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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Reiter folgte ihm, und hinter diesem kamen weitere vier, fünf Männer auf Pferden heran. General Königsmarck kniff die Augen zusammen. Die Offiziere griffen nach ihren Rapieren oder nach den Pistolen, die sie im Gürtel stecken hatten. »Euer Gnaden!«
    Der Soldat keuchte und versuchte, eine Meldung zu machen. Sein Atem pfiff. Die Reiter hatten ihre Pferde in ein paar Dutzend Schritten Abstand gezügelt und die Arme seitlich ausgestreckt, um zu zeigen, dass sie keine feindliche Absicht hegten. Die Pferde schäumten, die Gesichter der Reiter warenhochrot. Andreas meinte, ihren Atem bis hierher pfeifen zu hören. Sie mussten gehetzt sein wie die Wahnsinnigen.
    »Euer Gnaden …«, keuchte der Soldat. »Das ist … haaaahhh! … das ist … das sind …«
    »General, lassen Sie mich reden!«, schrie der Anführer der Reiter und hob die Hände über den Kopf, als sich etliche Dutzend Musketen auf ihn richteten. »Zum Henker! Gut Freund! Gut Freund!«
    »Wer ist die Canaille?«, murmelte Königsmarck.
    Andreas stierte den Reiter an. Als er zu sprechen begonnen hatte, hatte er ihn erkannt.
    »Ich bin Oberstleutnant Anošt Ottovalský!«, schrie der Mann. »Ich habe zur Besatzung von General Colloredo gehört. Ich laufe über, Euer Gnaden, ich und meine Männer! Gut Freund!«
    »Dreckiger Verräter!«, stieß Andreas unwillkürlich hervor und vergaß, dass er vor wenigen Augenblicken keine andere Wahl gesehen hatte, als selbst zum Verräter zu werden.
    Der General warf ihm einen Seitenblick zu. Er grinste. »Kein Ehrenmann, n’est-ce pas ?«
    »Zum Teufel, nein!«
    » Un homme adroit. Er wird den Krieg überleben.«
    »Herr General! Sie dürfen keine Sekunde verlieren! Wir sind geritten wie die Wilden, um ihnen zuvorzukommen. Die Prager machen einen Ausfall! Sammeln Sie Ihre Männer und …«
    Was immer er noch schrie, ging im plötzlichen Gebrüll, Gewieher und einem Höllenfeuer an Musketenschüssen unter, das vom Lager her schallte. Die Offiziere Königsmarcks sahen sich bestürzt an. Ottovalský riss das Pferd herum und sprengte auf die Zelte zu. Die Soldaten, die der Hinrichtung beigewohnt hatten, begannen zu rufen und wild durcheinanderzulaufen. Jegliche Disziplin war innerhalb weniger Herzschläge beim Teufel. Der Lärm im Lager wurde immer lauter,Pfiffe gellten, das Gebrüll von Tieren … der Boden begann zu zittern …
    General Königsmarck zog mit beinahe träumerischem Gesichtsausdruck eine Pistole aus dem Gürtel, spannte sie und richtete sie auf Andreas. Andreas starrte ihre Mündung an, aber er sah sie gar nicht.
    Karina! Lýdie! Was immer im Lager vor sich ging, die beiden waren mittendrin.
    Andreas warf sich herum. Der Schuss aus Königsmarcks Pistole dröhnte im selben Augenblick. Andreas hörte die Kugel an seinem Kopf vorbeifliegen. Er hielt sich nicht damit auf und fühlte nicht einmal Entsetzen, dass ein paar Zoll Abstand sein Leben gerettet hatten, so wie den Gehängten ein paar Zoll Abstand das Leben gekostet hatten. Er rannte den Verrätern aus Prag hinterher, auf das Lager zu. In seinen Gedanken war für nichts Platz außer Karina und Lýdie.
    Den Abhang vom Lager herunter donnerten zwei Dutzend Reiter in Rüstungen. Ihr Anführer war ein Riese in schwarzer Soutane, der die Zügel eines gewaltigen Schlachtrosses mit den Zähnen hielt und in jeder Hand eine Pistole hatte. Er feuerte beide ab, warf sie weg und zog zwei neue aus den Sattelholstern, und Andreas hörte den alten böhmischen Schlachtruf: »Praga! Praga! Smrt Němcum!«

15.
    »Jemand kommt«, flüsterte Alfred Alfredsson und hob die Pistole, die er schon vorher gespannt hatte. »Wenn es nicht Karlsson ist, ist er eine Leiche.« Alfred saß inmitten einer kleinen Kompanie rudimentärer Schneemänner, die er geformt hatte, während sie auf ihren Kundschafter warteten.
    Samuel spitzte die Lippen und ahmte den Pfiff des Hakengimpels nach.
    »Scheiße«, ertönte die Stimme von Magnus Karlsson. »Du weißt doch, dass ich nicht pfeifen kann, Rittmeister.«
    »Hier sind wir«, sagte Samuel ruhig.
    Magnus schnürte durch die Dunkelheit herüber und ließ sich neben ihnen in den Schnee fallen. Er trug die Stiefel in der Hand, wickelte die nassen Stoffstreifen, die er um die bloßen Füße trug, ab, steckte sie in die Tasche, nahm wortlos von Alfred Alfredsson seine trockenen Socken wieder entgegen, murmelte etwas davon, dass Kundschaftengehen im Winter eine Zumutung sei, und schlüpfte schließlich in die Stiefel. Dann war er bereit für die

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