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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zirkusbesuch mit auf sein Hotelzimmer genommen, mit Whisky zugänglich gemacht und wie ein stolzer Liebhaber ins Bett getragen hatte.
    Er erfuhr: Lyda mußte schon jetzt in Südafrika sein. Genia hatte in den letzten Tagen gelegentlich eine Landkarte von Südafrika betrachtet und führte nachts lange Telefongespräche. Das entsprach gar nicht ihrem bisherigen Lebensstil. Wann hatte sich Genia jemals um Landkarten gekümmert? Ihr plötzliches Interesse an Topographie konnte nur bedeuten, daß Lyda sich im Süden des Schwarzen Erdteils befand.
    Okoschkin meldete das nach Moskau und bat darum, seinen Trip bis Kapstadt erweitern zu dürfen. Er wollte sich bereits gründlich orientiert und vorbereitet haben, bevor Jérome Marcel aus seinem rosaroten Liebestraum in die harte Realität zurückkehrte.
    Knysna ist außerhalb Südafrikas ein unbekannter Ort, aber trotzdem ein Stück vom Paradies. Wenn man auf der dem Indischen Ozean zugekehrten Seite Südafrikas von Port Elizabeth die Garden-Route an der Küste hinunterfährt bis Kapstadt, diese breite, von riesigen Eukalyptusbäumen gesäumte Straße, auf der man keine anderen Verkehrsschilder sieht als ›Achtung! Elefanten!‹, dann erblickt man von der Höhe einen Einschnitt in graurote Felsen, in die sich der Ozean im Laufe von Millionen Jahren hineingesägt hat. Hinter dem Felsentor, durch das bei Flut weißgischtige, hohe Wellen schlagen, breitet sich eine seichte Bucht aus, die bei Ebbe leerläuft und goldgelben, pulverfeinen Sand freigibt. In diese Bucht hinein ragt, nur ein wenig höher als das höchste Wasser, eine schmale Landzunge und bildet im Rücken eine Lagune mit Schilf und Sykomoren, Palmen und Zedern, Eukalyptusbäumen und Riesenfarnen. Von der Hauptstraße führt eine mäßig steile, schmalere Straße hinunter in diesen Lagunenkessel und zu der Reihe weißer Villen, die auf der Landzunge errichtet wurden.
    Das ist Knysna. Eine kleine Stadt wie in Gottes Hand. Von den Bergen geschützt, vom Ozean umschmeichelt, der hier friedlich hineinfließt, nachdem er das Felsentor brüllend passiert hat. Rund herum wächst tropischer Urwald die Hänge hinauf, leuchten Orchideen, riesige Rosenbüsche und das Gewirr der Lianen. Auf einer Felsnase steht ein kleiner Leuchtturm mit einem runden Hut auf dem Kopf: das Signal für die Fischer, den Weg durch die Klippen zu finden. In den Buchten rund um die Lagune glitzert der weiße Sandstrand in der Sonne, und über allem liegt eine tiefe Stille. Denn auch das Rauschen des Ozeans vor den roten Felsen wird gleichsam aufgesogen vom Zauber dieser Landschaft, die zum Träumen reizt, zum Hinlegen in den Sand, zum In-den-Himmel-Starren und zum seligen Einatmen dieser ambrosischen Düfte. Hier wird wohl jeder von dem Gefühl überwältigt: So viel Schönheit ist nicht mehr von dieser Welt.
    Knysna, diese Märchenstadt, wird bewohnt von Künstlern, reichen Kapstädtern, sorglosen Pensionären und Grundbesitzern, die links und rechts der Garden-Route ihre Farmen betreiben. Würde nicht da und dort ein Schwarzer in den Gärten arbeiten, Fenster putzen, Wäsche aufhängen, bei Ebbe auf dem Meeresboden nach Würmern für die Angel suchen oder, die Einkaufstasche in der Hand, vor einem der wenigen Läden des Ortes palavern, würde wohl niemand glauben, in Afrika zu sein. Auf den sauberen, gepflegten Straßen sind nicht viele Menschen zu sehen. Sie liegen hinter den hohen Hecken in den Gärten ihrer schönen Häuser oder auf den Veranden und Terrassen und blicken mit nie erlahmender Verzückung auf die schimmernde Lagune, die roten, vom Urwald überwucherten Felsen, das sanfte Meer, das bizarre Felsentor und den längst außer Betrieb gesetzten kleinen Leuchtturm, der jedes zweite Jahr neu gestrichen wird.
    Ja, es gibt noch Paradiese auf der Erde. Eines heißt Knysna.
    Eine jener weißen Villen am Strand der Landzunge zum Meer, ein fast würfelförmiges Haus mit einem heruntergezogenen roten Ziegeldach, umgeben von einem Park voll blühender Büsche und blaugrüner Zedern, war seit fast drei Monaten vermietet. Es gehörte einem Architekten aus Kapstadt, der hier den Sommer verbrachte, wenn in dem Steinmeer am Kap die Hitze unerträglich wurde. In Knysna, in dieser Villa auf der Lagune, waren die Sommer immer vom Ozean gekühlt. Obgleich die Stadt in einem Bergkessel gelegen war, staute sich hier nie die Hitze. Durch das Felsentor wehte unablässig der Wind und drückte die Hitze nach oben weg.
    Wer jetzt in der Villa wohnte, kümmerte

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