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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Dragoner wird einfach kein Kavallerist.«
    Die Reihe zog sich weiter auseinander. Der linke und rechte Flügel rückten weiter vor, um aus der langen, geraden Linie eine Sichel zu formen.
    »Dein Zentrum«, sagte Björn Spirger. »Halt dein Zentrum zurück, du Versager, sonst fällt dir dein ganzer rechter Flügel auseinander.«
    Ebba hörte den Mann, der nach Björn Spirger in Deckung lag, etwas brummen, und Björn sagte: »Wenn sie uns schon angreifen müssen, will ich wenigstens, dass sie es anständig tun.«
    Sie zwang sich, den Blick von den sich zum Angriff vorbereitenden Männern abzuwenden, und sah ein letztes Mal zu Samuel auf. Er stand aufrecht und wirkte, als wisse er schon jetzt, dass sie glorreich siegen würden. Auf einmal verstand sie, wie es sein konnte, dass Männer einem Anführer in den verheerendsten Kugelhagel und durch die Feuer der Hölle folgten – wenn er ein wahrer Anführer war.
    Der Knall des Kanonenschusses erreichte sie erneut. Sie sah Samuel von seinem Beobachtungsposten herunterspringen und »Köpfe runter!« brüllen. Hektisch warf sie sich herum. Samuel ging neben ihr in Deckung und legte einen Arm um sie, drückte ihren Kopf mit einer Hand gegen den Boden. Die Kugel sauste mit ihrem grausigen Flattergeräusch über sie hinweg, dann gab es einen ohrenbetäubenden Knall, ein Schock lief durch die Erde, und Steinbrocken prasselten überall herunter, trafen Ebba schmerzhaft auf die Beine und auf den Rücken. Staub wallte auf und ließ sie fast ersticken.Sie hob hustend den Kopf und tastete blind um sich, bis sie den Kolben ihrer Pistole in die Finger bekam. Sie klammerte sich daran wie ein Ertrinkender an einen Ast.
    Samuel hatte sich bereits wieder aufgesetzt. Ebba wischte sich den Staub aus den Augen. Von dem Schutthaufen, auf dem Samuel eben noch gestanden war, fehlte der obere Teil. Eine dichte Staubwolke hing darüber. Ihre improvisierte Schlachtfahne stand schief, das Småländer Wappen hatte sich losgerissen und lag zwischen den Steinen, und nur die kleine blaue Regimentsfahne hatte dem Kanoneneinschlag getrotzt. Der Griff von Samuels Rapier wippte leise vor und zurück.
    »Gerd!«, schrie Samuel. Seine Stimme klang wie durch eine dicke Schicht Decken. Ebbas Ohren schmerzten.
    »Bin noch da, Rittmeister«, ertönte Gerd Brandesteins Stimme. »Die treffen doch nix, die Trottel.«
    Samuel klopfte Ebba auf die Schulter. »Es geht los«, sagte er. »Sie kommen.« Er hastete zurück zu seinem Posten auf dem Schutthügel.
    Über das Klingen in ihren Ohren vernahm Ebba den rasenden Schlag von Trommeln, dann ging er unter im Dröhnen der Hufe von zweihundert Pferden, die allesamt losgaloppierten. Ihr Zwerchfell begann zu beben, und ihr wurde so schlecht, dass sie sich an der Mauer festhalten musste. Undeutlich hörte sie Björn Spirger rufen: »Trompeten, Mann! Ordentliche Kavallerie hat einen Trompeter!« Sie stierte zu Samuel hoch, der sich den Hut aufsetzte und die Hähne seiner Pistolen spannte. Sie starrte hinaus.
    Das Feld zwischen der Klosterruine und dem Hügel schien zu beben. Die Formation der heranstürmenden Dragoner war wie eine monströse Hand, die sich nach ihnen ausstreckte, und der Schnee und Dreck, die hochwirbelten, ließen den Hintergrund verschwimmen und undeutlich werden, als käme mit den Reitern das Ende der Welt heran. Siesah, dass die Reiter im Zentrum ihre Degenklingen an die Schultern gelegt hatten; die Läufe der Karabiner am linken und rechten Flügel ragten in die Luft. Die Kanone brüllte auf, und drei Schutthaufen weit im hinteren Teil des Ruinenfeldes explodierten hintereinander, bis die Kugel im vierten stecken blieb.
    »Lasst sie rankommen!«, brüllte Samuel. »Auf den Feuerbefehl warten!«
    Wir sind tot , dachte Ebba wie betäubt. Die Reiter näherten sich mit einer Geschwindigkeit, die ihr geradezu teuflisch erschien. Es war nicht, als ob die Dragoner auf sie zustürmten, sondern als ob das ganze Kloster mit seinen Verteidigern von einer Riesenfaust den Angreifern entgegengerückt wurde. Schon ließen sich Einzelheiten erkennen – flatternde Federbüsche an den metallenen Helmen, unterschiedliche Jackenfarben, blitzende Beschläge am Zaumzeug der Pferde. Ebbas Mund war so trocken, dass sie nicht schlucken konnte. Sie erinnerte sich an Erzählungen von heldenhaften Siegen der Kavallerie, wie die Männer einfach über den Feind hinweggeritten waren, ihn in den Boden gestampft hatten …
    »Ziel aufnehmen!«, brüllte Samuel.
    Die Dragoner rasten

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