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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Geschenk aus Liebe gegeben wird. Werde ich meiner Königin Schrecken und Leid mit nach Hause bringen?«
    »Wenn du sie nicht nach Schweden bringst …«
    »… und wir das hier trotzdem überleben? Dann werde ich ihr Vertrauen enttäuschen, und vielleicht wird unsere Liebe darunter leiden. Auf jeden Fall werde ich leiden, und ich werde mein Versprechen gebrochen haben. Was immer ich tue, auf mich wartet Schmerz.«
    »Das größte Geschenk der Liebe ist zugleich sein teuerster Preis«, sagte Agnes. »Der Preis der Liebe ist man immer selbst.«

22.
    Irgendwann zwischen der dunkelsten Stunde und der Morgendämmerung war Ebba zu den Verteidigungsstellungen an der umgestürzten Mauer gekrochen und hatte sich neben drei säuberlich aufgereihten Musketen zusammengekauert. Zwei davon waren Radschlossgewehre, eines eine altmodische Luntenmuskete. Das Feuerzeug lag ordentlich daneben, zusammen mit einer Ersatzlunte. Die Kugeln für alle drei Gewehre bildeten ordentliche Häufchen – drei verschiedene Kaliber, der Gott des Krieges machte es ihnen nicht unbedingt leicht. Es war dieser ordentliche Anblick, der sie erneut zittern ließ. Beim Ritt durch das Dragonerlager hatte sie bei Weitem keine solche Angst verspürt – sie hatte keine Zeit zum Nachdenken gehabt. Tapferkeit, erkannte sie, war nicht nur der Sieg über die Angst, sondern auch die Abwesenheit von Zeit, sich über sein Schicksal Gedanken machen zu können. Sie tastete nach der Pistole in ihrem Gürtel. Ein neuer Gedanke meldete sich, der in seiner erbarmungslosen Kühle beruhigend war und zugleich ihren Magen hob. Du wirst die Pistole nicht abfeuern , sagte der Gedanke. Ihr habt keine Chance gegen zweihundert Dragoner, das ist dir doch hoffentlich klar. Wenn sie eure Stellungen überrennen, und du lebst noch, und sie stellen fest, dass du eine Frau bist … heb dir die Kugel in der Pistole auf, ja?
    »O Gott«, flüsterte sie. »O Herr im Himmel, rette uns.« Und der kühle Gedanke, der in ihrem Kopf herumschwamm, ließ sie hinzufügen: »Und lass mich nicht versagen in der Schlacht.« Sie unterdrückte ein Schluchzen. Sie war so stolz darauf gewesen, zu den Männern gehört zu haben. Was hatten die letzten Stunden aus ihr gemacht?
    »Pst!«, machte eine Stimme. Sie drehte sich um und erspähte, zwanzig Schritte entfernt, Magnus Karlsson. Der Reiter hatte sich so eng an die Mauerreste gedrückt und in seinenMantel gewickelt, dass sie ihn nicht gesehen hatte. Seine Augen glitzerten von irgendeinem Licht, das ansonsten nicht sichtbar war. Einer der glitzernden Punkte verschwand kurzfristig – er hatte ihr zugezwinkert. »Gebetet wie ein wahrer Soldat«, flüsterte Magnus. »Respekt, Euer Gnaden. Der richtige Wortlaut ist aber: O Herr, lass mich keinen Scheiß bauen, und wenn doch, mach, dass die anderen es nicht merken.«
    Ebba musste trotz ihrer Angst lächeln.
    »Ebba«, sagte sie. »Alle nennen mich Ebba, Magnus Karlsson. Warum nennst du mich hartnäckig Euer Gnaden?«
    Magnus schwieg eine Weile. »Erlaubnis, frei zu sprechen, Euer Gnaden?«, fragte er dann.
    »Oh, bitte …«
    Magnus räusperte sich. »Wenn ich dich Ebba nennen würde, würde ich versuchen, dich zu küssen, Euer Gnaden. Ich habe noch nie einen Kameraden geküsst, und schon gar nicht einen meiner Offiziere, und es wäre mir peinlich, jetzt damit anzufangen.«
    Ebba wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Magnus schien auch gar keine Antwort erwartet zu haben. Sie stellte sich vor, wie sein Gesicht puterrot geworden war bei seinem Geständnis, und sie wusste nicht, was sie mehr bewegte: sein Eingeständnis, dass sie ihm gefiel, oder die Bezeichnung »Kamerad«. Sie hörte, wie er sich wieder in seinen Mantel hüllte, und wandte sich ab. Was hättest du getan, wenn es Samuel gewesen wäre, der dir dies gestanden hätte? , fragte der kühle Gedanke, nur dass es gar nicht mehr der kühle Gedanke war, sondern ein anderer, der ebenfalls keine Angst vor der Schlacht hatte, und stattdessen etwas wollte – eine Berührung, einen Kuss … eine hastige, heftige, brünstige, ganz und gar tierische Paarung. Das plötzliche Verlangen machte sie atemlos. Samuel? Ein Mann …!? Sie hatte gehört, dass in den Nächten vor einer Schlacht die Männer vor den Zelten der Lagerhuren Schlange standen, es sich aber nicht vorstellenkönnen. Und jetzt …? Verlangte das Gleichgewicht, das alles in der Schwebe hielt, dass dem nahen Tod der heftigste Ausdruck des Lebens entgegengestellt wurde, den es gab – die

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