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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kein Getriebeschaden, kein Ölauslaufen, keine Zündfehler, kein Ventilbruch, nicht einmal ein Reifenwechsel – das war ihm unheimlich. Aber in Monaco war er dann wieder Dritter. Seine Welt kam wieder in Ordnung. Lafond war der zuverlässigste Fahrer von allen. Wenn Marcel sich nahezu selbstmörderisch auf die Piste stürzte und die Kurven mit einer solchen Verve nahm, daß die Zuschauer entsetzt die Augen zukniffen, fuhr Lafond seinen souveränen Stil mit dem beruhigenden Bewußtsein: Du bist unter den ersten Drei. Du wirst wieder Dritter.
    Lafond wischte sich mit dem Handrücken ein paar Schweißperlen von der Stirn und machte dann mit seinem Glas eine alles umfassende Bewegung. »Ich schwitz' mich tot!« sagte er. »Die Weiber sind wie mit Pfeffer gespritzt! 400 PS kannst du besser beherrschen wie die! Bis jetzt habe ich drei Heiratsanträge, fünf Einladungen in Privatwohnungen, sieben Hotelzimmernummern und zwei Haustürschlüssel gesammelt. Wie steht's bei dir?«
    »Fehlanzeige!« Marcel lächelte breit. »Nach einem Tanz haben die Damen Mühe, ihren Tisch aufrecht zu erreichen. Die denken dann mehr an ihre Füße als an ihren Zimmerschlüssel.«
    »Aha!« sagte Lafond plötzlich. Er nahm einen Schluck und hob grüßend das Champagnerglas.
    Marcel blickte sich um. Das Gewühl im Saal war bedrohlich geworden. »Was ist? Schlüssel Nummer drei?«
    »Von der nicht!« Lafond nickte zu der langen Bar hin. »Da ist sie endlich.«
    »Wer? Deine unbekannte, geheimnisvolle Bettrolle?«
    »Die lernt ihr nie kennen! Ich bin doch nicht verrückt und liefere euch das Reh für die Jagd! – Lyda ist gekommen.«
    »Wer ist Lyda?«
    »Mensch, Jérome, du Esel: Lyda Penopoulos!«
    »Ach, die?!« Marcel blickte hinüber zur Bar. Auf einem der geschnitzten Hocker, unter dem Baldachin, von gedämpftem, mildem Licht angestrahlt, saß ein Mädchen mit durchaus nicht modisch frisierten Haaren, in einem gewiß teuren, einmaligen, aber gar nicht attraktiven Abendkleid. Es war zwar Schulterfrei, doch über der Brust fiel es sackartig ab bis zum Boden. Auch der Schmuck war konventionell: eine Perlenkette mit Brillantschließe, Brillantohrringe und ein dünner Reif ums Handgelenk. Das Mädchen rührte mit einem Quirl in dem Sektcocktail herum, den ihr der Chefmixer serviert hatte. Dann trank sie und wandte sich dabei dem Saal zu. Marcel sah in ein melancholisches Gesicht mit großen, schwarzen Augen.
    »Ich sehe sie zum erstenmal«, sagte Jérome Marcel. »Nur von Fotos kenne ich sie. Da wirkt sie viel größer und – wie soll ich sagen – reifer.«
    »Sie kommt auch sonst nie zu Autorennen. Daß sie hier ist, scheint ein Zufall zu sein. Aber Monte Carlo ist schließlich die Hauptschaltstelle des alten Stavros!«
    »Sag bloß nicht ›alt‹!« Marcel lachte verhalten. »In den Armen der schönen Nany wird er wieder flott! Das ist für ihn wie eine Generalüberholung! Kolbenwechsel …«
    »Gehen wir hin?« fragte Lafond. Marcel schob die Unterlippe vor.
    »Zu ihr? Dem reichsten Mädchen der Welt? Was soll ich da? Ihr auch beim Tanzen auf die Füße treten? Kennst du sie überhaupt?«
    »Ich habe im Sommer vorigen Jahres mit ihr in Saint Tropez Boule gespielt. Reiner Zufall. Ein Bekannter von ihr kannte mich. So kommt's eben.«
    Sie umgingen das Gewühl der Tanzenden und Flirtenden, der Diskutierenden und der Sich-zur-Schau-Stellenden, näherten sich der Bar und fanden, das sahen sie schon von weitem, keinen Platz mehr. Doch das hinderte Lafond nicht, Marcel mit den flachen Händen im Rücken vorwärtszustoßen.
    »Welch eine Überraschung!« rief Lafond denn auch, als sie hinter Lyda Penopoulos standen. »Meine Boule-Siegerin!« Lyda drehte sich auf dem Barstuhl um und musterte ihn kühl, abweisend. »Mademoiselle, erkennen Sie mich nicht mehr? Saint Tropez. Voriges Jahr. Plage Waikiki. Ich dachte, ich könnte Boule spielen, aber Sie haben mich aus den Strandschuhen gekippt! So etwas vergesse ich nie.« Und ehe Lyda antworten konnte, klopfte er Marcel auf die Schulter. »Das ist mein Freund Marcel. Jérome Marcel.«
    »Ich weiß«, sagte Lyda sachlich. Marcel verbeugte sich leicht. Er verfluchte Lafond, der den Draufgänger spielte und ihn dann in die Schlacht warf.
    »Sie wissen?« fragte Marcel verblüfft.
    »Sie wurden Zweiter im Rennen!« Lyda lächelte verhalten. »Ich saß auf der Tribüne neben dem Fürsten. Sie hatten viel Pech. Sie lagen lange an der Spitze.«
    »Drei Sekunden haben mir gefehlt.«
    »Das ärgert Sie gewaltig,

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