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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Gewänder gekleidet, die nicht unpassender hätten sein können – kurze, brokatverzierte Hängemäntel, teure Kleider, mit Perlen bestickt, weite Spitzenkrägen, aufgepuffte Ärmel mit kurzen Manschetten und langen Stoffhandschuhen, die Mieder eng und die weiten, bauschigen Röcke hoch über der Hüfte und über eine Stoffrolle gebunden, wie es die Mode der Adligen in Frankreich befahl. Die Haare waren in Locken gelegt oder hochgesteckt und mit Schleifen und Bändchen verziert; eine der Frauen trug ein Hütchen, das wie die Miniaturausgabe eines Offiziershuts mit einseitig aufgehefteter Krempe und Pfauenfedernaussah. Zwei der Frauen begannen, mit Federfächern vor ihren Nasen herumzuwedeln, während sie Karina und Lýdie in Augenschein nahmen. Die dritte Frau, die mit dem Hütchen, lächelte. Es war ein Lächeln, das Andreas die gleiche Gänsehaut verursachte wie die Drohungen des Korporals heute Nachmittag in der Scheune.
    »Ich bin Maria Agathe Gräfin von Leesten«, sagte die Frau mit dem Hütchen. Der Wachtmeister verbeugte sich ein weiteres Mal. Andreas fühlte einen Stoß und verbeugte sich ebenfalls. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Karina und Lýdie in einem Knicks zusammensanken, beide mit verwirrten Gesichtern. »Mein Mann ist Christopher Graf Königsmarck, der General. Die beiden Gefangenen kommen mit mir.«
    Karina und Lýdie warfen Andreas entsetzte Blicke zu. Die ganze Zeit über hatte er vermeiden können, dass sie getrennt würden. Aber er sah keine Möglichkeit, Widerspruch einzulegen.
    »Euer Gnaden sind zu gütig«, stotterte er. »Meine Frau und meine Tochter leiden sehr unter den Strapazen.«
    »Ja«, sagte die Gräfin knapp und hielt sich einen Finger geziert unter die Nase, während sie näher trat und Karina und Lýdie genauer betrachtete. Wieder flackerte das Lächeln über ihr Gesicht, und wieder fühlte Andreas eine Gänsehaut. »Ihr Name ist?«
    »Karina Khlesl, Euer Gnaden. Dies ist meine Tochter Lýdie.«
    Lýdie knickste erneut. Andreas fühlte eine unerklärliche Wut darüber aufsteigen, dass seine Frau und seine Tochter so demütig auftreten mussten.
    »Komm Sie mit, Frau Khlesl, und Sie auch, Fräulein. Nur eine ganz gewisse Sorte Frauenzimmer lebt unter den Soldaten, und Sie und Ihre Tochter wollen nicht zu denen gehören, die dem Herrn trotz seiner großen Güte ein Abschaum sind.«
    Andreas sah den beiden hinterher, wie sie hinter der Gräfin und ihren Begleiterinnen – vermutlich die Frauen von Königsmarcks höchsten Offizieren – hertrotteten. Die drei Frauen drehten sich nicht einmal zu ihnen um. Andreas biss die Zähne zusammen und unterdrückte seine Wut. Es war immer noch besser, von einer herablassenden Gräfin die Nacht über beherbergt zu werden, als zwischen den Kühen auf dem Boden zu schlafen.
    »So?«, sagte der Wachtmeister, und Andreas erkannte zu seinem Schrecken, dass er laut gedacht hatte. Der Wachtmeister aber kniff nur ein Auge zusammen und musterte ihn. »Du hast ja keine Ahnung, du Voppart. Du hast keine Ahnung.«

    Nach dem Ende des Melkens verschwanden die meisten Soldaten wieder im Lager; ein halbes Dutzend blieb übrig, um das Vieh zu bewachen. Niemand befahl Andreas, irgendwo anders hinzugehen, und so blieb er bei den Wachen. Immer vier von ihnen saßen um ein kleines Feuer herum, während zwei in gegenläufiger Runde den Pferch umkreisten. Es schien, dass die Soldaten ebenso wie Andreas fanden, sie hätten für diese Nacht Glück gehabt. Es dauerte eine Weile, bis Andreas sich genügend Herz fasste, den Männern die Frage zu stellen, die ihm nach der Bemerkung des Wachtmeisters auf der Zunge brannte; wie sich herausstellte, hatten sie ihn jedoch akzeptiert und fühlten sich keineswegs ausspioniert.
    »Die Gräfin?«, sagte einer. »Das is’ ’ne loe Sontzengeherin, das sag ich dir. Aus der hätte ’ne Gugelfränzin werden sollen, bloß dann wär’n all die anderen Gugelfränzinnen aus der Krax davongelaufen.«
    Andreas sah ihn hilflos an. »Was?«, brachte er hervor.
    Der Soldat verdrehte die Augen. Ein anderer lachte. »Der Kümmerer!«, sagte er grinsend. »Versteht rein gar nix!«
    »Die Gräfin«, sagte der erste Soldat, »ist une noblemalfaisant . Sie wär besser une nonne geworden, seulement dann wär’n les autres nonnes aus der monastère abgehauen. Compris ?«
    »Böse? Wieso ist sie böse?«, fragte Andreas und renkte sich unwillkürlich den Hals aus. Wo das Offizierszelt war, hing ein heller Schein über dem Lager. Er konnte sich nur

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