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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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anzupassen! Dafür sind sie auch die höchstbezahlten Sportler der Welt … Moment, da kommt ein Arzt, ich frage ihn!« Bearns winkte ihm zu, aber der junge Arzt schüttelte den Kopf und verschwand hinter den Türen der ersten Sterilschleuse vor den OPs. »Noch nichts«, sagte Bearns schwer atmend. »Kein Ton! Glauben Sie mir, ich werde noch verrückt …«
    Im Vorraum des Operationssaales, wo die Schwestern an den Fenstern standen, durch die man in den OP hineinsehen und jede Operation beobachten konnte, lehnte einer der Oberärzte an der gekachelten Wand, das Mundtuch heruntergezogen, die OP-Kappe ins Genick geschoben, an den Füßen die weißen Gummischuhe. Man hatte ihn herausgerufen, weil am Telefon ein Arzt aus Knysna war, der sich nicht abweisen ließ, und der schon drei Schwestern, die ihn abwimmeln wollten, mit Ausdrücken bedacht hatte, die eines Ordinarius der Medizin würdig waren. Die vierte Schwester kapitulierte und bat den Oberarzt an den Apparat.
    »Wer hat Sie überhaupt durchgestellt?!« schnauzte der Chirurg, ohne den fernen Kollegen zu begrüßen. »Die Zentrale hat Weisung, alle Belästigungen …«
    »Wer ist denn jetzt da?« brüllte Dr. Vennebosch mit voller Stärke. Der Oberarzt starrte irritiert gegen die Kachelwand. »Welcher Rotzjunge redet da von Belästigung?! Stellen Sie sich gefälligst vor, Sie Flegel.«
    »Doktor Seerlag. Oberarzt der I. Chirurgischen! Ich gebe keine weitere Auskunft.«
    »Das werden wir ja sehen. Hier ist Doktor Vennebosch aus Knysna! Ich bin der Hausarzt der Familie Marcel. Ich betreue gegenwärtig Frau Marcel. Sie ist hier in Knysna.«
    »Aha …«
    »Was heißt hier aha?« schrie Dr. Vennebosch. »Sie hat am Radio bis in alle Einzelheiten das Unglück mitgehört und liegt jetzt mit einem Schreikrampf und einem Nervenzusammenbruch in einem besorgniserregenden Schock. Ich habe wohl ein Recht, zu wissen …«
    »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt, Herr Kollege?« fragte Dr. Seerlag.
    »Das habe ich! Aber was da bei Ihnen im OP-Vorraum herumwieselt, sind anscheinend lauter Hirnatrophiker! Vor allem die dritte! Mich wundert, warum sie nicht wissen wollte, wie tief mein Nabelgrübchen ist … Kollege, wie steht es mit Marcel?«
    »Ganz schlecht! 70 Prozent der Hautoberfläche sind verbrannt. Dazu kommen die inneren Verätzungen …«
    »Wie ist das möglich!? Er trug doch feuerhemmende Kleidung.«
    »Feuerhemmende! Natürlich. Aber liegen Sie mal in einem brennenden Benzinsee, so daß man erst nach zehn Minuten an ihn heran kann …«
    »Fürchterlich.« Dr. Vennebosch atmete schwer. »Was soll ich seiner Frau sagen?«
    »Wollen Sie die Wahrheit sagen?«
    »Ja.«
    »Keine Hoffnung.«
    »Das ist endgültig?«
    »Es müßte ein Wunder geschehen. Glauben Sie an Wunder, Kollege?«
    »Ich danke Ihnen.« Dr. Venneboschs Stimme wurde milder. »Und verzeihen Sie meine Grobheiten vorhin. Auch ich habe nur normale Nerven …«
    Es geschah kein Wunder.
    Fünfzehn Stunden nach dem Unglück blieb Jérome Marcels Herz stehen. Zwei Ärzte saßen neben ihm am Sauerstoffzelt und schalteten die Apparate ab, als die elektronischen Punkte auf dem Bildschirm, die noch ein schwaches Leben anzeigten, völlig erloschen.
    In einem Nebenraum lag Philipp Bearns auf einer Couch und schrak hoch, als einer der Ärzte ins Zimmer kam.
    Sein Blick verriet alles.
    »Vorbei?« sagte Bearns mit zugeschnürter Kehle.
    »Ja. Es war nichts mehr zu retten. Man möchte sagen: Es ist besser so. Brennendes Benzin war ihm unter dem Helm über das Gesicht geflossen. Beide Augen waren weggebrannt …«
    »O mein Gott!« Bearns wandte sich ab. Ihm wurde übel. Er nickte gegen die Wand hin und spürte, wie er lautlos weinte. »Danke, Doktor«, stammelte er. »Danke.«
    »Was soll nun geschehen?«
    »Jérome Marcel wird nach Paris überführt und dort begraben. Alle Kosten übernehmen natürlich wir.«
    »Und seine Frau?«
    »Wieso Frau?« Bearns drehte sich um. Mit beiden Händen wischte er sich die Tränen weg. »Er hatte keine Frau!«
    »Er war nicht verheiratet?«
    »Aber nein! Er hatte nicht mal eine Braut.«
    »Aber seine Frau ließ doch vor ein paar Stunden noch anrufen …«
    »Das muß ein Irrtum sein. Da hat sich jemand einen ganz üblen Scherz erlaubt. Doktor, als sein Freund und Rennleiter hätte ich es doch zuerst gewußt, wenn Jérome eine Frau gehabt hätte. Aber da war nichts außer ein paar Flirts. Es gibt keine Frau. – Wann kann er nach Paris überführt werden?«
    »Sobald die Leiche von

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