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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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abgeblieben sei und dass sie seinetwegen auf ewig in irgendeinem Versteck vermodern könne.«
    Melchior nickte wieder.
    »Nun, in Wahrheit war es für ihn natürlich nicht genug. Nachdem wir uns mit Reichskanzler Lobkowicz geeinigt hatten, haben wir mehrfach dort gesucht – wann immer sich die Möglichkeit ergab, unauffällig nach Brünn zu reisen. Anfangs haben nur dein und mein Vater dort jeden Stein umgedreht; später habe ich ihnen geholfen.«
    »Habt ihr sie gefunden?«
    Wenzel zuckte mit den Schultern. »An dem Ort, an dem wir von Anfang an hätten suchen sollen.«
    Die mehrjährige Suche stieg mit Bildern vor Wenzels innerem Auge auf: die Expeditionen in den verlassenen, halb zerstörten Flügel Pernsteins, in dem die ebenso unheimlichen wie ans Herz gehenden Zeugnisse eines Geistes gehortet wurden, der den Teufel im Gesicht und im Herzen gehabt hatte; die Grabungen unterhalb der Brandruine der Hütte, in der Cyprian gefangen gehalten gewesen war; schließlich die unsägliche Kammer im Untergeschoss des Bergfrieds, wo noch immer die Apparatur stand, mit der Heinrich von Wallenstein-Dobrowitz solche Grausamkeiten begangen hatte und auf der ihn letztlich sein eigenes qualvolles Schicksal ereilt hatte. Die Oberfläche des Mechanismus war noch immer dunkel gewesen, wo das Blut Heinrichs und seiner Opfer sie verfärbt hatte. Wenzel erinnerte sich an den Geistesblitz, den er damals gehabt hatte. Immer wieder hatten Automaten eine Rolle gespielt in dieser Zeit; von den harmlos-bizarren Spielzeugen in Kaiser Rudolfs Wunderkammer bis zu dem ausgeklügelten Mordwerkzeug, zu dem Heinrich den ehemaligen Zugmechanismus der Brücke über den Pernsteiner Burggraben umgebaut hatte. Er erinnerte sich an das hohle Gefühl in seinem Bauch, als er die dunklen Muster auf der Maschinebetrachtet und dann nach oben gesehen hatte, wo die verrosteten Ketten leise schwangen, an denen aufgespannt sie Heinrich von Wallenstein-Dobrowitz seinerzeit gefunden hatten … ein Anblick, als wäre er direkt Heinrichs krankem Gehirn entsprungen, dabei war er zuletzt selbst das Opfer gewesen. Als Wenzel begonnen hatte, mit der Axt auf den Mechanismus einzudreschen, waren sein Vater Andrej und Cyprian Khlesl hereingestürzt. Cyprian hatte Wenzel angestarrt, »Ich will verdammt sein!« gemurmelt, und dann hatten sie gemeinsam die Maschine zerlegt.
    »Dort war die Kopie versteckt?«, fragte Melchior ungläubig.
    Wenzel nickte. »Ich weiß nicht, was Heinrich von Wallenstein-Dobrowitz damit bezweckte. Vielleicht war es eine Art Rückzugsmöglichkeit, etwas, das er benutzen wollte, um sich damit den Wiedereintritt in ein normales Leben zu erkaufen; vielleicht hoffte ein Teil von ihm bis zuletzt, dass er sich von dem schwarzen Zauber befreien könnte, in dem er sich selbst gefangen hatte. Wer weiß? Jedenfalls – da war die Kopie, und wir wussten, was wir zu tun hatten.«
    »Was Papa und der alte Kardinal schon einmal getan hatten!«
    »Richtig. Wir tauschten das Original in der Wunderkammer erneut gegen die Kopie aus. Dein Vater hatte die drei Seiten, auf denen der Schlüssel zu dem gesamten Werk zu finden sein soll, natürlich nicht wieder dem Original hinzugefügt, aber niemand von uns hat das Buch jemals studiert. Nicht einmal Kardinal Melchior hat es je gewagt. Keiner wusste, ob das Original ohne die drei Seiten wirklich unschädlich war. Wir wussten nur, dass die Kopie harmlos sein musste. Also brachten wir das Original nach Raigern und ließen die Kopie in der Wunderkammer, damit niemand das Fehlen der Teufelsbibel bemerkte.«
    Melchior schwieg eine lange Weile. Als Wenzel geradewieder sein Pferd antreiben wollte, sagte er: »Und wann immer ich im Scherz fragte, ob ›sie sicher‹ sei, hast du dir gedacht: Der arme Narr, er weiß von gar nichts.«
    »Ich habe befürchtet, dass du es so aufnehmen würdest.«
    Melchiors Wangen hatten sich gerötet. »Eine einfache Prophezeiung, lieber Freund und Vetter!«
    Wenzel holte tief Luft und ließ sie wieder entweichen. »Hab ich dir jemals erzählt, wie ich erfahren habe, dass ich in Wahrheit nicht der Sohn von Andrej von Langenfels und Yolanta Melnika bin, sondern ein Bastard, über dessen Herkunft niemand etwas Genaues sagen kann, außer dass er zum Sterben in das Findelhaus der Prager Karmelitinnen abgeschoben worden war?«
    Melchior wollte etwas erwidern, aber Wenzel hob die Hand. »Mein Vater hat es mir gestanden, als es damals so aussah, dass Sebastian Wilfing damit Erfolg haben könnte, die Familie

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