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Die Erbin Der Welt erbin1

Die Erbin Der Welt erbin1

Titel: Die Erbin Der Welt erbin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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hast nicht deinen Verstand für eine Reise mit dem Lord der Finsternis aufs Spiel gesetzt, um mit einer alten Hexe Freundlichkeiten auszutauschen«, sagte Scimina. »Sag mir, warum du wirklich dorthin gegangen bist.«
    »Um mir den Kriegsantrag bestätigen zu lassen und das Bündnis gegen Darr.«
    »Und? Das ist alles?«
    Ich dachte schnell nach, aber nicht schnell genug. Vielleicht war es aber auch mein verunsicherter Ausdruck, der sie aufmerksam werden ließ. Sie warf mir ein »tss« entgegen. »Du verschweigst mir etwas. Und ich will wissen, was. Viraine!«
    Viraine seufzte und wandte sich Nahadoth zu. Ein seltsamer, beinahe versonnener Ausdruck huschte über sein Gesicht. »Ich würde nicht so entscheiden«, sagte er leise.
    Nahadoths Blick flog zu ihm und ruhte kurz auf ihm; er sah ein wenig überrascht aus. »Du musst das tun, was dein Lord verlangt.« Dieser »Lord« war nicht Dekarta, sondern Itempas.
    »Das ist nicht sein Wille«, sagte Viraine und schaute finster. Dann schien er sich selbst zur Ordnung zu rufen, warf Scimina einen letzten, wütenden Blick zu und schüttelte seinen Kopf. »Also gut.«
    Er griff in eine der Taschen seines Umhangs und ging neben Nahadoth in die Hocke. Auf seinen Oberschenkel legte er ein kleines Papierviereck. Darauf war wie ein Spinnennetz ein flüssiges Gottessiegel gemalt. Irgendwie — ich weigerte mich, darüber nachzudenken, woher — wusste ich, dass dort eine Linie fehlte. Dann zog Viraine einen Pinsel mit abgedeckter Spitze hervor.
    Mir war übel. Ich machte einen Schritt vor und hob eine blutverschmierte Hand, um zu protestieren — und hielt inne, als meine Augen Nahadoths trafen. Sein Gesicht war leidenschaftslos, der Blick träge und uninteressiert, aber mein Mund wurde trotzdem trocken. Er wusste noch viel besser als ich, was nun folgte. Er wusste, dass ich es aufhalten konnte. Aber das konnte ich nur, wenn ich das Geheimnis von Enefas Seele preisgab.
    Aber die Alternative ...
    Scimina beobachtete diesen Austausch und lachte. Dann kam sie zu mir herüber und nahm mich bei der Schulter. Wie ekelhaft. »Ich muss deinen Geschmack loben, Cousine. Er ist großartig, nicht wahr? Ich habe mich oft gefragt, ob es einen Weg gibt ... aber natürlich gibt es den nicht.«
    Sie beobachtete Viraine, der das viereckige Papierstück neben Nahadoth auf einen Fleck des Bodens legte, der nicht von Si'ehs Blut verunziert war. Dann nahm Viraine die Kappe von dem Pinsel, beugte sich über das Viereck und zeichnete sehr sorgfältig eine einzige Linie.
    Licht flutete von der Decke herab, als ob jemand genau zur Mittagszeit ein riesiges Fenster geöffnet hätte. Es gab allerdings keine Öffnung in der Decke, dies war allein die Macht der Götter, die den physikalischen Gesetzen des Menschenreichs trotzte und aus Nichts etwas erschaffen konnte. Nach dem relativ gedämpften Licht der sanften, blassen Wände Elysiums war das hier viel zu hell. Ich legte eine Hand vor meine Augen und hörte unbehagliches Gemurmel von den verbliebenen Zuschauern.
    Nahadoth kniete im Zentrum des Lichts, sein Schatten unbeweglich zwischen den Ketten und dem Blut. Ich hatte seinen Schatten noch nie gesehen. Zunächst schien das Licht ihm nicht zu schaden — aber dann wurde mir klar, was sich verändert hatte. Ich hatte seinen Schatten schon einmal gesehen. Der lebende Nimbus, der ihn sonst umgab, ließ das durch sein ständiges Drehen, Umherpeitschen und Überlappen nicht zu. Er setzte sich eigentlich nicht von seiner Umgebung ab, sondern verschmolz damit. Aber jetzt war dieser Nimbus nur noch langes schwarzes Haar, das sich über seinen Rücken legte und wie ein ausladender Umhang wirkte, der sich über seine Schultern ergoss. Sein ganzer Körper war bewegungslos.
    Dann stieß Nahadoth ein leises Geräusch aus, das fast wie ein Stöhnen klang, und sein Haar und sein Umhang fingen an zu kochen.
    »Pass genau auf«, murmelte Scimina an meinem Ohr. Sie war hinter mich getreten und lehnte sich wie eine liebe Gefährtin an meine Schulter. Ich konnte den Genuss in ihrer Stimme hören. »Schau, woraus deine Götter bestehen.«
    Da ich wusste, dass sie dort stand, sorgte ich dafür, dass mein Gesicht keine Regung zeigte. Ich reagierte nicht, als die Oberfläche von Nahadoths Rücken Blasen warf und sich wie heißer Teer verflüssigte. Schwarze Fäden kringelten sich um ihn herum in die Luft und verdunsteten mit rasselndem Zischen. Nahadoth kippte langsam nach vorne und drückte sich an den Boden, als ob das Licht ihn

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