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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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übersehen.
    »Was soll das heißen: Sie geht nirgendwohin?«, stotterte der Pfarrer.
    »Das Kind kommt vermutlich heute Nacht«, sagte Alexandra.
    Der Pfarrer machte das Kreuzzeichen. Er war noch grauer geworden. Die Schwangere versuchte, ihm zuzulächeln. Sie hatte Alexandras Hand gepackt und ließ sie nicht mehr los. Ihre Finger waren eiskalte Klammern. Die Leute um sie herum murmelten und sahen sich betroffen an.
    »Wie ist Ihr Name, Hochwürden?«
    »Biliánová«, stieß der Pfarrer hervor. »Biliánová František.«
    Er hatte den Nachnamen zuerst genannt. Wie Alexandra gedacht hatte: ein Jesuitenzögling. Mit einem Ruck wurde ihr bewusst, in welcher Mission sie eigentlich unterwegs war und dass sie es sich nicht leisten konnte, hier zu verweilen. Etwas davon musste sich in ihrem Gesicht widergespiegelt haben, denn in die Augen der Schwangeren trat Panik. Verzweifelt erwiderte Alexandra ihren Händedruck. Am liebsten hätte sie vor Wut und Ratlosigkeit geschrien.
    »Ich bin Popelka«, sagte die Schwangere.
    Alexandra seufzte. »Ich bin Alexandra. Keine Sorge – es wird alles gut.« Die uralte Lüge schmeckte so schal in ihrem Mund wie ihr Zorn auf die Umstände, die ihr dieses Hindernis in den Weg legten.
    Einer der Männer aus dem Dorf trat an den Pfarrer heran. »Hochwürden, bitte … wir müssen gehen.«
    »Können wir sie denn nicht auf dem Karren ziehen?«, flehte der Pfarrer. »Wir würden alle zusammen helfen … nicht wahr, wir würden doch alle …?«
    Die Männer des Dorfes nickten nach kurzem Zögern.
    »Wo wollen Sie denn überhaupt hin?«, fragte Alexandra.
    »Zu den Höhlen!« Pfarrer Biliánová zeigte auf einen Höhenrücken, der in einiger Entfernung vom Dorf den Horizont blockierte. Er war von Wald bestanden und wie ein großer, lang gezogener Schatten; an seinem Kamm ragten graue Felsen wie Zähne aus dem Wald hervor. »Dort oben gibt es viele Gänge im Karst! Wer nicht aus der Gegend ist, kennt sie nicht. Früher haben dort einmal Geldfälscher gehaust, aber jetzt ist alles leer. Die Soldaten werden uns niemals finden!«
    »Sie bringen sie nie im Leben dort hinauf«, sagte Alexandra.
    Der Pfarrer ließ die Schultern sinken. »Aber was soll ich denn tun?«, stöhnte er. Seine Augen wurden feucht.
    »Hier bleiben und mir bei der Geburt helfen«, sagte Alexandra forscher, als sie sich fühlte.
    »Aber … aber … ich muss doch die Gemeinde zu den Höhlen führen.«
    »Ihre Schützlinge werden die Höhlen gewiss allein finden, in drei Teufels Namen«, sagte Alexandra heftig. Als sie auf blickte, wuchs ihre Bestürzung noch mehr. Die Dörfler starrten sie an wie jemanden, der gerade befohlen hatte, ihnen alle Habe wegzunehmen und sie nackt in die Felder hinauszutreiben. Einige Frauen begannen zu weinen, eine Alte machte verstohlen das Zeichen gegen den bösen Blick in Alexandras Richtung.
    Der Pfarrer beugte sich zur ihr herunter. »Hören Sie«, wisperte er und wirkte zum ersten Mal halbwegs wie ein Mann, »Sie verstehen das nicht. Hier gibt es weit und breit niemanden, der die Führung übernehmen könnte, nur mich. Dieses Dorf hat keinen Bürgermeister, keinen Bauernführer, gar nichts – noch nicht einmal so etwas wie den größten Bauern vor Ort. Das sind bloß arme Schlucker, die all die Jahre über nur von der Residenz der Herren von Lobkowicz gelebt haben. Neben mir war der Schlossverwalter die höchste Autorität, und der Schlossverwalter ist schon vor Jahren geflohen und hat die Diener und alles, was sich tragen ließ, aus dem Schloss mitgenommen. Dass zum letzten Mal jemand von der Herrschaft hier gewesen ist, war noch vor meiner Zeit. Die Leute vertrauen auf mich wie die Schafe auf ihren Hirten.«
    »Dann wird es Zeit, dass die Schafe auf blicken«, zischte Alexandra. »Wir beide wissen doch, dass es hier um Ihr Kind geht! Wollen Sie es und die Mutter im Stich lassen?«
    Das Gesicht des Pfarrers verzog sich in schrecklicher Agonie. Er richtete sich auf und schaute zu seiner Gemeinde hinüber.Was immer diese in seinem Blick sahen, es veranlasste ein paar, auf die Knie zu sinken und in Gebete auszubrechen.
    »Hochwürden, Sie müssen mit uns gehen«, flüsterte der Bauer, der vorher schon zum Auf bruch gedrängt hatte.
    »Was ist mit Ihnen?«, rief Alexandra. »Sie sind doch bestimmt hier aufgewachsen. Los, übernehmen Sie die Führung! Bringen Sie Ihre Nachbarn in Sicherheit.« Sie war aufgesprungen. Der Bauer wich vor ihr zurück. »Ich brauche den Hochwürden hier. Er muss mir

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