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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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sich mit gelegentlichen Zeitungsartikeln über Wasser hielt.
    »Robert«, sagte Deon.
    »Ja.« Sie ignorierte seine unausgesprochene Frage. »Ich habe im ganzen drei Jahre in Spanien gelebt. Dann bin ich nach Italien gegangen. Nach Rom.«
    Deon mußte noch immer an den Amerikaner denken. War er ihr Geliebter gewesen? Bestimmt.
    »Was hast du denn die ganze Zeit in Spanien gemacht?« fragte er gewollt unbeteiligt.
    »Hauptsächlich gemalt.« Sie schien nicht zu verstehen, worauf er hinaus wollte. Oder verbarg sie ihm absichtlich etwas?
    »Und wenn du nicht gemalt hast?«
    »Dann hab' ich Englischstunden gegeben.«
    Sie hatte schon immer ein Talent für Sprachen. Es war nicht leicht, vom Malen allein zu leben, also hatte sie in Spanien, und später in Italien, Englisch unterrichtet. Einer ihrer Schüler in Rom war ein kleiner Industrieller aus Neapel gewesen, Riccardo Sedara. Sie mochte ihn gern. Er war Mitte Vierzig und besaß eine Reihe kleiner Fabriken, gab aber unbekümmert zu, daß er nicht das Geringste von Wirtschaft verstehe.
    Er war gütig und aufmerksam und peinlich korrekt in seinem Verhalten ihr gegenüber. Es war jedoch etwas Geheimnisvolles, Undurchsichtiges um ihn, aber sie machte sich keine Gedanken darüber, da es ihr ja auch gleichgültig sein konnte.
    Eines Nachmittags kam er zum Unterricht in ihre Wohnung und traf sie weinend an.
    »Ich hatte einen Brief von Rob bekommen«, erklärte sie Deon.
    »Was hatte er denn geschrieben, daß du weinen musstest?«
    »Das ist doch jetzt egal. Es geht um Riccardo.«
    Riccardo setzte sich steif auf einen der harten Stühle und redete ihr zu. Zum ersten Mal ließ er sie in seine geheime, innere Welt ein. Seine Frau war tot. Sie hatte sich das Leben genommen, als der junge deutsche Automechaniker, mit dem sie durchgebrannt war, sie verlassen hatte. Kinder hatten sie keine gehabt.
    Trish und Riccardo sprachen den ganzen Nachmittag miteinander, und als es Abend wurde, schlenderten sie gemeinsam durch die Straßen. Es war eine gewitterschwüle Sommernacht, draußen wimmelte es von Menschen. Aber sie waren zu sehr in ihr Gespräch vertieft, um auf die anderen zu achten. An der Piazza Navona fanden sie einen freien Tisch in einem Straßencafé, und dort saßen sie noch stundenlang und erzählten sich alles aus ihrem Leben.
    »Hast du ihm auch von mir erzählt?«
    »Ja.«
    Deon rieb sich nachdenklich das Kinn.
    »Es ist merkwürdig«, sagte er. »Dreimal wöchentlich hatten wir uns ausgiebig unterhalten, aber nie ein richtiges Gespräch geführt.«
    Und nun konnten sie kein Ende finden. Sie verbrachten fünf Tage in Rom, an denen sie unzertrennlich waren, dann fuhren sie nach Neapel und heirateten.
    »Er war ein gütiger Mensch. Durch seine Hilfe habe ich wieder angefangen zu malen.«
    »Ach. Hattest du denn aufgehört?«
    »Ja. Ich war ganz durcheinander damals. Aber er half mir über alles hinweg.«
    Er arrangierte Ausstellungen ihrer Arbeiten in Rom und anderen Städten. Er war sehr stolz auf sie. Der einzige Schatten in ihrem Leben war, daß sie anscheinend keine Kinder bekommen konnte. Aber kurz nach ihrem achtunddreißigsten Geburtstag wurde sie schwanger, und Riccardo war außer sich vor Freude. Neun Monate später war sie Witwe und Mutter eines mongoloiden Kindes.
    »Zwei Wochen vor Giovannis Geburt kam Riccardo bei einem Autounfall ums Leben.«
    »Entsetzlich!«
    »Ja.« Sie senkte den Blick. »Ich wollte auch sterben. Aber ich trug sein Kind, also mußte ich durchhalten. Und dann kam Giovanni zur Welt.«
    Das Baby reagierte nicht normal. Es war leicht blau und sehr still. Der Gynäkologe rief einen Kinderarzt dazu.
    »Ich wußte zuerst gar nichts davon. Die ganze Nacht träumte ich von meinem Sohn. Dreimal wurde ich wach und versuchte, die Schwester zu überreden, ihn mir zu zeigen. Am nächsten Morgen kamen die Ärzte und sagten mir, was mit ihm los war. Sie rieten mir, ihn nicht mit nach Hause zu nehmen, da es nicht gut sei, wenn ich mich an ihn gewöhnte. Er würde später nur eine Last sein und mir nichts als Kummer bereiten. Als wenn es noch schlimmer hätte kommen können!«
    Deon konnte sie nicht ansehen. Er wünschte, sie würde aufhören zu sprechen.
    »Deon, man liebt ein Kind nicht erst, nachdem es geboren ist. Man liebt es von dem Augenblick an, da man weiß, daß es da ist. Mein Kind ist mir teuer. Ich habe Giovanni akzeptiert, wie er ist. Und ich will alles tun, damit er innerhalb seiner Grenzen zu einem sinnvollen Leben gelangt.«
    Sie schwieg.

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