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Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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erzählen.“
    Er schüttelte den Kopf. „Miss Fairfield“, sagte er, „was glauben Sie, warum ich so freundlich zu Ihnen bin?“
    „Weil … Sie … das heißt …“ Sie schluckte. „Sie wollen sagen, dass Sie das nicht einfach so sind?“
    „Nein. Wenn ich in der Angelegenheit die Wahl hätte, wäre ich Ihnen nach dem ersten schrecklichen Abend einfach aus dem Weg gegangen. Ich habe mit Ihnen gesprochen, weil Bradenton mich darum gebeten hat.“
    Sie machte unwillkürlich einen Schritt zurück. „Bradenton! Was hat er damit zu tun?"
    „Er denkt, Sie müssten auf Ihren Platz verwiesen werden. Er hat mir ein Geschäft angeboten: seine Stimme im Parlament, wenn ich Ihnen eine Lektion erteile. Ich habe mit Ihnen gesprochen, um herauszufinden, ob ich das könnte.“
    In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie hätte es wissen müssen. Das hier war nicht echt. Seine Hand auf ihrer, dieser Ausdruck in seinen Augen. Nichts davon war echt. Er war zu nett gewesen, und sie war …
    Sie schüttelte den Kopf, vertrieb diese Gedanken. „Sie würden mir das alles nicht sagen, wenn Sie auf sein Angebot eingehen wollten.“
    Seine Lippen bildeten eine schmale Linie. Er nahm ihren Arm. „Gehen Sie ein Stück mit mir“, bat er.
    Es gab nicht viel Platz, um irgendwohin zu gehen – nur ein kleiner Rundweg um die Veranda. Aber als sie ans andere Ende kamen, blieb er stehen, bedeutete ihr, auf der Bank dort Platz zu nehmen. Er hatte sie außer Sichtweite der anderen gebracht. Er schaute sich um, bevor er sich neben sie setzte.
    „Es gibt da etwas, was Sie wissen sollten.“ Er sah sie nicht an, sondern hoch in den Nachthimmel. „Ich sage mir dasselbe, was Sie eben festgestellt haben – dass ich es nie tun würde. Aber es gab da eine Zeit. Ich war fünfzehn, in Eton.“ Er beugte sich vor und stützte seine Ellbogen auf die Knie. „Ich passte einfach nicht zu den anderen. Mein Bruder und mein Cousin gaben sich größte Mühe, aber wenn sie nicht da waren, musste ich mich um mich selbst kümmern. Das habe ich auch getan. Es gab eine Handvoll von uns, die nicht in eine privilegierte Stellung hineingeboren waren, und wir haben uns behauptet, indem wir zusammengehalten haben. Zusammengegangen sind. Zusammengearbeitet haben. Uns gegenseitig Mut gemacht haben, sodass die Tage erträglich waren.“
    „Hat denn keiner von den Erwachsenen den anderen Jungen Einhalt geboten?“
    Er drehte sich zu ihr und warf ihr einen Blick zu. „Jungs sind Jungs, Miss Fairfield, und ganz allgemein war die Behandlung, der wir ausgesetzt waren, nicht so furchtbar. Uns wurde ein Bein gestellt, wir wurden beleidigt, und gelegentlich wurde auch auf uns losgegangen. Das, was jeder Junge in der Schule erlebt. Wir waren dem nur in höherer Dosierung ausgesetzt. Genug, dass wir auf unseren Platz verwiesen wurden.“
    Aus irgendeinem Grund verhärtete sich sein Mund weiter, und er schwieg eine Minute lang.
    „Ich hatte es etwas leichter als die meisten. Mein Vater war Faustkämpfer gewesen, und die anderen haben schnell gelernt, vor mir auf der Hut zu sein. Sie haben keine Prügelei angezettelt, es sei denn, sie waren zu zweit oder dritt.“
    Sie unterdrückte ein entsetztes Luftschnappen.
    „Es ist gleichgültig, wie gut man sich schlagen kann. Ab einem bestimmten Punkt ist man die blauen Flecken und Schrammen leid.“
    Jane streckte die Hand aus und nahm seine. Sie hatte Angst, er würde sie wegstoßen, aber das tat er nicht.
    „Es gab da einen andern Jungen, Joseph Clemons. Er war klein für sein Alter und ängstlich. Er hat sich bei jeder Gelegenheit hinter mir versteckt.“ Er seufzte. „Und wissen Sie was? Ich habe ihn gehasst. Ich habe versucht, es nicht zu tun. Es war nicht seine Schuld, dass er so oft das auserkorene Opfer war. Es war nicht seine Schuld, dass ich für ihn einstand. Es war nicht seine Schuld, dass sein Vater Schuhmacher war, und es war auch nicht seine Schuld, dass er ein so brillanter Lateinschüler war, wie ihn die Schule seit Dutzenden Jahren nicht mehr erlebt hatte. Dennoch war ich böse auf ihn, weil er mir solche Schwierigkeiten bereitet hat. Ich habe ihn beschützt aus …“
    Er zuckte die Achseln. Seine Hand fasste ihre fester. Aus einer Art angeborenem Gefühl für Fairness, vermutete sie.
    „Aus Trotz“, fuhr er fort. „Eine Schlägerei ist nichts. Zwei Schlägereien sind auch nichts. Drei Jahre Schlägereien machen einen müde. Eines Tages kam ich dazu, als Clemons von zwei älteren Jungen geprügelt wurde. Ich

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