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Die Erbin Der Welt erbin1

Die Erbin Der Welt erbin1

Titel: Die Erbin Der Welt erbin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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stand über mir, und zum ersten Mal konnte ich seine Augen im Dunkeln nicht sehen.
    »Warum?«, fragte er.
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet.«
    »Frage?«
    »Ob du mich töten würdest, wenn ich darum bitte.«
    Ich werde nicht so tun, als ob ich keine Angst gehabt habe. Das gehörte dazu — mein hämmerndes Herz und mein schneller Atem. Esui, der Nervenkitzel der Gefahr. Aber dann streckte er seine Hand so langsam aus, dass ich mich fragte, ob ich träumte, und ließ seine Fingerspitzen meinen Arm hinaufkrabbeln. Nur diese eine Berührung und meine Angst verwandelten sich in etwas völlig anderes. Götter. Göttin.
    Weiße Zähne blitzten auf und erschreckten mich in der Dunkelheit. O ja, das hier war weit jenseits von einfacher Gefahr.
    »Ja«, sagte er, »wenn du darum bittest, würde ich dich töten.«
    »Einfach so?«
    »Du möchtest deinen Tod kontrollieren, wie du es mit deinem Leben nie vermocht hast. Ich ... verstehe das.« In dieser kurzen Pause lag so viel unausgesprochene Bedeutung. Plötzlich fragte ich mich, ob der Lord der Finsternis sich je nach dem Tod gesehnt hatte.
    »Ich dachte, du möchtest nicht, dass ich meinen Tod kontrolliere.«
    »Nein, kleine Spielfigur.« Ich versuchte, mich auf seine Worte zu konzentrieren, während seine Hand ihre langsame Reise meinen Arm hinauf fortsetzte, aber das war schwierig. Ich bin auch nur ein Mensch. »Das ist die Art, wie Itempas anderen seinen Willen aufzwingt. Ich habe immer ... freiwillige Opfer vorgezogen.«
    Er zeichnete jetzt mit einer Fingerspitze mein Schlüsselbein nach, und ich wäre fast weggegangen, weil ich mich beinahe unerträglich gut fühlte. Ich tat es nicht, weil ich seine Zähne gesehen hatte. Man rannte nicht vor einem Raubtier weg.
    »Ich ... ich wusste, du würdest Ja sagen.« Meine Stimme zitterte. Ich stammelte. »Ich weiß nicht, woher, aber ich wusste es. Ich wusste ...« Dass ich mehr als nur eine Spielfigur für dich war. Aber nein, das konnte ich nicht sagen.
    »Ich muss das sein, was ich bin.« Er sagte das, als ob die Worte einen Sinn ergäben. »Nun. Bittest du darum?«
    Ich leckte gierig meine Lippen. »Nicht, zu sterbeh. Aber ... um dich. Ich bitte um dich.«
    »Mich zu haben bedeutet zu sterben.« Er warnte mich sogar noch, als er mit der Oberseite seiner Finger meine Brust streifte. Seine Fingerknöchel blieben an meiner aufgerichteten Brustwarze hängen, und ich konnte nicht anders, als nach Luft zu schnappen. Das Zimmer wurde dunkler.
    Aber ein Gedanke durchstieß mein Verlangen und kam an die Oberfläche. Es war der Gedanke, der mich dazu bewogen hatte, diese Verrücktheit zu begehen. Denn trotz allem war ich nicht selbstmordgefährdet. Ich wollte in der lächerlichen Zeitspanne, die mir noch blieb, leben. So, wie ich die Arameri hasste, aber trotzdem versuchte, sie zu verstehen, so wollte ich einen zweiten Krieg der Götter verhindern, aber gleichzeitig die Enefadeh befreien. Ich wollte so viele Dinge, viele davon waren gegensätzlich, alle zusammen schier unmöglich. Ich wollte sie trotzdem. Vielleicht hatte Si'ehs Kindlichkeit mich angesteckt.
    »Es gab Zeiten, da hast du viele sterbliche Geliebte genommen«, sagte ich. Meine Stimme war atemloser, als sie hätte sein sollen. Er lehnte sich zu mir herüber und atmete ein, als ob er es riechen könnte. »Es gab Zeiten, da hast du sie zu Dutzenden beansprucht, und sie haben alle überlebt.«
    »Das war, bevor Jahrhunderte menschlichen Hasses mich in ein Monster verwandelten«, sagte der Lord der Finsternis, und einen Moment lang war seine Stimme traurig. Ich hatte dasselbe Wort auch schon für ihn benutzt, aber es war merkwürdig und nicht richtig, wenn er es aussprach. »Bevor mein Bruder mir das bisschen Zärtlichkeit, das sich einmal in meiner Seele befand, gestohlen hat.«
    Und meine Angst verschwand — einfach so.
    »Nein«, sagte ich.
    Seine Hand hielt inne. Ich streckte meine Hand nach oben, ergriff seine, und unsere Finger verschränkten sich.
    »Deine Zärtlichkeit ist nicht verschwunden, Nahadoth. Ich habe sie gesehen. Ich habe sie geschmeckt.« Ich zog seine Hand hoch und berührte meine Lippen damit. Ich spürte, wie seine Finger zuckten, als ob er überrascht wäre. »Du hast dich in mir nicht getäuscht — wenn ich sterbe, dann nur zu meinen Bedingungen. Es gibt so viele Dinge, die ich nie tun werde — aber dies kann ich haben. Dich.« Ich küsste seine Finger. »Wirst du mir diese Zärtlichkeit noch einmal zeigen, Lord der Finsternis?

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