Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
Vom Netzwerk:
Waffenstillstand zwar sofort wieder gebrochen, als die Schweden sich zurückzogen, und sein Bündnis mit dem Kaiser erneuert, aber ihr seht, dass die Herren mittlerweile so weit sind, dass alle Loyalität und alle Konfession ihnen nichts mehr bedeuten.«
    »Aber das ist doch gut, ehrwürdiger Vater, oder nicht? Wenn sie mit ihren Kräften am Ende sind …«
    »Das habe ich nicht gesagt. Es steht eher zu befürchten, dass zuletzt alle gegeneinander kämpfen und dass alles, was jetzt noch verschont geblieben ist, in Flammen aufgeht. Sogar Kaiser Ferdinand, von allen Seiten bedrängt, hat noch versucht zu taktieren und sich zu winden und hat die Verhandlungen mit sinnlosen Forderungen verzögert …«
    »Herr, gib ihm Erleuchtung!«
    »Wie ich gesagt habe – der Frieden ist zum Greifen nahe. Aber ihr seht, dass es gar nichts bedeutet, wenn die Herren miteinander verhandeln; das Sterben geht weiter. Kaiser Ferdinand will das Reich unbedingt erhalten und die Stellung seiner Dynastie sichern. Fast alles ist jetzt so weit, dass die Friedensverträge unterzeichnet werden können. Doch wenn etwas geschieht, das den Kaiser und seine Verbündeten fürchten lässt, dass man ihre Schwäche ausnutzenwill, dass man vielleicht im letzten Moment noch versucht, dem Reich Ländereien abzujagen oder dass einer der Feldherren sich entschließt, noch Beute zu machen, bevor der Krieg vorüber ist und er seinen Schnitt noch nicht gemacht hat – dann flammen die Kämpfe erneut auf; und das wird dann der letzte Krieg sein, den die Menschen hier in Europa gegeneinander führen, weil danach niemand mehr übrig sein wird, der die Hand gegen seinen Nachbarn erheben kann.«
    Sie starrten ihn erneut an. Wenzel stand auf und schob die halbgegessene Suppe beiseite.
    »So sieht es aus«, sagte er abschließend. Er hob beide Hände und drehte sie mit den Handflächen nach oben. »Hier – Erlösung und Frieden. Hier – totale Vernichtung. Beten wir zum Herrn, dass nichts Unvorhergesehenes geschieht.«

    Auf dem Weg nach draußen nahm Wenzel den Torhüter und den Kellermeister beiseite. »Wie lange habt ihr schon vor meiner Ankunft gewusst, dass ich zurückkomme?«
    Der Torhüter lächelte verlegen. »Einen ganzen Tag, ehrwürdiger Vater.«
    »Soso«, sagte Wenzel.
    »Es wären eineinhalb Tage gewesen, ehrwürdiger Vater, wenn du nicht die halbe Nacht durchmarschiert wärst«, sagte der Torhüter, bevor ihn ein Rippenstoß des Kellermeisters zum Schweigen bringen konnte.
    »Soso«, sagte Wenzel erneut. »Dann wisst ihr ja, was ihr zu tun habt.«
    »Was, ehrwürdiger Vater?«
    »Dass die Vorwarnung demnächst zwei Tage beträgt.«
    Sie sahen Wenzel mit einem Schafslächeln an, das eine ganze Portion Stolz enthielt. Wenzel grinste zurück. Unwillkürlich dachte er an den alten Kardinal Melchior Khlesl, seinen Mentor. Der Kardinal war vor fast zwanzig Jahrengestorben. Wenzel war sicher, er hätte an diesen Halunken seine Freude gehabt.
    »Übrigens«, sagte der Torhüter, »nähert sich noch jemand unserem Kloster. Ein einzelner Reiter. Er ist dir gefolgt, seit wir von ihm gehört haben.«
    »Seinem Tempo nach müsste er in den nächsten Minuten hier eintreffen, wenn er nicht noch vorher angehalten hat, was wir aber nicht glauben, weil er es eilig zu haben scheint«, setzte der Kellermeister hinzu.
    »Soso«, sagte Wenzel zum dritten Mal, ehrlich beeindruckt. »Freund oder Feind?«
    »Das ließ sich leider nicht feststellen, ehrwürdiger Vater.«
    »Und was wäre gewesen, wenn er mich eingeholt und über den Haufen geritten hätte?«
    »Dann hätten wir mit eineinhalb Tagen Vorsprung darüber Bescheid gewusst, ehrwürdiger Vater.«
    Ein Mönch kam mit schlappenden Sandalen in das Refektorium gerannt. »Ein Ankömmling, ehrwürdiger Vater!«, meldete er schnaufend.
    Die beiden beamteten Brüder sahen sich an und strahlten vor Stolz.
    »Wer?«, fragte Wenzel.
    »Keine Ahnung«, sagte der Mönch. »Es ist ein Pferd ohne Reiter.«
    »WAAS?«, bellte der Torhüter.
    Wenzel zupfte seine Kutte zurecht. »Gehen wir nachsehen«, sagte er.

    Wenzel trat beiseite, als die Brüder die Flügel des Eingangsportals aufdrückten und ins Freie hinausliefen, in Richtung auf die Klosterpforte. Sie merkten nicht, dass er zurückblieb. Als sich nach ein paar Augenblicken der eine Flügel des Portals langsam wieder nach vorn bewegte, hob er einen Fuß, an dem sich immer noch der Stiefel befand, mit dem zumarschieren es leichter fiel als mit den Sandalen, und trat mit voller

Weitere Kostenlose Bücher