Die Erbin und ihr geliebter Verraeter
des ersten Monats die Runde. Das war alles, was ich hörte – neben mir, hinter mir. ‚Es ist, als würde man mit einer Feder erschlagen.‘ Sie haben ein Spielchen gespielt, bei dem eine Gruppe junger Männer zu mir kam, um mit mir zu sprechen. Sie sagten: ‚Was würden Sie jetzt gerade lieber tun?‘ ‚Oh, ich würde lieber von Löwen zerfleischt werden.‘ ‚Ich würde lieber in einem Fass Säure baden. Und Sie?‘ Als ob ich zu dumm wäre, mir zusammenzureimen, dass sie darüber sprachen, wie sehr sie mich verachteten.“
„Jane.“ Er rieb seinen Daumen über ihren Handrücken.
„Sie brauchen mich nicht zu bemitleiden.“ Sie reckte das Kinn und verdrängte das kalte, dunkle Gefühl aus ihrem Herzen. „Das tue ich auch nicht. Nachdem ich erkannt hatte, wie sehr meine Schwester mich brauchte, habe ich Gott gedankt, dass ich eine so einfache Methode entdeckt hatte, eine Ehe zu vermeiden. Sie dachten, ich sei furchtbar? Nun, ich würde ihnen zeigen, was furchtbar ist. Sie wollten sich über meine Unwissenheit den Mund zerreißen? Nun, dann würde ich ihnen etwas geben, um sich den Mund darüber zu zerreißen. Sie hatten meine Fehler übertrieben, nur damit sie jemanden hatten, über den sie sich lustig machen konnten, und so habe ich mir geschworen, ihnen keine Möglichkeit mehr für Übertreibungen zu bieten. Je mehr sie sich über mich lustig machten, desto schwerer würde ich es ihnen machen.“
Ihre Stimme bebte, während sie sprach. Und sein Daumen setzte die zärtliche Berührung fort – auf und ab. Auf, ab.
„Es ist eine Schlangengrube“, sagte Jane hitzig. „Und ich hasse sie. Ich hasse sie. Ich habe mir diese Rolle nicht ausgesucht, Mr. Marshall. Sie hat mich ausgesucht, und ich habe sie benutzt.“
Er sagte eine ganze Weile lang nichts.
„Ich weiß, was Sie denken“, fuhr sie schließlich hastig fort. „Weil ich Sie auch so behandelt habe, als wir uns kennengelernt haben. Sie hatten mir nichts getan, und ich …“
Er schüttelte den Kopf. „Das habe ich nicht gedacht.“
„Ich weiß, dass es falsch ist“, erklärte sie. „Aber in diesem Moment ist alles in meinem Leben so falsch, dass es verhängnisvoll wäre, plötzlich anders zu agieren. Ich weiß nicht, wann ich aufgehört habe, eine Rolle zu spielen, und wann die Rolle anfing, mich zu spielen. Jetzt allerdings kann ich nicht erkennen, wie ich aufhören soll. Alle erwarten, dass ich eine andere bin. Sie sind davon überzeugt. Das ist der Haken daran. Ich bin grauenhaft.“ Sie befeuchtete sich die Lippen. „Und ich habe keine Ahnung, wie ich etwas anderes werden kann.“
Himmel. So viel hatte sie ihm nicht verraten wollen. Selbst, als sie sich ausgemalt hatte, ihm alles anzuvertrauen, hatte sie nicht gedacht, dass sie so weit gehen würde.
Sie kniff die Augen zu. „Es tut mir leid. Ich will mich nicht beschweren. Ich habe nichts anderes getan, als zu reden und zu reden und zu reden. Sie kennen mich kaum. Sie haben wesentlich wichtigere Dinge zu tun. Es ist nur … Sie sind so wunderbar.“
Sie zuckte innerlich zusammen, als sie die Worte laut ausgesprochen hörte, fragte sich, was er in diesem Moment von ihr halten musste. Liederlich, in der Tat. Liederlich, vorlaut …
„Ich meine, Sie sind ehrlich, offen und vertrauenswürdig, während alle anderen …“ Weiterzureden machte es nicht besser.
„Miss Fairfield“, sagte er.
Seine Stimme war so tief wie die Nacht um sie herum, und sie wandte sich zu ihm.
Aber er wirkte von ihrem Geständnis gar nicht abgestoßen. Er schien von ihrem Gestammel nicht belustigt. Er sah … Sie war sich nicht sicher, was der Ausdruck auf seinem Gesicht war. Seine Augen waren klar, so klar, dass sie im Mondschein fast farblos aussahen.
Er zog seine Hand weg. „Vertrauen Sie niemals einem Mann, der von sich sagt, er werde Ihnen zu fünfundneunzig Prozent die Wahrheit erzählen.“
Seine Worte trafen sie wie ein Guss kaltes Wasser. Da war etwas Grimmiges in seiner Miene, etwas, was sie nicht ganz verstehen konnte. Sie sah zu ihm empor. „Was meinen Sie?“
„Was würden Sie tun“, sagte er vorsichtig, „wenn ich allen von diesem Gespräch erzählte? Wenn Sie denken, die Lage sei jetzt schon unerträglich, solange man sie für dumm hält, was meinen Sie, was sie tun würden, wenn sie annehmen müssten, dass Sie das alles absichtlich getan haben?“
Sie öffnete den Mund, um ihm zu antworten, und schloss ihn langsam wieder. „Aber Sie würden doch niemandem davon
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