Die Erbin
ermöglichten.«
»Was heißt leichter machen?« fragte Marcel abwehrend. »Dieses Wort gefällt mir nicht, Monsieur Portales …«
»Der jetzige Zustand ist doch nicht als normal zu bezeichnen.« Kostas Portales schwieg. Priestleys Wagen heulte vorüber. Seine Mannschaft an der Box jubelte und riß die Arme hoch. Neuer Rundenrekord. Jérome Marcel war geschlagen. Philipp Bearns kaute an den Fingernägeln. Jetzt mußte Jérome Marcel ein Wunder fabrizieren, wenn er Nummer 1 in der Startaufstellung werden wollte.
»Monsieur Penopoulos liebt seine Tochter über alles«, fuhr Portales fort. »Er ist zu allen Zusagen bereit, nur nicht zu einer Heiratsgenehmigung. Er rechnet mit Ihrer Fairneß und Ihrem Verstand.«
»Das soll er mir selbst sagen. Mir und Lyda.«
»Er kommt sofort, wenn wir uns einig sind.«
»Einig? Worüber?«
»Ich bin befugt, Ihnen zehn Millionen Dollar überweisen zu lassen.«
»Ist das Ihr Ernst?«
»Bei solchen Summen scherzt man nicht.«
»Das sind genau zehn Millionen Dollar zuviel!« sagte Marcel hart und laut. »Wenn Sie jetzt weitersprechen, beleidigen Sie mich! Betrachten Sie mich als käuflich? Sie nehmen wohl an, es käme hier nur auf die Summe an?! Zehn Millionen Dollar, fünfzehn, zwanzig Millionen … wie hoch kann man reizen?! Sie glauben also wirklich, ich würde Lyda verkaufen?! Verlassen Sie sofort die Box, bevor ich meine Beherrschung verliere und zuschlage. Monsieur Portales, ich kann durchaus noch der Gassenjunge sein, als der ich im Pariser Hallenviertel geboren wurde!«
»Nur ein Gespräch mit Lyda …«
»Suchen Sie sie! In Kapstadt ist sie nicht.«
»Das weiß ich. Ich habe Sie drei Tage beobachten lassen.«
»Herrlich! Raus aus der Box!« Marcel setzte seinen Helm auf. Bearns winkte vom Wagen her: Du bist dran, Jérome. Priestley jagt die letzte Runde.
»Südafrika ist groß! Laufen Sie herum, und rufen Sie Lyda aus! Vielleicht ist sie in einem Camp im Krüger-Park, oder sie liegt in Durban am Strand. Vielleicht ist sie sogar in Südwest und pirscht in der Etoscha-Pfanne auf Löwen und Giraffen? Sie haben ein weites Jagdgebiet, Monsieur Portales! Ich muß jetzt zum Wagen.«
»Noch ein Wort, Monsieur Marcel!« Portales hielt ihn am Ärmel der feuerfesten Kombination fest. »Sie kommen sich stark vor. Aber der Name Penopoulos ist stärker. Sie werden es noch spüren.«
»Danke!« Marcel lächelte böse. »Ich nehme den Kampf auf! Der Penopoulos-Clan wird Lyda erst wiedersehen, wenn wir verheiratet sind.«
Er ließ Portales stehen, rannte zu seinem Wagen, schwang sich in den engen Sitz und klappte das Helmvisier herunter. Bearns klopfte ihm auf die Schulter.
»Mach's gut, Jérome. – Was wollte der feine Herr?«
»Er bot mir einen sorglosen Lebensabend an.«
»So was! Diese Versicherungsmanager werden auch immer unverforener … Fahr nicht verrückt, Junge! Priestley hat Glück gehabt. Allein auf der Strecke! Morgen, im Pulk, kann er nicht so aufdrehen. Denk daran!«
Marcel nickte. Der Motor heulte auf. Langsam rollte der Wagen zum Start. Der Starter mit der Flagge nickte ihm zu. Die elektronischen Uhren, sofort reagierend, wenn er in den Infrarotstrahl fuhr und die unsichtbare Schranke durchstieß, zeigten auf Null. Die Flagge wippte hoch. Marcel umklammerte das Lenkrad. Wie immer war jetzt alles in ihm ganz kalt. Alle Funktionen liefen mit der Präzision eines Roboters ab.
Die Flagge wehte.
Start!
Der Wagen schoß vorwärts, durchbrach die Lichtschranke, die elektronischen Meßinstrumente sammelten die Bruchteile von Sekunden.
Jérome Marcel war auf der Bahn. Die Funkreporter auf der Pressetribüne, in ihren kleinen Glaskabinen, schrien in ihre Mikrofone. Schon der Start war eine Sensation. Marcel kam ab, als habe man ihn in einer Rakete auf die Reise geschickt.
Kostas Portales sah dem Start noch zu. Dann wandte er sich ab und verließ das Fahrerlager. Er kam auch an Cipek vorbei, aber sie beachteten einander nicht. Cipek saß auf einem Ersatzreifen und kaute nervös an einem Kaugummi. Er sah, wie Marcel aus der Geraden in die Kurve schoß, und kratzte sich mit unruhigen Fingern die Nase.
Zehn Millionen Dollar, dachte Marcel. Sie wollen mir Lyda abkaufen für zehn Millionen Dollar. Menschenhändler. Und sie drohen mir! Sie wollen uns keine Ruhe gönnen, kein Glück, kein Fleckchen auf dieser Welt, wo wir allein sein können. Soll unsere Liebe eine ewige Flucht werden?
Achtung! Die Kurve 3. Gas weg, links nahe ran – nicht weit ausholen, sonst
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