Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
Vereinigung zweier Menschen im Liebesakt? Aber dann krochen ihre Gedanken weiter, krochen zu Kristina, und die alte, brennende Liebe erfüllte ihr Herz, und beinahe fühlte sie, wie der muskulöse Körper sich an den ihren drückte, fühlte die Küsse auf ihrem Hals, ihren Brüsten, krallte ihre Finger in Kristinas Haar, spürte ihre Lippen weiter nach unten wandern, dorthin, wo die Küsse glühende Dolchstöße der Lust durch ihren Leib sandten und ihr Gehirn zu einem Turnierplatz explodierender Gefühle reduzierte …
»Hallo? Euer Gnaden?«
Ebba blinzelte, fassungslos, wie schnell ihre Gefühle sie aus der Wirklichkeit davongetragen hatten. Sie wandte sich Magnus zu und war noch fassungsloser, als sie merkte, dass sie so feucht geworden war wie nur jemals im Bett mit ihrer Geliebten.
»Ja?«
»Böse, Euer Gnaden?«
»Nein«, flüsterte sie zärtlich. »Nein, Kamerad.«
»Gut.«
»Magnus Karlsson?«
»Ja, Euer Gnaden?«
»Erinnere mich daran, dass ich dir einen Kuss gebe, wenn ich das hier überlebe.«
»Gerne, Euer Gnaden.«
»Magnus? Ich weiß nicht, was ich tun soll, wenn sie angreifen.«
Sie hörte das Geräusch, mit dem er sich aus dem Mantel schälte, ihn sich über die Schultern warf und zu ihr herüberkroch. »Weißt du, wie du die Gewehre laden musst, Euer Gnaden?«
»Ja.«
»Sie werden in breiter Linie angreifen, das ist die übliche Taktik. Der Rittmeister wird uns die Feuerbefehle geben. Wir schießen, wenn sie unter fünfzig Mannslängen herangekommen sind; aus Erfahrung dürfte dann die Hälfte unserer Kugeln irgendetwas treffen. Wir zielen auf die Pferde, da ist die Trefferwahrscheinlichkeit noch mal höher, und es genügt, sie zu Fall zu bringen. Ein Reiter, der sich in vollem Galopp mit seinem Gaul überschlägt, steht nachher nicht wieder auf. Wir feuern zwei unserer Waffen ab. Danach feuert die zweite Linie, die hinter uns auf den Schutthaufen. Sie schießen nur einmal, damit sie noch jeder zwei Schuss übrig haben, wenn der Feind die Mauer überwindet. Zwischenzeitlich laden wir wieder eines der abgefeuerten Gewehre nach und geben wieder jeder zwei Schuss ab. Wenn das die Kerle nicht überzeugt, dass hier mindestens ein halbes Heer verschanzt ist, dann weiß ich auch nicht.«
Ebba nickte. Die Lust war wieder verschwunden, nur der kühle Gedanke war geblieben, der sie daran erinnerte, dass sie ihre Pistole nicht abfeuern durfte. Das Zittern überfiel ihren Körper erneut.
»Ist dir kalt, Euer Gnaden?«
»Nein«, sagte sie, weil sie nicht die Kraft hatte zu lügen.
»Mir auch nicht.«
»Magnus?«
»Ja?«
»Uns allen ist klar, dass die Soldaten von Graf Königsmarck eigentlich Verbündete von uns Schweden sind?«
»Wir sind erstens keine Schweden, sondern Samuels Gespenster«, sagte Magnus. »Und zweitens sind sie sicher sauer auf uns, weil wir ihre Pferde auseinandergesprengt haben.«
Ebba nickte. »Ich wollte es nur gesagt haben.«
Sie spürte sein Gesicht dicht an dem ihren und seine Blicke, die auf ihr ruhten. »Ich denke an dein Versprechen«, sagte er schließlich. Dann wandte er sich ab und kroch wiederzurück zu seiner Stellung. Ebba umklammerte den Griff ihrer Pistole und versuchte, die Erinnerung an Kristina heraufzubeschwören, aber es ging nicht. Wo vorhin noch Feuer in ihrem Schoß gewesen war, war nur noch eiskalte Nässe.
Dann musste sie trotz allem eingeschlafen sein, weil sie davon erwachte, dass jemand sie an der Schulter rüttelte. Sie spürte ein dumpfes Vibrieren in ihrem Leib und sah schlaftrunken auf. »Magnus?«
»Ich bin es, Samuel. Ebba – ich möchte, dass du deine Stellung in der Kirche beziehst, bei Cyprian und Andrej. Sie sind die dritte Linie.«
Ebba setzte sich auf. Er zog die Hand zurück, doch sie hielt ihn fest. Langsam klärten ihre Augen sich. Sie fragte sich, ob er und Alexandra die Nacht genutzt hatten, um das Gleichgewicht zwischen Leben und Tod herzustellen, und wusste plötzlich mit absoluter Sicherheit, dass sie es schon einmal getan hatten, obwohl sie sich nicht vorstellen konnte, wann und unter welchen Umständen das gewesen sein könnte. Doch so schnell die Frage in ihrem Hirn auf blitzte, so schnell fand sie selbst die Antwort darauf: Nein. Samuel würde den Rest der Nacht damit zugebracht haben, mit Cyprian, Andrej und Alfred zu planen, wie sie ihre Haut so teuer wie möglich verkaufen konnten.
»Vergiss es«, sagte sie. »Ich habe diesen Platz und diese drei Gewehre von Herzen liebgewonnen.«
»Es ist mein Platz«, sagte
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