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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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und die Kälte senkte sich noch tiefer in sie, als sie erkannte, was hinter einem Gespann von vier Pferden herholperte: eine Protze – und daran angehängt eine Kanone. Noch während sie das Gespann anstarrte, schwenkte es herum; die Räder der aufgeprotzten Kanone zogen Furchen in den verschneiten Acker, dann blieb das Gespann stehen. Das Rohr der Kanone schien direkt auf sie zu zeigen. Die Kanoniere sprangen von den Pferden, hängten die Kanone ab und entluden Pulver und Kugeln aus der Protze. Die Reiter galoppierten bis zum Fuß des Hügels und zügelten dann ihre Pferde. Das Dröhnen verklang. Ebba sah die Pferdeleiber dampfen und die Tiere nervös mit den Hufen scharren. Es schien, als zöge sich die Reihe der Soldaten von einem Ende ihres Blickfelds zum anderen.
    »Jeder weiß, was er zu tun hat«, hörte sie die Stimme Samuels. »Lasst sie rankommen, Freunde.«
    Sie konnte nicht anders, als zu den Dragonern hinauszustarren. Sie war sicher, dass sie keines der Gewehre würde anheben können, so schwach fühlte sie sich.
    Es war ein Anblick, von dem sie nie geglaubt hatte, dass sie ihn eines Tages sehen würde – den Anblick des Feindes, wie er sich bereit machte, über sie hinwegzustürmen. Die Helme der Dragoner blinkten matt, ihre Lederkoller wirkten von ferne wie Rüstungen. Sie sah Bewegung in der langen Reihe; die Reiter bezogen Position, und sie nahmen sich die Zeit, es so exakt zu tun wie beim Drill. Sie schienen absolut sicher zu sein, wem der Tag am Ende gehören würde. Noch während Ebba hinausblickte, quoll plötzlich Pulverdampf aus der Kanone und ein Feuerstrahl, und das Dröhnen des Schusses rollte über sie hinweg. Weit vor der Mauer stob eine Schneefontäne in die Höhe und in rascher Folge zwei, drei weitere in gerader Linie, bis der Schwung der Kugel aufgebraucht war und sie im Boden stecken blieb, noch immer so weit von ihnen entfernt, dass Kugeln aus ihren Musketen sie nicht einmal erreicht hätten. Hoffnung flackerte in ihr auf, dass die Kanone zu wenig Reichweite haben könnte. Die Pferde der Dragoner waren bei dem Schuss nicht einmal zusammengezuckt. Die Reihe am anderen Ende der weiten Ebene vor dem ehemaligen Kloster wankte nicht.
    »Das könnt ihr besser«, hörte sie Magnus murmeln.
    Die Kanoniere hantierten hastig an ihrem Geschütz herum, klein wie Ameisen, die versuchen, eine große Beute in ihren Haufen zu schleppen. Samuel rief: »Ganz ruhig bleiben, Leute. Das dauert noch eine Weile, bis die treffen! Sollen wir ihnen mal ein Ziel anbieten – was meint ihr, Männer?«
    Sie drehte sich zu ihm um. Er stand auf halber Höhe auf einem der Schutthaufen und fummelte unter seiner Jacke herum. Dann zog er etwas Gelb-Rotes heraus; von der Spitze des Schutthaufens kletterte Gerd Brandestein herunter und nahm es in Empfang. Sie sah erst jetzt, dass Brandestein eine der Partisanen, die sie den Soldaten des Jesuiten abgenommen hatten, aufrecht zwischen zwei Steinen eingeklemmt hatte. Er band das gelb-rote Tuch, das Samuel ihmgegeben hatte, schnell daran fest, sodass es in der schwachen Morgenbrise leicht flatterte. Es war der rote Löwe auf goldenem Grund, das Wappen Smålands. Auf der anderen Seite der Ebene herrschte verblüffte Stille. Dann nestelte Samuel ein weiteres Tuch hervor, und Brandestein befestigte es noch über dem Småländer Löwen. Es war eine einfache blaue Fahne, zerschlissen, durchlöchert, voller Flecken, von denen Ebba ahnte, dass es Blut war. Die Stille drüben wurde noch tiefer, dann hörte sie plötzlich Pfiffe, Gebrüll und Flüche, die die Reihe der Dragoner auf und ab liefen wie Feuer und ihr Herz zusammenkrampften. Samuels Männer antworteten mit Schweigen. Sie verstand – der dünne Chor, den ihr Antwortgebrüll ergeben hätte, hätte dem Feind verraten, wie wenige sie tatsächlich waren.
    »An die Fahne des Småländischen Regiments erinnern sie sich alle«, hörte sie Björn Spirger knurren. Sie sah zu ihm hinüber. Er war an ihrer anderen Seite postiert und spähte durch ein Loch zwischen den Steinen. »Sieh sie dir an. Das wollen Reiter sein? Pah … typisch Dragoner. Halb Mensch, halb Vieh. Haben nicht mal ihre Gäule im Griff. Der rechte Flügel – ein einziger Sauhaufen. Mann, Wachtmeister, zieh die Leute weiter auseinander, sonst verhaken sich die Pferde, wenn sie lospreschen.«
    »Bei den Dragonern heißt das Feldwebel«, brummte Alfred Alfredsson, der ebenso wie Samuel ständig ihre Verteidigungslinie abschritt. Er trug zwei Musketen über der

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