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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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hing darüber. Der Raum war voller Rauch und dem Gestank von Menschen, die sich schlecht ernähren und niemals waschen können. Alexandra kniff die Augen zusammen, weil sie zu brennen anfingen. Es schien, dass ein Raum mit einer Atmosphäre wie dieser kein Leben zuließ, und doch bewegten sich zwei Gestalten darin. Eine davon war ein Mann in der üblichen buntenKleidung der Soldaten, der auf einem Strohsack saß und geräuschvoll etwas aus einer Schüssel schlürfte. Die andere war eine Frau, die in dem Kessel rührte. Noch während Alexandra zusah, stand der Soldat auf, polterte auf seinen großen Stiefeln zu der Frau hinüber und hielt ihr die Schüssel hin. Sie füllte sie mit dem, was sie aus dem Kessel schöpfte. Der Soldat lachte, zog sie mit der freien Hand an sich und küsste sie auf den Mund. Die Frau legte die Arme um ihn. Seine freie Hand bauschte ihren Rock, bis er ihn über ihren Hintern in die Höhe geschoben hatte, dann verschwand sie unter dem Rock und begann zu wühlen. Die Frau kicherte und stieß ihn spielerisch von sich. Er lachte erneut, packte eine ihrer Hände und führte sie zum Schritt seiner Hose. Sie packte grinsend zu, und er schloss die Augen und brummte genießerisch, gab ihr einen zweiten langen, tiefen Kuss und setzte sich dann wieder, um sich dem Inhalt seiner Schüssel zu widmen. Die Frau wandte sich ab, und Alexandra konnte für einen Augenblick ihr Gesicht sehen.
    Es war vor Hass und Ekel verzerrt.
    »Pass auf«, sagte Samuel.
    Er gab ein Geräusch von sich, das sich wie das Maunzen einer halb verhungerten Katze anhörte.
    »Ist das Drecksvieh schon wieder da?«, hörte Alexandra den Mann drinnen sagen.
    »Ich verjag sie«, sagte die Frau. Einen Moment später wurde das Tuch beiseitegeschoben, und ein Stein flog hinaus. Samuel maunzte erneut, wie eine Katze maunzt, die sich über die schlechte Behandlung durch etwas so Unterlegenes wie die menschliche Rasse empört. Der Kopf der Frau wurde in der Öffnung sichtbar. Alexandras Herz setzte aus, als sie Samuel und sie direkt anblickte.
    »Getroffen?«, fragte der Soldat drinnen.
    »Weiß nich’. Aber ich glaub, sie is’ weg.« Das Gesicht der Frau zeigte keinerlei Regung. Samuel nickte ihr zu. Sie nicktezurück und verschwand aus der Fensteröffnung. »Seh sie nich’ mehr.«
    »Untersteh dich, sie mir zu servieren, wenn sie abgekratzt ist.«
    »Was glaubst du, was das is’, was du heute frisst?«, fragte die Frau.
    »Waaas?«, machte der Soldat.
    Die Frau begann zu lachen. Nach einer kurzen Pause lachte der Mann mit.
    »Das sollst du mir büßen!«, sagte er.
    »Am besten gleich«, erwiderte die Frau mit einer Stimme, die plötzlich rauchig klang. Alexandra hörte die Schritte des Mannes über den Boden poltern, dann ein paar erstickte Geräusche, die sich leicht identifizieren ließen als die von zwei Menschen, die sich umarmen und gleichzeitig versuchen, sich gegenseitig auszuziehen. Kurz darauf wurde es stiller, und der Mann begann zu seufzen und zu stöhnen.
    Samuel hockte sich auf die Fersen und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Alexandra fühlte Verwirrung und Verlegenheit, aber es gelang ihr, seinen Blick zu erwidern. Im Innern der Hütte sagte der Mann mit belegter Stimme: »Steh auf, du!«, und die Stille wurde abgelöst durch ihr Ächzen und dann das rhythmische Geräusch eines Koitus. Die Frau begann zu stöhnen. Das Gepolter der Stiefel zeigte an, dass die beiden eine Stellung praktizierten, bei der man auf den Beinen bleiben konnte. Wo hätte man sich auch hinlegen können außer auf den Strohsack? Alexandra wandte den Blick ab.
    »Er«, wisperte Samuel, »ist ein armes Schwein, das nur alle paar Tage abgelöst wird und das der Futtermeister regelmäßig vergisst, wenn es um die Rationen geht. Er ist verlaust, hungrig, halb erfroren und aus lauter Verzweiflung und Einsamkeit geil wie ein ganzes Priesterseminar.«
    »Er zwingt sie, ihm …«
    »Sie«, fuhr Samuel fort, »ist eine ehemalige Badehure, die in dieser verlassenen Hütte Unterschlupf gefunden hat. Sie hat wahrscheinlich die Hälfte der ehrbaren Bürger von Wunsiedel dringehabt, als dies hier noch eine funktionierende Stadt war, aber jetzt findet sie in keiner der Gruppen von Überlebenden, die sich irgendwo zusammendrängen, Aufnahme.«
    »Du kennst dich gut aus.«
    Das Stoßen in der Hütte wurde lauter. Alexandra hörte das Klatschen, das laut wird, wenn eine flache Hand auf entblößte Hinterbacken schlägt, und das heftige Keuchen des Soldaten.

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