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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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herum und machte einen tiefen Diener, als Lyda die Beine zur Seite schwenkte und nach dem Boden tastete. »Mademoiselle, wenn ich behilflich sein darf?«
    Er schob die Arme unter sie, hob sie hoch und trug sie ein paar Meter weiter bis zu einem großen Stein, auf den er sie niedersetzte. Lyda hatte sich an seinen Nacken geklammert und löste den Griff auch nicht, als Marcel sich aufrichten wollte. Ihm blieb nichts übrig, als nach vorn gebückt in der Umklammerung ihrer Arme zu verharren. »Wir sind verrückt, nicht wahr?« sagte sie leise. »Ganz schön verrückt. Was wollen wir eigentlich hier?«
    »Keinen Boogie mehr hören … zum Beispiel …«
    Sie lachte hell, wie eben ein Mädchen von zwanzig Jahren lachen kann.
    »Das ist gut, Jérome!«
    »Keine schwitzenden und dumm daherquatschenden Menschen …«
    »Wunderbar!«
    »Kein einstudiertes Lächeln. Keine Blitzlichter. Nichts mehr von dem ekelhaften Klüngel, den man die ›feine Gesellschaft‹ nennt!«
    »Fabelhaft!« Sie blitzte ihn mit ihren großen Augen an. »Aber auch kein Motorenlärm? Kein Reifenwechsel? Kein Vergaserschaden? Kein durchgebrannter Auspuff? Kein Klappern im Getriebe?«
    »Nichts! Gar nichts! Nur wir – und der Himmel und das Meer.« Er war fast traurig, daß sie ihre Arme von seinem Nacken löste. Er setzte sich vor sie auf den Felsboden. »Wenn man das jemandem erzählen würde, daß wir uns von einem Fest wegschleichen, um nachts allein an einem Kap zu sitzen, würde man uns für verrückt halten. Oder für total verkitscht.« Er lehnte den Kopf nach hinten an ihre Knie und griff nach ihrer Hand, die auf seiner Schulter lag. »Es ist das erstemal, daß ich so etwas mache …«
    »Wirklich? Ich sitze oft allein am Meer. Auf Sapharin oder auch hinter der Reling unserer Jacht. Oder ich stehe in Monte Carlo am Fenster und sehe hinaus auf das spiegelnde Wasser. Dann werde ich ganz ruhig.« Sie fühlte, wie ein Zittern durch sie lief, als er ihre Hand nahm und die Handfläche küßte. »Warum – warum haben Sie meine Marotte mitgemacht? Warum sind Sie mit mir vor den anderen geflüchtet?«
    »Ich spürte, daß es Sie glücklich macht. Ja, ich gebe zu – ich hatte erst einen ganz anderen Eindruck von Ihnen. Nach all den Bildern, die es von Ihnen gibt, nach den Berichten über Sie, was man sich so alles erzählt, was geklatscht wird. So jung, habe ich manchmal gedacht, und schon so viel auf dem Buckel …«
    »Das war nicht galant, Jérome.«
    »Ich will auch nicht galant sein. Das können die Jünglinge mit den Schmachtlocken besser. Die haben das geübt, die können nicht anders, als charmant sein. Ihre Väter stopfen ihnen die leeren Köpfe mit Geldscheinen aus, und wenn sie noch soviel Blödsinn reden – dahinter stecken immer einige Millionen Dollar. Manchen Leuten genügt das, um Idiotie als geistvoll erscheinen zu lassen!« Er räusperte sich. »Ja, das wäre heraus. Nun kennen Sie meine Einstellung zu Ihren Kreisen. – Können wir zurückfahren?«
    »Nein.«
    »Machen wir weiter in Romantik?« Er küßte wieder ihre Handfläche. »Soll ich ein kleines Lied aus der Provence singen? Sie werden es nicht glauben … aber ich singe immer noch besser als mancher Kräher aus den Hit-Paraden! Sogar Gitarre kann ich spielen. In der Provence gibt es ein Lied von einem Mädchen, das sich in einen Fischreiher verliebt. Nicht, weil er so schön ist, sondern weil er fliegen kann, weil er die Welt sieht, weil die unbekannte Weite sein Revier ist. – Verrückt, was?«
    »Nein. Wunderschön, Jérome.« Sie beugte sich über seinen Kopf und stützte ihr Kinn auf seine blonden Haare. »Es muß schön sein, wenn man noch Wünsche offen hat. Ich habe keinen. Was denken Sie eigentlich über mich? Typisch Millionärstochter – nicht wahr? Kommt auf den Gala-Ball des Fürsten von Monaco und hat plötzlich den Spleen, mit ihrem Rolls-Royce und einem berühmten Rennfahrer auszukneifen und sentimental zu werden. Eine Laune, weiter nichts. Und wie verhält man sich als wohlerzogener Mann? Man goutiert die Laune und macht mit. Absurde Launen gehören zu ihrem Leben, das weiß man. – Ist das richtig so?«
    »Nein! Irgendwie ist das merkwürdig zwischen Ihnen und mir.«
    »Merkwürdig? Erklären Sie das!«
    Marcel drehte sich herum und saß nun vor ihren Füßen. Er umfaßte ihre Beine und drückte sein Kinn an ihre Knie.
    Erklären, dachte er. Wie soll man dafür Worte finden, ohne daß sie abgedroschen und dumm klingen? Ich selbst finde mich ja nicht

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