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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Journalisten, Fotoreportern.
    »Wie immer der Erste!« rief Bearns. Er umarmte Marcel, drückte ihn an sich. »Dein Wagen ist gerade in der Mangel. In zwei Stunden ist er klar. Willst du dich gleich reinsetzen und ganz vorsichtig eine Orientierungsrunde drehen?«
    »Vielleicht.« Marcel reckte sich und blickte auf das geschäftige Treiben. Das ist meine Welt, dachte er. Das brauche ich! Diese Atmosphäre von Benzin, Öl und Gummigeruch. Die Rennpiste vor mir. Hinter mir der brüllende Motor. Und dann der Rausch, dieses überwältigende Bewußtsein: Jetzt bist du vorn, jetzt kannst du gewinnen, jetzt hast du sie alle geschlagen – wenn alles gutgeht.
    Wenn alles gutgeht …
    Die nächste Sekunde kann die letzte sein. Aber daran denkt man eben nicht.
    »Die neuen Vergaser werden gerade eingebaut«, sagte Bearns. »Bei denen kann es nicht mehr vorkommen, daß sie verstopfen. Wir haben sie unter härtesten Bedingungen getestet.«
    Marcel nickte. Er ging zu seinem Wagen, der noch ohne Verkleidung vor dem Werkstattbus stand. Fünf Monteure in weißen Overalls schraubten daran herum; sie grüßten Marcel mit einem freundschaftlichen »Hallo!« und arbeiteten weiter. Ein anderer Arbeiter, im blauen Overall, schleppte Kisten zu der Box: Ersatzteile und Werkzeuge, die während des Rennens gebraucht wurden. Er blieb keuchend stehen, setzte die Kiste ab und wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß aus dem Gesicht.
    Das ist er, dachte er. Ich habe ihn sofort erkannt. Netter Junge. Kein Wunder, daß Lyda Penopoulos wie eine Motte auf ihn zugeflogen ist.
    Er holte sein Taschentuch aus dem Overall, putzte sich die Nase und ruhte sich von der Schlepperei ein wenig aus. Er war neu im Fahrerlager. Eine Aushilfskraft. Als er sich beim Personalchef des Organisationskomitees als Hilfsarbeiter beworben hatte, war es ihm nicht schwergefallen, die besten Zeugnisse vorzuweisen. Nach den Papieren hatte er sogar zwei Jahre in Deutschland gearbeitet, am Hockenheimring.
    »Ich bin ein Zugvogel«, sagte der Mann, der Karel Cipek hieß und ein gebürtiger Tscheche war. »Ich leide unter Fernweh. Wenn ich einen Atlas in die Hand bekomme oder auf einen Globus gucke, dann juckt's mir in den Füßen. Bevor ich in der Kiste liege, will ich die ganze Welt gesehen haben. Nun bin ich in Südafrika, nächstes Jahr geht's nach Australien. Na, Boß, wie wär's mit einem Job für den Weltenbummler?«
    Klar, daß Karel Cipek die Stelle als Hilfsmonteur vor allen anderen Bewerbern bekam, schon deshalb, weil die meisten Farbige waren. Er zog seinen gerade erst gekauften Overall an, meldete sich mit der Zuweisung der Rennleitung und sagte kühn, bei dem Stall McHalley sei noch ein Posten frei. Man hatte nichts dagegen und schickte Cipek zu Marcels Boxen.
    Vor zwei Wochen war Cipek in Kapstadt angekommen. Mit einem Touristen-Visum, wie tausend andere Besucher Südafrikas. Er bezog ein Zimmer in einem kleinen Hotel an der Straße zum Kap, saß oft am Strand und las Zeitung und benahm sich so unauffällig wie ein Mensch, der sehr schüchtern ist. Ein paarmal fuhr er hinaus zur neuen Rennstrecke und beobachtete sie von weitem. Als die ersten Funktionäre der Rennställe eintrafen, trat er seine Stellung an. Philipp Bearns gab ihm die Hand, warf einen flüchtigen Blick auf die Zuweisung und schickte ihn weiter zum Werkstattmeister.
    Das war alles. So leicht war es, in das Herz des Rennens vorzustoßen: in die Montagekolonne.
    Okoschkin, alias Cipek, war mit sich zufrieden. Oberst Pujatkin und der ewig meckernde Masajew mußten es auch sein. Näher als Auge in Auge mit Marcel konnte man nicht an das Geschehen heran.
    Er beobachtete, wie Marcel um seinen Wagen herumging, wie er mit dem Ingenieur und den vornehmen, ›weißlackierten‹ Monteuren diskutierte und dann bei Bearns in der Box einen Fruchtsaft trank.
    Noch fünf Tage bis zum Rennen, dachte Okoschkin. Er mußte sich jetzt darum bemühen, in die letzte Nachtwache hineingenommen zu werden. In dieser letzten Nacht schliefen sie neben dem Rennwagen, als sei er ein edles, ungemein anfälliges, scheues, nervöses Tier. Wer da Wache schob, besaß das unbedingte Vertrauen des Rennleiters.
    Cipek wuchtete die Kiste wieder auf seine Schulter.
    Mit Philipp Bearns stand er sich recht gut.
    Das Ergebnis der Trainingsrunden war ein Triumph für Jérome Marcel.
    Der neue Wagen reagierte fabelhaft; die Strecke war wirklich für Höchstgeschwindigkeiten angelegt. Natürlich hatte sie, wie jeder Rennkurs, ihre Tücken, aber

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