Die Erbin und ihr geliebter Verraeter
schmerzten, wenn sie das zuließ.
„Es passt mir“, sagte sie schließlich.
„Das wage ich zu bezweifeln.“
„Sie können nicht mit mir darüber streiten, was ich mag und was nicht“, entgegnete Jane. „Dabei werde ich immer gewinnen.“
„Miss Fairfield.“ Er schien ihren Namen nicht als Auftakt zu einer Äußerung zu sprechen, sondern einfach wegen der Freude an dem Spiel mit den Silben. Er schüttelte langsam den Kopf und legte eine Hand über ihre.
Jane schaute sich um. Niemand schenkte ihnen Beachtung, und selbst, wenn jemand das täte, würde er zwei Leute an einer Steinmauer stehen sehen. Er berührte sie so beiläufig, dass er es offenbar kaum selbst bemerkte. Sie hingegen schon. Oh ja, sie hatte es sehr wohl bemerkt. Sie atmete vor Schreck zischend ein.
„Miss Fairfield“, wiederholte er, „sagen Sie mir, dass Sie mit Ihrer Entscheidung rundum glücklich sind. Dass es Ihnen nichts ausmacht, wenn man hinter Ihrem Rücken über Sie lacht. Sagen Sie mir, dass sie nicht förmlich ausgehungert sind nach einer vernünftigen Unterhaltung. Überzeugen Sie mich, dass Sie mit dieser Rolle, die Sie spielen, zufrieden sind, und ich gebe Ihnen frohen Herzens recht.“
„Ich …“ Ja, sie könnte widersprechen, vermutete sie. Etwas in der Art sagen, dass sie ohne die Freundschaft all derer besser dran war, die so boshaft waren, sich über sie lustig zu machen.
Sie könnte dieses Argument vorbringen, aber sie konnte sich ja nicht einmal selbst davon überzeugen.
Stattdessen hielt sie vollkommen still, genoss die Wärme seiner Hand, hoffte dabei, dass er nicht merkte, was er getan hatte, und sie am Ende wegzog. „Ich kann nicht behaupten, dass es mich glücklich macht. Aber ich bin gut darin, Gespräche ins Chaos zu stürzen. Keine einzige Regel zu kennen. Dinge zu tun, die ich nicht tun dürfte, Dinge zu sagen, die ich nicht sagen sollte.“
Er schwieg. Und natürlich redete sie weiter. Das tat sie immer, wenn sie nervös war.
„Es hat angefangen, bevor ich ahnte, dass ich unverheiratet bleiben musste. Ich war neunzehn, als wir zu unserem Onkel kamen, um bei ihm zu leben. Es hatte noch keine Scharen von Ärzten gegeben, die meine Schwester untersuchen sollten.“ Sie schluckte. „Mein Onkel … Aus verschiedenen Gründen hatte er von Anfang an keine sonderlich hohe Meinung von mir. Er wollte mich so rasch wie möglich verheiraten, und ich hatte keine Einwände. Ich wollte meine eigene Familie, mein eigenes Heim. Ich hatte mein ganzes Leben auf einem abgelegenen Landsitz verbracht. Außer meiner Schwester hatte ich keine anderen Kinder, mit denen ich spielen konnte. Ich wünschte mir Freunde.“
Sie hatte gedacht, er habe es nicht gemerkt, dass er sie berührte, aber dann schloss sich seine Hand fester um ihre. Sie blickte nach unten, aber er zog sie nicht weg. Er verschränkte ihre Finger miteinander.
„Ich hatte nie eine Gouvernante. Ich hatte nie Unterricht in Etikette. Mein Onkel hat mir ein Buch gekauft.“ Sie lachte leise. „Es war sechzehn Jahre alt.“
„Ich sehe schon, in welche Richtung sich das bewegt.“
„Ich hatte niemanden, der mich beim Aussuchen meiner Kleider beraten konnte. Alles, was ich wusste, war, was mir gefiel. Leider ist das, was mir gefällt, schrecklich.“ Sie schloss die Augen. „Dieses Kleid beispielsweise liebe ich. Ja, es ist empörend, aber … Ich habe einen grauenvollen Geschmack und das Geld, ihn auszuleben. Um meine Manieren war es noch schlimmer bestellt. Ich war eine komplette Katastrophe. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie furchtbar.“
„Doch“, erwiderte er. „Sie hätten mich in den ersten paar Monaten in Eton sehen sollen. Ich hatte ständig blaue Flecken. Es hat gedauert, bis ich siebzehn war, um den Punkt zu erreichen, dass ich durch die Drohungen meines Bruders einerseits und andererseits meine Einsicht, wie ich mich benehmen musste, nicht mehr täglich verprügelt wurde.“
„Ich konnte mir noch nie besonders gut Namen merken, aber als ich Mr. Sanford aus Versehen mit ‚Mr. Smith‘ angesprochen habe, hätte man meinen können, ich hätte mit gezückter Pistole eine Kutsche überfallen. Ich habe das Falsche gegessen. Ich habe in Anwesenheit des anderen Geschlechts Fragen zur Wirtschaft gestellt. Ich habe immer schon zu viel geredet, aber wenn ich nervös bin, fällt es mir besonders schwer, still zu sein. Ist es da eine Überraschung, wenn ich alles falsch gemacht habe? Die Sache mit der ‚Feder-Erbin‘ machte innerhalb
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