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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit dem Visum?«
    »Das kann ich in drei Tagen bekommen.«
    »Als Mister Smith?«
    »Natürlich nicht. Aber in der Passagierliste der SAA stehen wir als Ehepaar Smith. Wie ist Lyda in Südafrika bekannt?«
    »Wie eine weiße Hyäne.«
    »Hast du keine besseren Vergleiche?«
    »Gut denn. Wie ein Mensch, der einen milliardenschweren Vater hat. Ein Wort noch, Jérome: Was willst du mit Lyda?«
    »Wir lieben uns, Jack.«
    »Das habe ich staunend vernommen. Und weiter?«
    »Was weiter?«
    »Wie soll's enden?«
    »Es hat ja eben erst angefangen.«
    »Selbst das zäheste Krokodil stirbt nach dreihundert Jahren!«
    »Du bist ekelhaft, Jack!«
    »Aber ehrlich, mein Junge!«
    »Ich möchte sie heiraten, Jack!«
    »Lyda Penopoulos?! Jérome, lauf schnell in die nächste Werkstatt und laß dir alle Schrauben nachziehen. Bei dir klappert etwas!«
    »Ich pfeife auf die Mitgift, wenn du das meinst! Ihr Vater kann sie ruhig enterben!«
    »Das ist so ziemlich unmöglich, mein Junge. Erstens wird das der alte Stavros nie tun, schon um seiner Frau nicht das halbe Imperium zu überlassen, zweitens liebt er seine Tochter abgöttisch – wenn stimmt, was man so liest –, und drittens wird, wenn es gar nicht anders geht, der ungeliebte Schwiegersohn gekauft. Das heißt, du kommst als irgendein Subdirektor in die Reederei und spielst den dümmlichen Kronprinzen. Und wenn das liebe Frauchen später ihre Launen bekommt und du haust berechtigterweise auf den Tisch, dann knallt sie dir an den Kopf: Was willst du denn, du leere Flasche – was bist du denn ohne mich?! Dann gibt es kein Zurück mehr, dann bist zu zu alt zum Autorennen! Dann kannst du nur noch die Startfahne schwenken und die Runden anzeigen!«
    »So weit wird es nie kommen«, sagte Marcel fest. »Ich gebe doch meinen Beruf nicht auf. Ich mache ja auch das Rennen in Kapstadt mit.«
    »Weiß sie das schon?« – »Nein.«
    »Aha! Das beweist mir, daß sie dir auf der Seele kniet, das Rennfahren aufzugeben.«
    »Sie versucht es. Aber ich weiche aus.«
    »Schon faul! Schon völlig durchgeschimmelt! Mit so einem Eiertanz willst du die Zukunft beginnen?! Jérome, dein Herz besteht aus zwölf Zylindern und 460 PS! Komm nicht nach Knysna, sondern nimm deine Lyda an die Hand und reiche sie ihrem Vater zurück. Stavros wird so dankbar sein, daß er dich mit Gold erschlägt.«
    »Verdammt! Ich brauche kein Geld! Wir lieben uns, Jack! Und wir fliegen nach Knysna!«
    Das Gespräch hörte Lyda nicht mit an. Sie war in Zürich, kaufte auf der berühmten Bahnhofstraße ein und wurde nicht erkannt. Sie trug die Haare hochgekämmt, die Augen hinter einer dicken Sonnenbrille verschanzt, und sprach italienisch. Die Verkäuferinnen beachteten sie nicht mehr als andere Kunden. Eine junge Dame, die sich Sommerstiefelchen kauft, und dazu einen Schal von Yves St. Laurent.
    Es waren glückliche Tage für Lyda, die ihr Leben änderten, ihr Inneres ausfüllten, ihrem Gefühl zum erstenmal einen Halt boten. Wenn sie in Jéromes Armen lag, an ihn hingekuschelt wie eine schnurrende Katze, dann wünschte sie sich einen Stillstand der Zeit, eine ewige Nacht, eine nie vergehende Sehnsucht. Später dann, in Knysna, in dem Haus an der Lagune, sagte sie einmal: »Das alles ist so wunderschön. Es macht mich so unbegreiflich glücklich. Ich habe Angst, daß wir eines Tages aufwachen, und alles war nur ein Traum.«
    Sie mieteten sich einen Landrover, fuhren in Wild-Schutzgebiete, belauschten Giraffen und Zebras, Wasserbüffel und Elefanten, saßen an den Wasserstellen in ihrem getarnten Wagen und sahen den trinkenden Löwen zu, hörten die Hyänen und ihr widerliches, heiseres Bellen und beobachteten, wie die Aasgeier die Reste eines Springbockes zerrissen, die von den Löwen verschmäht worden waren. Sie aßen geräucherten Kuduschinken und zartes Gazellenfleisch und fotografierten einen riesigen Baum voller birnenförmiger Früchte, bis die Früchte zu leben begannen, kreischten und in einem wilden Inferno durcheinandersprangen: eine Pavianherde mit Hunderten von Tieren. Einmal gerieten sie mitten in eine Büffelherde und ließen den Wagen mit laufendem Motor stehen, jederzeit bereit, bei einem Angriff der Stiere mit Vollgas davonzurasen. Aber die Herde strömte rund um sie herum vorbei, dicke Staubwolken aufwirbelnd, prustend, schnaufend und knurrend, und verschwand in den Niederungen des Flusses.
    Lyda hatte sich an Marcel geklammert, zitternd, stumm. Ihre Fingernägel gruben sich in seine Arme. Erst als die

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