Die Erbin Der Welt erbin1
seinen schwarzblauen Augen schienen sich eine Million Geheimnisse zu spiegeln, entsetzlich, aber exquisit. Als er lächelte, erschauerte die ganze Welt, und ich war nicht immun dagegen.
Trotzdem erschütterte mich das auf einer ganz anderen Ebene, da mich plötzlich Erinnerungen durchzuckten. Diese Erinnerungen waren fahl, wie etwas halb Vergessenes — aber sie drängten mich und verlangten Anerkennung, bis ich einen Ton von mir gab, meinen Kopf schüttelte und aufbegehrend in die Luft schlug. Sie waren ein Teil von mir, und obwohl mir klar war, dass Namen Schall und Rauch für unsereins waren, bestanden diese Erinnerungen darauf, der dunklen Kreatur einen Namen zu geben. Nahadoth.
Und der helle war Itempas.
Und ich ...
Ich stutzte verwirrt. Ich hob meine Hände vors Gesicht und starrte sie an, als ob ich sie noch nie gesehen hätte. In mir war das graue Licht, das ich vorher so gehasst hatte und das sich jetzt in all die Farben umgewandelt hatte, die vorher gestohlen worden waren. Durch meine Haut konnte ich diese Farben in meinen Venen und Nerven tanzen sehen. Auch wenn sie versteckt waren, waren sie nicht weniger kräftig. Nicht meine Kraft. Aber es war mein Fleisch, oder nicht? Wer war ich?
»Yeine«, sagte Nahadoth und klang verwundert.
Ein Zittern durchlief mich und dasselbe Gefühl des Gleichgewichts, das ich kurz zuvor schon einmal gehabt hatte. Plötzlich verstand ich. Es war mein Fleisch und auch meine Kraft. Ich war das, was sterbliches Leben aus mir gemacht hatte, was Enefa aus mir gemacht hatte, aber all das lag in der Vergangenheit. Von jetzt an konnte ich sein, wer immer ich wollte.
»Ja«, sagte ich und lächelte ihn an. »So heiße ich.«
Weitere Veränderungen waren nötig.
Nahadoth und ich wandten uns Itempas zu, der uns beobachtete, und seine Augen waren hart wie Topase.
»Nun, Naha«, sagte er, obwohl der Hass in seinen Augen allein mir galt. »Ich muss dir gratulieren, das ist ein feiner Handstreich. Ich dachte, es würde reichen, das Mädchen zu töten. Jetzt sehe ich, dass ich sie wohl besser vollends ausgelöscht hätte.«
»Das würde mehr Macht erfordern, als du besitzt«, sagte ich. Itempas runzelte kurz die Stirn. Es war so einfach, ihn zu lesen, wusste er das nicht? Er dachte immer noch, dass ich eine Sterbliche sei, und Sterbliche waren unbedeutend für ihn.
»Du bist nicht Enefa«, fuhr er mich an.
»Nein, das bin ich nicht.« Unwillkürlich musste ich lächeln. »Weißt du, warum Enefas Seele all diese Jahre hier verweilte? Das war nicht wegen des Steins.«
Sein Stirnrunzeln vertiefte sich vor Zorn. Was für ein reizbares Wesen er war. Was sah Naha nur in ihm? Nein, das war Eifersucht, die da sprach. Gefährlich. Ich würde nicht die Vergangenheit wiederholen.
»Der Zyklus des Lebens und des Todes fließt aus mir heraus und durch mich hindurch«, sagte ich und berührte meine Brust. Darin schlug etwas — nicht ganz ein Herz — stark und gleichmäßig. »Selbst Enefa hat das nie gänzlich verstanden. Vielleicht war ihr schon immer vorherbestimmt, irgendwann zu sterben, und jetzt bin ich vielleicht die Einzige von uns, die nie absolut unsterblich sein wird. Aber gleichzeitig kann ich auch nie unwiderruflich sterben. Zerstöre mich, und ein Teil wird immer fortbestehen. Meine Seele, mein Fleisch, vielleicht auch nur meine Erinnerungen — aber es wird ausreichen, um mich zurückzuholen.«
»Dann war ich eben nicht gründlich genug«, sagte Itempas, und sein Ton versprach nichts Gutes. »Ich werde das beim nächsten Mal korrigieren.«
Nahadoth trat vor. Seine dunkle Aura, die ihn umgab, machte ein leises, knackendes Geräusch, als er sich bewegte, und weiße Flecken — Feuchtigkeit aus der Luft, die gefror — schwebten hinter ihm zu Boden.
»Es wird kein nächstes Mal geben, Tempa«, sagte er mit beängstigender Sanftheit. »Der Stein ist fort, und ich bin frei. Ich werde dich zerreißen, wie ich es mir in all den langen Nächten in Gefangenschaft ausgemalt habe.«
Itempas' Aura flackerte wie weiße Flammen auf, und seine Augen glühten wie Zwillingssonnen. »Ich habe dich bereits einmal gebrochen auf die Erde geworfen, Bruder, und ich kann es wieder tun ...«
»Genug«, sagte ich.
Nahadoths Antwort war ein Zischen. Er kauerte sich nieder, und seine Hände wurden plötzlich zu riesigen Klauen. Etwas wischte an seine Seite: Si'eh war wie ein katzenartiger Schatten bei ihm. Kurue bewegte sich, als ob sie sich zu Itempas gesellen wollte, aber Zhakkarns Speer war
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