Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
wisperte sie. »Du willst das Buch nicht vernichten, du willst es für dich. Jemand mit einer so schwarzen Seele bringt es nie über sich, das Ding zu verbrennen.«
»Schließ nicht von dir auf mich.«
»Du und ich, wir haben nichts gemeinsam!«, schrie sie.
»Gott bewahre«, sagte Pater Silvicola. Und dann trat er einen Schritt näher und zischte: »Was willst du mir erzählen, Weib? Dass ihr die Welt vor der Teufelsbibel zu schützen versucht habt? Das konnten nur die Sieben! Warum habt ihr sie nicht zerstört, wenn ihr sie so fürchtet? Ihr hattet fünfzig Jahre lang Zeit! Ich habe Erkundigungen über deine Familie eingezogen – ohne die Teufelsbibel wäret ihr nur irgendjemand, Ausländer, die in Prag geduldet sind, solange sie Steuern zahlen. Die Teufelsbibel hat euch groß gemacht. Selbst wenn du dir einredest, dass ihr keinen Pakt mit dem Satan abgeschlossen habt: Ihr habt es doch getan. Ihr seid nichts ohne die Teufelsbibel. Ihr werdet sie in hundert Jahren nicht zerstören!«
Sie starrte ihn an. Nein, so ist es nicht , schrien ihre Gedanken. »Wir haben bitter bezahlt dafür, dass wir die Verantwortung für dieses Buch auf uns genommen haben!«, stieß sie hervor.
»Wer bezahlt, pflegt etwas dafür zu bekommen.«
»Du verlogenes …«
»Du weißt, dass ich recht habe«, sagte er mit der Sanftheit, mit der der Henker einem Verurteilten das Haar aus dem Nacken strich, damit der Axthieb nicht abgleiten konnte.
Wut und Entsetzen verschnürten Alexandras Kehle. Sie fand keine Antwort.
»Jetzt schließe ich einen Pakt mit dir«, erklärte Pater Silvicola nach ein paar Herzschlägen.
»Um meine Seele?« Alexandra lachte bitter.
»Nein, viel einfacher. Um das Leben deiner Mutter, deiner Brüder, deiner Schwägerin und deiner Nichte.« Er deutete in die Richtung, in der Lýdies Kammer lag.
»Wenn ich dir die Teufelsbibel nicht beschaffe, sorgst du dafür, dass sie wegen Hexerei angeklagt werden. Auf der Basis von Sebastians Schwüren. Der Mann hat schon einmal versucht, einen Meineid zu leisten. Die Oberin lügt sowieso. Bist du stolz darauf, mit solchen Kreaturen verbündet zu sein?«
»Du hast keine Ahnung, wen ich zu meinen Verbündeten rechne!«
»Du hast keine«, sagte sie. »Du hast nur Werkzeuge. Und du bist selbst ein Werkzeug – deiner eigenen Allmachtsfantasien. Du wirst die Teufelsbibel nicht vernichten können. Sie wird zuerst dich vernichten, dann deinen Orden, sobald dein Pater Generalis sie in die Finger bekommt, dann die ganze Welt. Dieses Buch sucht immer nach denen, die die Macht haben, seine zerstörerische Energie umzusetzen. Euer Orden ist perfekt dafür. Was ist dein wahres Ziel? Habt ihr nicht alle das Kürzel SJ hinter euren Namen für ›Societas Jesu‹? Soll es in Zukunft ›Societas Satani‹ heißen?«
Voller Genugtuung bemerkte sie, dass auf seinen blassen Wangen plötzlich rote Flecken erschienen. Seine Augen blitzten. »Deine Familie wird nicht nur angeklagt, sie wird verurteilt werden. Der Fürstbischof und der Pater Generalis werden sich mit Freuden auf die Gelegenheit stürzen, eine öffentliche Erklärung dafür zu finden, dass die Kirche und der Orden vor zwanzig Jahren so viele Menschen umgebracht haben – eine Erklärung, die besagt, dass alle damals verhext wurden.«
»Wenn alle Jesuiten so sind wie du, dann wundert es mich nicht, dass der Pater Generalis so eine Erklärung braucht.«
»Was ich vorhabe, hat mit meinem Orden nichts zu tun!«, zischte Pater Silvicola und schwieg dann abrupt. Seine Augen wurden schmal vor Zorn.
»Wer von uns beiden ist nun der, der ganz allein ist?«
»Dich«, stieß er hervor, »dich würde ich am liebsten brennen sehen.«
»Aber du brauchst mich …«
»Du bringst mir die Teufelsbibel. Meinetwegen betrügst und stiehlst du, verkaufst deinen Körper oder bringst den Rest deiner Sippe in Prag um, um an sie heranzukommen, aber du bringst sie mir. Ich gebe dir Zeit bis zum Tag der Darstellung des Herrn – Mariä Lichtmess. Es ist der Tag, an dem die Heilige Jungfrau nach jüdischer Überlieferung wieder als rein galt nach der Geburt des Herrn; der Tag der Lichterprozessionen. Ich werde die Welt von der Teufelsbibel reinigen, und ich werde ihr das Licht zurückgeben.«
Alexandras Not war so groß, dass sie sich zurückhalten musste, um nicht auf ihn loszugehen – oder zu Boden zu sinken und seine Knie zu umklammern und um Gnade zu winseln. »Wenn ich es nicht schaffe …?«, fragte sie schließlich, und die eigene Stimme
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