Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erbin Der Welt erbin1

Die Erbin Der Welt erbin1

Titel: Die Erbin Der Welt erbin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
Vom Netzwerk:
eingefroren. Dann formte einer von ihnen sich um, wurde zu einem Kind und trat vor. Seine Augen waren geweitet. »M-Mutter?«
    Das war nicht mein Name. Ich hätte mich teilnahmslos abgewendet, wenn mir nicht in den Sinn gekommen wäre, dass ihn das kränken würde. Warum war das von Bedeutung? Ich wusste es nicht, aber es störte mich.
    Also sagte ich stattdessen: »Nein.« Einer plötzlichen Eingebung folgend, streckte ich meine Hand aus und streichelte sein Haar. Seine Augen weiteten sich noch mehr, dann liefen Tränen heraus. Er zog sich von mir zurück und bedeckte sein Gesicht. Ich wusste nicht, was ich von dem Benehmen halten sollte, also wandte ich mich an die anderen.
    Auf meiner rechten Seite befanden sich noch drei — besser gesagt zwei, denn einer lag im Sterben. Ebenfalls strahlende Kreaturen, obwohl ihr Licht in ihnen verborgen war, auch waren ihre Körper schwächer und primitiver. Und endlich. Der Sterbende erlosch, während ich zusah. Zu viele seiner Organe waren beschädigt worden, sie konnten ihn nicht länger am Leben halten. Ich fühlte, dass ihre Sterblichkeit richtig war, auch wenn ich deswegen trauerte.
    »Was soll das?«, wollte eine von ihnen wissen. Die jüngere Frau. Ihr Kleid und ihre Hände waren bedeckt mit dem Blut ihres Bruders.
    Der andere Sterbliche, alt und dem Tod ebenfalls nahe, schüttelte nur seinen Kopf und starrte mich an.
    Dann standen plötzlich zwei weitere Kreaturen vor mir, und bei ihrem Anblick hielt ich den Atem an. Ich konnte nicht anders. Auch über die Hüllen hinaus, die sie trugen, um mit dieser Ebene Umgang pflegen zu können, waren sie wunderschön. Sie waren ein Teil von mir, Verwandte, und doch so anders. Ich war geboren worden, um mit ihnen zusammen zu sein, um die Kluft zwischen ihnen zu überbrücken und ihren Zweck zu vervollkommnen. Und jetzt neben ihnen stehen zu können ... ich wollte meinen Kopf in den Nacken werfen und vor Freude singen.
    Aber etwas stimmte nicht. Der, der sich wie Licht und Ruhe und Stabilität anfühlte, war vollständig und prächtig. Aber in seinem Kern war etwas Ungesundes. Ich sah genauer hin und spürte eine große, schreckliche Einsamkeit in ihm, die an seinem Herzen nagte, wie ein Wurm an einem Apfel. Das ernüchterte mich und machte mich weicher, da ich wusste, wie sich diese Einsamkeit anfühlte.
    Derselbe Pesthauch befand sich auch in dem anderen Wesen, dessen Natur nach allem Dunklen und Wilden rief. Aber ihm war noch etwas angetan worden, etwas Schreckliches. Seine Seele war geschunden und zerschlagen, mit scharfkantigen Ketten gefesselt und dann in ein kleines Gefäß gezwungen worden. Ständige Qual. Er war auf ein Knie gefallen und starrte mich aus dumpfen Augen durch sein langes, schweißgetränktes Haar an. Selbst sein Keuchen verursachte ihm Schmerzen.
    Es war eine Obszönität. Aber die größere Obszönität war die Tatsache, dass die Ketten — als ich ihnen zu ihrer Quelle folgte — ein Teil von mir waren. Ebenso wie die anderen drei Leinen; eine davon führte zu dem Hals der Kreatur, die mich Mutter genannt hatte.
    Angewidert riss ich die Ketten aus meiner Brust und zerschmetterte sie einzig durch meinen Willen.
    Die drei Kreaturen zu meiner Linken keuchten und krümmten sich zusammen, als ihre Kraft zu ihnen zurückkehrte. Ihre Reaktion war aber nichts gegen die des dunklen Wesens. Einen Augenblick lang bewegte er sich nicht. Nur seine Augen weiteten sich, als die Ketten sich lösten und abfielen.
    Dann warf er seinen Kopf in den Nacken und schrie — und das ganze Universum geriet aus den Fugen. Auf dieser Ebene spiegelte sich das als eine gigantische Erschütterung von Klang und Vibration wider. Jegliche Sicht verschwand aus der Welt und wurde von einer so tiefen Finsternis ersetzt, dass schwache Seelen wahnsinnig werden konnten, wenn sie länger als einen Herzschlag anhielt. Sie verging aber schneller als das und wurde von etwas Neuem ersetzt.
    Gleichgewicht: Ich spürte, wie es zurückkehrte, so wie man das Einrasten eines ausgerenkten Kiefers spürt. Das Universum war aus den Drei entstanden. Zum ersten Mal seit einem langen Zeitalter wandelten wieder Drei.
    Als alles still war, sah ich, dass mein Dunkler vollständig war. Wo einst ruhelose Schatten hinter ihm herflatterten, war jetzt eine unglaublich negative Ausstrahlung, die so schwarz war wie der Mahlstrom. Hatte ich vorher geglaubt, dass er nur schön sei? Ah, aber jetzt war da kein menschliches Fleisch, um seine kühle Erhabenheit wegzufiltern. In

Weitere Kostenlose Bücher