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Die Erbin Der Welt erbin1

Die Erbin Der Welt erbin1

Titel: Die Erbin Der Welt erbin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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durch ein unsichtbares Gewicht zerquetschte. Seine Hände landeten in Si'ehs Blut, und ich sah, dass sie ebenfalls kochten. Die unnatürlich weiße Haut wellte sich und drehte sich dann wie blasse, pilzartige Tentakel auf. Entfernt hörte ich, wie einer der Zuschauer würgte. Ich konnte Nahadoths Gesicht nicht unter dem herabhängenden, schmelzenden Haar sehen — aber wollte ich das überhaupt? Er hatte keine richtige Form. Ich wusste, dass alles, was ich von ihm gesehen hatte, eine Hülle war. Aber liebster Vater, liebstes Elysium, ich mochte diese Hülle und fand sie wunderschön. Ich konnte es nicht ertragen, jetzt ihre Ruine zu sehen.
    Etwas Weißes schimmerte durch seine Schulter. Zuerst dachte ich, es wäre Knochen, und mir wurde speiübel. Aber es war kein Knochen, es war Haut. Blass wie die von T'vril, aber ohne die Flecken. Und sie bewegte sich, als sie sich durch die geschmolzene Schwärze nach oben schob.
    Und dann sah ich ...
     
    Und sah nicht.
    Eine strahlende Cestalt — die mein Geist nicht sah — stand über einer formlosen schwarzen Masse — die mein Geist nicht sehen konnte — und tauchte ihre Hände immer wieder in diese Masse. Sie riss sie nicht auseinander. Sie hämmerte — schlug — brutalisierte sie in Form. Die Masse schrie und wehrte sich verzweifelt, aber die glänzenden Hände kannten keine Gnade. Sie tauchten erneut hinein und rissen Arme heraus. Sie quetschten die formlose Schwärze, bis sie Beine bekam. Sie stießen in die Mitte und zerrten einen Torso heraus. Dann, während die Hand noch bis zum Handgelenk im Bauch steckte; griff sie zu, um ein Rückgrat herbeizuzwingen. Als Letztes wurde ein Kopf hervorgerissen, der kaum menschliche Züge und eine Glatze hatte. Ansonsten war er unkenntlich. Sein Mund war offen und kreischte, in seinen Augen stand der blanke Wahnsinn, verursacht durch Schmerzen jenseits dessen, was Sterbliche ertragen konnten. Aber natürlich war dies kein Sterblicher.
     
    Das ist es, was du willst, knurrte der Strahlende, seine Stimme ist wild, aber dies sind keine Worte, und ich höre sie nicht. Es ist Wissen, das sich in meinem Kopf befindet. Diese Abscheulichkeit, die sie erschaffen hat. Du würdest sie mir vorziehen? Dann nimm ihr »Geschenk« ... nimm es ... nimm es und vergiss nie, dass du ... das hier ... gewählt hast ...
     
    Ich bemerkte, dass der Strahlende sogar bei der Ausführung dieser Gewalttat weinte.
    Und irgendwo tief in mir drin schrie jemand, aber ich war es nicht, obwohl ich auch schrie. Und wir konnten uns kein Gehör verschaffen. Die Schreie der neu erschaffenen Kreatur, die auf dem Boden lag, waren zu laut, und ihr Leiden hatte gerade erst begonnen ...
     
    Der Arm renkte sich mit einem Laut aus Nahadoth heraus, der mich an gekochtes Fleisch erinnerte. Dasselbe saftige, ploppen- de Geräusch ertönt, wenn man eine Haxe abreißt. Nahadoth war auf allen vieren und zitterte am ganzen Körper, als der zusätzliche Arm blindlings herumzappelte und dann Halt auf dem Boden neben ihm fand. Ich konnte jetzt sehen, dass er blass war, aber nicht das Mondweiß, das ich kannte. Dies war ein viel banaleres, menschliches Weiß. Dies war sein Tages-Ich, das sich einen Weg durch die Gottesfassade bahnte, mit der es bei Nacht bedeckt war. Es war eine grausige Parodie auf eine Geburt.
    Ich bemerkte, dass er nicht schrie. Außer dem ersten, unvollkommenen Geräusch blieb Nahadoth still, obwohl sich ein anderer Körper aus seinem schälte. Das machte es irgendwie schlimmer, weil sein Schmerz so offensichtlich war. Ein Schrei hätte mein Entsetzen gemildert, aber wohl nicht seine Qual.
    Viraine stand neben ihm und beobachtete ihn einen Moment, dann schloss er die Augen und seufzte.
    »Das kann noch Stunden dauern«, sagte Scimina. »Es würde natürlich schneller gehen, wenn das hier echtes Sonnenlicht wäre, aber darüber kann einzig und allein der Elysiumvater verfügen. Dies ist nur eine armselige Imitation.« Sie warf Viraine einen verächtlichen Blick zu. »Mehr als genug allerdings für meine Zwecke, wie du siehst.«
    Ich biss mir auf die Zähne. Auf der anderen Seite des Kreises, durch die Lichtsäule und den Nebel, der durch Nahadoths dampfendes Gottesfleisch entstanden war, konnte ich Kurue sehen. Sie sah mich einmal verbittert an und schaute dann weg. Zhakkarns Blick ruhte auf Nahadoth. So zeigten Krieger, dass sie Leiden anerkannten und respektierten; sie würde den Blick nicht abwenden. Ich ebenfalls nicht. Aber Götter, Götter!
    Si'eh ging in

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