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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Teufelsbibel aus ihrem jahrhundertealten Schlaf geweckt hatte, jenem Tag, an dem ihre Mutter unter den Axthieben eines Wahnsinnigen gefallen und im Sterben ein Kind zur Welt gebracht hatte.

36.
    »Ich-muss-sagen«, rief Melchior im abgehackten Rhythmus, den ihr scharfer Galopp ihnen aufzwang, »dass-ich-nicht-gedacht-hätte-dass-ein-Kuttenträger-mir-eines-Tages-zeigt-wie-man-wirklich-reitet!«
    »Ich-hatte-ein-gutes-Vorbild!«, rief Wenzel zurück.
    »Wen?«
    Wenzel zog am Zügel, und sein Pferd begann langsamer zu rennen und fiel schließlich in Trab. Diese unregelmäßige Gangart hasste er am meisten – kaum glaubte man, dass man den Rhythmus der Bewegung durchschaut und sich ihm angepasst hatte, kam eine Unterbrechung des Taktes – vorzugsweise dann, wenn gerade die empfindlichste Stelle des wund gerittenen Sitzfleisches auf den Sattel niedersank und vonunten einen Stoß bekam wie einen gewaltigen Fußtritt. Dass Melchior den Eindruck hatte, Wenzel sei ihm im Umgang mit einem Pferd voraus, hatte nichts mit dessen tatsächlicher Geschicklichkeit zu tun. Nach den Nachrichten, die Melchior ihm unterbreitet hatte, hätte er sich auf dem Rücken eines Drachen gehalten bei einem Flug quer durch die Hölle. Dennoch war er froh, dass es jetzt etwas langsamer vorwärtsging. Er fühlte, wie ihm unter der schwarzen Kutte der Schweiß in kleinen Rinnsalen über den Körper rann. Der scharfe Januarwind biss in sein erhitztes Gesicht. Er zerrte sich die Kapuze über den Kopf, die beim Reiten heruntergerutscht war, und wurde sich dann Melchiors Grinsen bewusst.
    »Was?«, fragte er.
    Melchior machte eine Geste, die das Gesamtkunstwerk Wenzel – Pferd umfasste. »Wenn du jetzt noch eine Sense in der Hand hättest, würdest du aussehen wie der Sensenmann auf seinem schwarzen Ross; allerdings ein Sensenmann, der ins Schwitzen geraten ist.«
    Wenzel schielte an seinem Pferd herunter. »Du wolltest den Rappen nicht«, sagte er.
    »Ich hatte das Gefühl, er passt farblich besser zu dir.«
    »Ich habe schon, seit du deinen ersten Hut gekauft hast, gewusst, dass du ein Ästhet bist.«
    »Mir war nicht klar, dass es irgendwo in den benediktinischen Regeln heißt: Lüge so schamlos wie du nur kannst, um an ein Pferd zu kommen.«
    »Es waren keine Lügen. Jeder meiner Schuldscheine wird in Raigern eingelöst werden, sobald sein Besitzer dort vorstellig wird.«
    »Ich meine eher die Lügen, die du erzählt hast, damit die Leute deine Schuldscheine annehmen.«
    »Ach, die«, sagte Wenzel und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Na ja … ich werde bei der Beichte angeben, dass deine Gegenwart mich dazu angestiftet hat.«
    »Gern zu Diensten«, erklärte Melchior und tippte an seine Hutkrempe. Dann fragte er: »Wer war dein Vorbild in Bezug auf das Reiten?«
    »Deine Mutter«, sagte Wenzel. »Als wir damals nach Pernstein jagten, um deine Schwester zu retten. Ich dachte mir, wenn ich jemals auch nur die Hälfte der Energie auf bringe wie diese Frau, die doppelt so alt ist wie ich, werde ich mich als von Gott gesegnet bezeichnen.«
    Melchiors Gesicht wurde ernst. »Geht es ihr gut? Was glaubst du? Und Andreas und seiner Familie?«
    »Warum sollte der Jesuit ihnen etwas antun, bevor er am Ziel seiner Wünsche ist? Sie sind der Trumpf in seiner Hand.«
    »Und welchen Trumpf haben wir in der Hand?«
    »Dass Pater Silvicola nicht weiß, wo das Original der Teufelsbibel wirklich ist.« Wenzel schnalzte mit dem Zügel. »Vorwärts, wir haben genug getrödelt.«
    Sein Pferd begann wieder zu galoppieren. Er sah sich nicht um, aber er wusste, dass Melchior am Straßenrand angehalten hatte, weil er unbewusst sein Pferd gezügelt hatte. Er wusste auch, dass Melchior ihm mit offenem Mund hinterherstarrte. Dann hörte er das Hufgetrappel, als sein Freund zu ihm aufschloss. Melchior hatte sich schneller von seiner Überraschung erholt, als Wenzel gedacht hatte.
    Wenzel trieb sein Pferd noch schneller an. Melchior hielt mit ihm Schritt. Sie jagten eine Weile nebeneinander über die Straße, Melchior stumm starrend, Wenzel verbissen geradeaus schauend, bis er schließlich aufgab und erneut am Zügel zog. Seufzend erwiderte er Melchiors Blick.
    »Du weißt es ja nur aus den Berichten, aber du erinnerst dich sicher, dass wir damals aus Pernstein nur das Original der Teufelsbibel und die drei Seiten gerettet haben, die Filippo Caffarelli herausgerissen hatte.«
    Melchior nickte.
    »Dein Vater sagte damals, er sei froh, dass niemand wisse, wo die Kopie

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