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Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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ausgeglichen zu werden.
    Sein Vater sagte eine Weile lang gar nichts darauf. Schließlich bemerkte er: „Von all meinen Kindern seid du und Free mir am ähnlichsten. Es ist ein Geschenk, aber wie das Geschenke so an sich haben, hat es einen Haken.“
    „Seltsam“, bemerkte Oliver leise, „dass ich dir mehr nachschlagen soll als die älteren Mädchen.“
    Sein Vater machte einen Laut des Protests, sprach aber nicht.
    „Ich weiß“, sagte Oliver. „Ich weiß. Ich wollte damit nicht andeuten, dass du mir nicht der bestmögliche Vater gewesen bist. Es ist nur … Hugo Marshalls Sohn sollte nicht das Angebot in Erwägung ziehen, über das ich nachdenke. Ich bin vielleicht doch der Sohn des Duke of Clermont. Ich habe das in mir.“
    „Hm“, machte sein Vater. „Du hast ein seltsames Bild von mir. Ich habe eine Menge Dinge getan, auf die ich nicht stolz bin.“
    „Ich auch. Es gab Zeiten, da habe ich geschwiegen. Es gab Zeiten, zu denen ich gesprochen habe, obwohl ich besser hätte still sein sollen, weil ich dann den Kampf vermieden hätte.“
    „Das macht dich aber nicht zu einem Mann wie dein Erzeuger“, erklärte sein Vater. „Das macht dich zu einem Mann.“
    Olivers Angelschnur war zu weit abgetrieben. Er reagierte und holte sie ein, bevor der Köder sich im Gebüsch auf der anderen Uferseite verheddern konnte.
    „Mal ganz hypothetisch gesprochen“, sagte er, „angenommen, es gäbe da einen Mann – einen Marquis –, der mir seine Stimme in einer überaus wichtigen Angelegenheit verspricht. Und alles, was ich im Gegenzug tun müsste“, er holte tief Luft und schaute weg, „alles, was ich tun müsste, wäre, eine Frau bloßzustellen. Sie bleibt körperlich unversehrt, versteht sich. Sie wäre auch nicht ruiniert, sondern nur …“
    Er blickte auf, seinem Vater in die Augen, und das war alles, was nötig war. Es gab kein „nur“. Er kannte Janes Lage. Er wusste, was sie empfand, was es für sie bedeuten würde, wenn Oliver sie verletzte.
    Sie wäre nicht ruiniert, aber ich könnte sie dadurch brechen.
    Sein Vater schnaubte. „Sprechen wir noch rein hypothetisch?“
    „Wenn die fragliche Angelegenheit wichtig genug wäre, würdest du …“
    „Du bist seit zehn Jahren ein erwachsener Mann“, entgegnete sein Vater. „Wenn ich dir immer noch sagen müsste, was du von so einem Vorschlag halten sollst, hätte ich bei deiner Erziehung erbärmlich versagt. Und in diesem Fall wäre meine Meinung ohnehin unerheblich.“
    „Aber was, wenn es eine wirklich überaus wichtige Angelegenheit ist? Was, wenn es für alle einen großen Unterschied machen würde, auf der anderen Seite aber nur eine Frau darunter leiden würde?“ Himmel, er konnte sich noch nicht einmal überwinden, die persönlichen Konsequenzen auszusprechen.
    „Nein, Oliver. Behalte dein moralisches Dilemma für dich und deine studierten Freunde. Die Bürde kannst du mir nicht auferlegen. Ich weigere mich, sie zu schultern.“
    „Du machst mich verrückt. Du tust immer so, als sei alles ganz einfach. ‚Nun, Oliver, es scheint mir so, als hättest du nur die Wahl zwischen weitermachen und aufhören‘“, machte er ihn nach, erinnerte sich noch an den Rat seines Vaters, als er kurz davor gestanden hatte, die Schule zu verlassen.
    Der andere Mann lächelte nur. „Ich bin dein Vater. Es ist meine Aufgabe, dich zu ärgern.“
    Es war nicht die richtige Jahreszeit zum Angeln, und so war es wenig überraschend, dass sie nichts gefangen hatten.
    „Wann hört es auf, um eine einzelne Frau zu gehen?“, fragte Oliver schließlich. „Und wann fängt es an, … ganz grundsätzlich etwas Widerwärtiges zu sein, was man von mir verlangt?“
    „Das Einzige, was ich weiß“, antwortete sein Vater, „ist, dass kein Fisch heranschwimmen und an deinen Köder springen wird, wenn er drei Fuß über dem Bach baumelt. Wirf die Leine aus.“
    Oliver wurde rot und tat es. Einmal mehr landete sein Köder mit einem Aufspritzen im tiefen Wasser.
    „Was verrät das über mich, dass ich es überhaupt in Erwägung ziehe?“
    Sein Vater zuckte nur die Achseln.
    „Du bist wirklich keine Hilfe“, hielt ihm Oliver vor. „Ich dachte, du würdest mir sagen, was ich tun soll.“
    „Ich bin nicht hier, um zu helfen. Ich bin hier, um zu angeln.“
    Oliver betrachtete seine Angelschnur noch eine Weile länger. „Weißt du“, sagte er nachdenklich, „ich denke, du bist ein Betrüger. Du tust die ganz Zeit, als wärst du so klug, aber im Großen und Ganzen machst

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