Die Erbin Der Welt erbin1
gleichzeitig das, was mir am meisten Angst macht, dass sie noch nicht vorbei ist.
T'vril ging im Morgengrauen zur Arbeit. Wir tauschten ein paar Worte aus und kamen zu einer stillschweigenden Übereinkunft: die letzte Nacht war nur Trost zwischen Freunden gewesen. Es war nicht so unangenehm, wie es hätte sein können; ich spürte, dass er nichts anderes erwartet hatte. Das Leben in Elysium ermutigte nicht zu mehr.
Ich schlief noch eine Weile und lag dann wach im Bett und dachte nach.
Meine Großmutter hatte gesagt, dass die Armeen von Menchey sich bald in Bewegung setzen würden. Da nicht mehr viel Zeit war, fielen mir nur wenige Strategien ein, die Darr wirklich retten konnten. Das Beste wäre, den Angriff zu verzögern. Aber wie sollte ich das bewerkstelligen? Ich konnte vielleicht Verbündete im Konsortium suchen. Ras Onchi sprach für die Hälfte von Hochnord; vielleicht wusste sie ... nein. Ich hatte erlebt, wie meine Eltern und der Kriegerrat von Darr Jahre damit zugebracht hatten, nach Verbündeten zu suchen. Wenn es irgendwo Freunde gab, dann hätten sie sich inzwischen zu erkennen gegeben. Es gab bestenfalls einzelne Sympathisanten wie Onchi ... willkommen, aber im Grunde nutzlos.
Also musste mir etwas anderes einfallen. Selbst ein paar Tage Aufschub wären schon genug. Wenn ich den Angriff bis nach der Nachfolgezeremonie verzögern konnte, dann würde mein Handel mit den Enefadeh greifen, und Darr hätte vier göttliche Beschützer.
Vorausgesetzt, sie gewannen ihren Kampf.
Also: Alles oder nichts. Aber riskante Gewinnchancen waren besser als gar keine, ergo würde ich alles daransetzen. Ich stand auf und ging auf die Suche nach Viraine.
Er war nicht in seinem Laboratorium. Eine schlanke, junge Dienerin putzte dort. »Er ist im Verlies«, sagte sie mir. Da ich keine Ahnung hatte, was das war — oder wo —, beschrieb sie mir den Weg, und ich machte mich auf den Weg zur untersten Etage von Elysium. Und während ich ging, wunderte ich mich über den angewiderten Gesichtsausdruck der Dienerin.
Ich verließ den Aufzug inmitten von Fluren, die seltsam dämmrig wirkten. Das Leuchten der Wände war auf merkwürdige Art gedämpft und nicht so hell, wie ich es gewohnt war, irgendwie matter. Es gab keine Fenster und seltsamerweise auch keine Türen. Offensichtlich lebten selbst Diener nicht so weit unten. Meine Schritte hallten von vorne wider, als ich ging, und ich war nicht überrascht, als ich aus dem Korridor auf eine offene Fläche hinaustrat: einen riesigen, länglichen Raum, dessen Boden sich in Richtung eines seltsamen Metallgitters neigte, das mehrere Fuß Durchmesser hatte. Ich war ebenfalls nicht überrascht, Viraine in der Nähe des Gitters zu sehen. Er sah mich ruhig an, als ich eintrat. Er hatte mich wahrscheinlich schon in dem Moment gehört, als ich den Aufzug verließ.
»Lady Yeine.« Er neigte seinen Kopf, aber diesmal lächelte er nicht. »Solltet Ihr nicht im Salon sein?«
Ich war seit Tagen nicht im Salon gewesen. Die Berichte der mir unterstellten Nationen hatte ich ebenfalls nicht gelesen. Es war schwer, sich unter diesen Umständen um solche Pflichten zu kümmern. »Ich bezweifle, dass die Welt untergehen wird, weil ich nicht anwesend bin — weder jetzt noch in den nächsten sechs Tagen.«
»Verstehe. Und was führt Euch her?«
»Ich habe Euch gesucht.« Mein Blick wurde von dem Gitter im Boden angezogen. Es sah wie ein ungewöhnlich reich verziertes Abwassergitter aus und schien zu einer Art Raum unter dem Boden zu führen. Ich konnte darin ein Licht scheinen sehen, das heller war als das Umgebungslicht in dem Zimmer, in dem Viraine und ich uns befanden. Das seltsame Gefühl der Kontrastlosigkeit, der Düsternis war hier noch stärker. Das Licht strahlte Viraines Gesicht so von unten her an, dass es eigentlich die Winkel und Schatten seines Ausdrucks hätte verstärken müssen; stattdessen nahm es sie weg.
»Was ist das hier für ein Ort?«, fragte ich.
»Wir befinden uns unterhalb des Palastes. Um genau zu sein sind wir in der Stützsäule, die uns über die Stadt erhebt.«
»Die Säule ist hohl?«
»Nein. Nur dieser Ort hier oben.« Er beobachtete mich, und sein Blick versuchte etwas zu erfassen, das ich nicht ergründen konnte. »Ihr wart gestern nicht bei den Festlichkeiten.«
Ich war nicht sicher, ob diejenigen von hohem Geblüt über die Festivitäten der Diener Bescheid wussten und sie ignorierten oder ob es sich um ein Geheimnis handelte. Falls das Zweitere der Fall
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