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Die Erbin Der Welt erbin1

Die Erbin Der Welt erbin1

Titel: Die Erbin Der Welt erbin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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wartete. Nach einer gefühlten Ewigkeit des düsteren Schweigens — das nur von den leisen Leidenslauten der armen Seele in der Grube hin und wieder durchbrochen wurde — spürte ich, wie eine bekannte Erschütterung durch den Palast lief. Ich wartete eine Weile und zählte die Minuten, bis ich sicher war, dass das Licht des Sonnenuntergangs am Abendhimmel verblasst war. Dann stand ich auf und ging zum Flur. Dem Verlies hatte ich meinen Rücken zugekehrt. Das düstere Licht warf meinen Schatten in einer dünnen, schwachen Line auf den Boden. Ich stellte sieher, dass mein Gesicht sich in dem Schatten befand, bevor ich sprach. »Nahadoth.«
    Die Wände verdunkelten sich, bevor ich mich umdrehte. Aber der Raum war durch das Licht aus dem Verlies heller, als er hätte sein sollen. Aus irgendeinem Grund hatte seine Finsternis keine Wirkung darauf.
    Er beobachtete mich, mit unergründlichem Ausdruck, und sein Gesicht war in dem farblosen Licht noch perfekter, als es menschenmöglich war.
    »Hier«, sagte ich und ging an ihm vorbei zum Verlies. Der Gefangene darin sah zu mir auf, als ob er meine Absicht spürte. Diesmal machte es mir nichts aus, ihn anzusehen, als ich in die Grube zeigte.
    »Heil ihn«, sagte ich.
    Ich erwartete eine wütende Reaktion. Oder Belustigung oder Triumph. Eigentlich gab es keine Möglichkeit, die Reaktion des Lords der Finsternis auf meinen ersten Befehl vorherzusehen. Was ich allerdings nicht erwartet hatte, war das, was er sagte.
    »Das kann ich nicht.«
    Ich schaute ihn finster an; er starrte unbewegt in das Verlies. »Wie meinst du das?«
    »Dekarta hat den Befehl gegeben, welcher das hier verursacht hat.«
    Und wegen des Hauptsiegels konnte ich Befehle, die Dekarta gegeben hatte, nicht rückgängig machen. Ich schloss meine Augen und betete kurz um Vergebung zu ... nun ja. Dem Gott, der gerade zuhören wollte.
    »Nun gut«, sagte ich, und meine Stimme klang sehr klein in dem offenen Raum. Ich atmete tief ein. »Töte ihn.«
    »Das kann ich auch nicht.«
    Das erschütterte mich zutiefst. »Warum, beim Mahlstrom, nicht?«
    Nahadoth lächelte. Da lag etwas Seltsames in dem Lächeln, etwas, das mich noch mehr als sonst verunsicherte, aber ich konnte mir nicht erlauben, darüber nachzugrübeln. »Die Nachfolge wird in vier Tagen stattfinden«, sagte er. »Jemand muss den Stein der Erde in das Gemach schicken, in dem das Ritual stattfindet. So will es die Tradition.«
    »Was? Ich verstehe nicht ...«
    Nahadoth zeigte in die Grube. Nicht auf die schlurfende, jammernde Kreatur dort, sondern knapp daneben. Ich folgte seinem Fingerzeig und sah etwas, das ich vorher nicht bemerkt hatte. Der Boden des Verlieses leuchtete in diesem seltsamen grauen Licht, das sich so von dem der Palastwände unterschied. An dem Punkt, auf den Nahadoth zeigte, schien sich das Licht zu konzentrieren. Es war dort nicht heller, sondern einfach nur noch mehr grau. Ich starrte es an und glaubte, dass ich einen etwas dunkleren Schatten in dem durchsichtigen Material des Palastes eingebettet sah.
    Die ganze Zeit war er genau vor meiner Nase gewesen. Der Stein der Erde.
    »Elysium existiert, um seine Macht einzudämmen und zu kanalisieren, aber hier in seiner Nähe gibt es immer ein wenig Verlust.« Nahadoths Finger bewegte sich etwas. »Diese Macht hält ihn am Leben.«
    Mein Mund war trocken. »Und ... und was hast du damit gemeint ... den Stein zu dem Ritualgemach zu schicken?«
    Diesmal zeigte er nach oben. Ich sah, dass die Decke des Zimmers, in dem sich das Verlies befand, eine enge Öffnung in der Mitte hatte, wie einen kleinen Schornstein. Der enge Tunnel ging so weit das Auge reichte nach oben.
    »Keine Magie kann den Stein direkt beeinflussen. Kein lebendes Fleisch kann in seine Nähe kommen, ohne die schlimmen Auswirkungen erdulden zu müssen. Also muss selbst für so eine einfache Aufgabe, wie den Stein von hier zu dem Gemach dort oben zu bringen, eins von Enefas Kindern sein Leben lassen, um ihn dorthin zu wünschen.«
    Endlich begriff ich. O Götter, das war abscheulich. Der Tod wäre für den Unbekannten in der Grube die Erlösung, aber der Stein verhinderte ihn irgendwie. Um aus dem verzerrten, gequälten Gefängnis seines Fleisches befreit zu werden, würde der Mann an seiner eigenen Hinrichtung mitwirken müssen.
    »Wer ist er?«, fragte ich. Unten war es dem Mann endlich gelungen, sich hinzusetzen, obwohl es offensichtlich unbequem für ihn war. Ich hörte, wie er leise weinte.
    »Nur ein weiterer Narr, der

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