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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sagte sie einmal zu mir, als ich in ihrem Schlafzimmer weinte. ›Aber ich habe immer in seiner Nähe gefroren. Er ist ein Mensch, der nie heiraten dürfte! Er besteht nur aus Schiffen, Tonnagezahlen, Bilanzen, neuen Märkten und Verträgen. Er weiß nicht, was ein Zuhause ist. Seine Heimat sind die Häfen in aller Welt. Das kann eine Frau nicht aushalten. Ich weiß es jetzt. Auch die Palvietti wird daran zugrunde gehen. Ich gönne es ihr!‹
    So war es immer und überall. Ich stand herum, wurde beneidet, weil ich eine Penopoulos bin, aber niemand fragte, wie es in mir aussah.«
    »Ich weiß es jetzt. Aber das alles ist jetzt vorbei.« Lobow küßte sie wieder. Die brasilianischen Sänger kehrten um. Der Strand, wo Lyda mit Lobow lag, war wenig belebt, hier lohnte sich das Sammeln nicht.
    »Ich habe Angst«, sagte sie und zog die Schultern zusammen.
    »Angst? Wovor?«
    »Unser Glück ist so groß. Das kann nicht gutgehen, Boris. Ich habe das immer erlebt: Je glücklicher die Penopoulos' waren, um so furchtbarer schlug nachher das Schicksal zu.« Sie öffnete die Augen und hielt seine Hand fest, die über ihren Bauch glitt. »Was glaubst du, was passiert, wenn sie erfahren, daß du und ich …? Undenkbar! Das wäre wie ein Erdbeben.«
    »Nur weil ich ein Russe bin?« Lobow lächelte nachsichtig. »Warum gelten wir in aller Welt als Ungeheuer, warum bloß? Weil wir Kommunisten sind?«
    »Eure Weltrevolution …«
    »Das ist Politik! Was habe ich mit Politik zu tun? Gut, ich bin Angestellter einer sowjetischen Firma. Aber wenn wir im Ausland sind, ändert sich alles. Da sind wir so wie jeder seinem Wesen nach ist. Menschen wie alle.«
    Er schwieg und blickte über den Strand und das anrollende Meer. Ob sie es glaubt? fragte er sich. Was weiß sie von den vielfältigen Pflichten, die wir im Ausland zu erfüllen haben? Wie kann sie eine Ahnung haben von dem unerbittlichen Ausleseverfahren, dem wir unterworfen sind – so lange, bis man uns für unbedenklich hält. Wer weiß überhaupt davon? Jeder von uns, der auf einem Posten im Ausland sitzt, ist ein Auge und ein Ohr Moskaus. Und wir sind überall.
    »Vielleicht hast du recht«, sagte er nachdenklich.
    »Womit?«
    »Wir sollten nichts überstürzen. Wir sollten uns ganz langsam in unser neues Leben einschleichen.« Er lachte und küßte sie wieder auf die Stirn. »Weiß ich, ob du mich im nächsten Jahr noch liebst?«
    »Du bist der erste Mann – nach Papa –, bei dem ich das Gefühl habe, eine Heimat zu haben, Boris. Bei dir bin ich endlich zu Hause. Du weißt nicht, was das für mich bedeutet.«
    »Ich weiß es, mein Schwänchen.«
    Lobow wies aufs Meer. »Schwimmen wir noch einmal?«
    »Willst du?«
    »Nicht allein.«
    »Ich möchte liegen bleiben«, sagte sie. »Es ist so wunderschön, deine Hände zu spüren, deine Stimme zu hören, deinem Atem zu lauschen, deinen Herzschlag zu fühlen. Liebst du mich so, wie ich bin?«
    Er nickte und streichelte sie.
    Sie hob den Kopf und blickte hinüber zum Hauptstrand. Die Flut lief. Eine Menge hübscher Mädchen in knappsten Tangas warf sich in die anrollenden Wellen. Wehende Haare, lange Beine, vollendet gewachsene Körper.
    »Du warst oft verliebt?« fragte sie.
    »Eigentlich wenig.« Lobow stützte sich auf die angewinkelten Arme. »Ich hatte wenig Zeit.«
    »Keine Zeit für die Liebe?«
    »So ist es.«
    »Was seid ihr Russen bloß für Menschen?!« Sie setzte sich und klopfte den staubfeinen Sand von ihren Oberschenkeln. Nicht ohne Neid blickte sie auf die schlanken, jauchzenden Mädchen, die durch die Wellen tobten. So viel Schönheit. Ich gäbe Millionen hin für diese langen Beine, diese schmalen Hüften, diese flachen Bäuche, diese festen Brüste. Ich bin nicht schön, aber trotzdem liebt mich Boris. Es ist keine Heuchelei, das spüre ich. Ihm ist es gleichgültig, ob ich Penopoulos heiße oder Smith oder Legrand. Er hat nie von meinem Reichtum gesprochen, nie einen Dollar angenommen, sich immer gewehrt, wenn ich bezahlen wollte in den teuren Luxuslokalen von Rio. Er hat mir Kleider gekauft, auch wenn ich keine wollte, er hat mir einen rührend-schönen Ring geschenkt, einen Goldreif mit einem kleinen Brillanten darauf, so klein, wie ich sie nicht einmal am Verschluß meiner Perlenkette habe. Wie er sich freute, mir diesen Ring schenken zu können! Ein kleiner Junge war er, der mit selbstgepflückten Gänseblümchen kommt. Er muß Monate dafür gespart haben. Der Ring war zu eng, er hatte meine Finger unterschätzt,

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