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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Königsmarck alles erzählen, was er weiß, wenn man nur Karina und Lýdie vor ihn hinstellt und ihnen ein Messer an die Kehle hält. Sie sind seine Familie, und er liebt sie über alles.«
    »Verflucht! Verflucht, verflucht, verflucht!«
    »Wir können nichts dagegen tun«, sagte Wenzel. »Wir können nur hoffen, dass die Prager sich gegen Königsmarck behaupten werden. Dein Vater und meiner dürften längst von ihrer Reise zurückgekehrt sein. Sie werden dem Reichskanzler und General Colloredo schon die Hölle heißmachen, damit sie die Stadt ordentlich verteidigen. Komm – wir haben Wichtigeres zu tun. Und wir müssen uns beeilen. Am Ende treffen meine Brüder mit dem Wagen aus Eger noch eher ein als wir, trotz der Verletzungen.«
    Er stieg vom Podest des Galgens hinunter und holte sein Pferd. Erst als er ihm die Eisklumpen aus dem Fell geklaubt und den Sattelgurt fester gezogen hatte, fiel ihm auf, dass Melchior nicht nachgekommen war. Er stand auf dem Podest des Galgens und starrte mit verzerrtem Gesicht nach Nordosten. In Wenzel stieg eine Ahnung auf, die ihn noch mehr frösteln ließ.
    »Melchior?«
    »Ich komme nicht mit«, sagte Melchior, ohne Wenzel anzusehen. »Ich … es stimmt, was du gesagt hast – das über das Erbe, das man noch früh genug antritt. Es ist zu frühfür mich. Die Teufelsbibel ist nicht meine Sache. Sie ist die Sache meiner Eltern und deines Vaters, und irgendwie ist sie die deine und wahrscheinlich auch Alexandras. Aber ich … und Andreas … unser Erbe ist unsere Heimat, die Stadt, in der wir leben, die Firma, die Menschen, die von ihr abhängig sind! Kümmere du dich darum, dass die Teufelsbibel nicht in die falschen Hände fällt, mein Freund. Ich gehe meinen Bruder und seine Familie retten und tue alles dafür, dass Prag nicht in die Hände des Teufels fällt.«
    »Wenn Pater Silvicola die Teufelsbibel bekommt, bricht über kurz oder lang das Ende der Welt über uns alle herein, nicht nur über Prag.«
    »Immer eines nach dem anderen.« Melchior wandte sich Wenzel zu. Sein Lächeln war eine Grimasse, und in seinen Augen standen Tränen. »Sieh zu, dass die Welt gerettet wird, und ich sehe zu, dass noch etwas von der Stadt übrig bleibt, in der wir deinen Sieg feiern wollen.« Die Tränen liefen jetzt seine Wangen hinab. »Und pass auf meine Mutter auf«, flüsterte er.
    »Leb wohl, Melchior«, sagte Wenzel, der wusste, wann es vergebliche Mühe war, einen Menschen umzustimmen.
    »Ich bevorzuge: auf Wiedersehen!«, erwiderte Melchior.
    Sie nickten einander zu. Wenzel kletterte auf sein Pferd und trieb es an. Bevor er den Hügel hinabritt und der Straße nach Südosten folgte, drehte er sich noch einmal um. Melchior war eine düstere Silhouette vor dem grauen Himmel, die nach Nordosten spähte. Der verfallene Galgen reckte seine Pfosten um ihn herum in die Höhe. Wenzel katte kaum jemals ein übleres Vorzeichen gesehen. Plötzlich wusste er, dass es den Tod vorwegnahm. Entweder der jüngste Sohn der Familie Khlesl oder der Propst von Raigern – einer von ihnen würde am Ende sterben.

4. Buch
Podlaschitz
    Februar 1648
    Die Stunde des Todes ist die Stunde der Wahrheit.
Kristina I. Wasa, Königin von Schweden

1.
    Wenzel ließ sich aus dem Sattel gleiten, noch während das Pferd die letzten Schritte tat, und rannte durch das Außentor des Klosters. Er war überrascht, dass seine Mönche ihm nicht entgegenliefen. Ihr Nachrichtensystem arbeitete sicher so gut wie immer. Sie mussten seit mindestens vierundzwanzig Stunden wissen, dass er kam. Er sprintete durch den Klostervorhof zum zweiten Tor, jeder Schritt ein schmerzhafter Stoß durch all seine Knochen und Muskeln – und in seiner Seele. So wie Melchior sich von der Teufelsbibel abgewendet hatte, um der Angelegenheit seines Herzens zu folgen, so hätte auch Wenzel am liebsten den teuflischen Codex vergessen, um nach Alexandra zu suchen. Doch er hatte dem alten Kardinal und seiner ganzen Familie ein Versprechen gegeben, und er würde es halten!
    Die Bibliothek – genau! Dort war sein Ziel. Er riss die Eingangspforte der Basilika am Fuß des Kirchturms auf und stürmte durch seinen Sockel. Noch immer war keiner der Mönche zu sehen. Wer einmal im Kloster gelebt hatte, verlor das Zeitgefühl für die Gebetsstunden nie mehr, und so wusste Wenzel, dass es noch nicht Zeit war für eines der Stundengebete. Wo waren alle? Er versuchte, die aufsteigende Besorgnis zu unterdrücken und gleichzeitig seinem Körper zu befehlen, nicht

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