alle so schreckliche Dinge getan … weil sie es uns befahlen … ich habe so schreckliche Dinge getan … o Herr, ich kann nichts dafür … es ist ihre Schuld … ihre Schuld … ihre Schuld …« Die Stimme erstickte in lautem Schluchzen, die knochigen, wund gelegenen Schultern zuckten … zuckten … und zuckten noch mehr, als das Schluchzen in Kichern und das Kichern in Lachen überging. Die Hände sanken herab, und das

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