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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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sie es ihren Vorurteilen verdanken, wenn ihr Kind nicht die Behandlung bekommt, die es haben müßte.«
    Dr. Rhyn seufzte nur.
    Der Verwaltungsdirektor stand im Gespräch mit der Oberin vor dem Eingang der Intensivstation. Deon amüsierte es, Van Rhyn um Viertel nach sechs, also lange nach Dienstschluss noch im Krankenhaus anzutreffen. Er wußte, daß ihm eine Auseinandersetzung bevorstand. Mit einem kurzen Nicken ging er an den beiden vorbei.
    »Professor Van der Riet«, rief Van Rhyn ihm nach.
    Deon blieb vor der Glastür stehen und schaute sich fragend um.
    »Kann ich Sie einen Moment sprechen?« sagte Van Rhyn.
    Sollte er gleich zur Attacke übergehen, solange er noch in Rage war? Aber anderes war jetzt wichtiger.
    »In ein paar Minuten.« Deon legte die Hand auf die Klinke. »Würden Sie bitte warten? Ich muß nach meinen Patienten sehen.«
    Die hydraulische Tür schloß sich seufzend hinter ihm.
    Moolman, Tom Morton-Brown und eine Schwester arbeiteten an einem Bett in der Ecke. Der Narkosearzt hatte das Manyani-Baby inhibiert. Er sah kurz auf, als Deon neben ihm stehen blieb. Auch Moolman schaute hoch. Er versuchte, nicht zu zeigen, wie ihm zumute war, aber Deon las es in seinem Blick. Der Junge hatte den Vorschriften getrotzt und brauchte nun Beistand und Ermunterung.
    »Gute Arbeit«, sagte Deon.
    Moolmans schlaksige Glieder zuckten konvulsivisch wie bei einer Marionette in den Händen eines stümperhaften Spielers. Er wagte ein Lächeln.
    Morton-Brown zog den Katheter heraus. »Hier haben wir des Rätsels Lösung«, sagte er und zeigte ihnen die Spitze, an der ein großer Klumpen Schleim klebte.
    »War es das?« Das schwarze Baby rollte furchtsam mit den Augen; es wand und krümmte sich in dem festen Griff der Schwester. »Hatte das den Bronchus blockiert?« fragte Deon.
    »Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen«, erwiderte der Narkosearzt, »aber gut hat es den Bronchien sicher nicht getan. Sobald es ein bißchen Sauerstoff bekommen hat, sauge ich noch mal.«
    Dem Kind ging es zusehends besser. Deon nickte. »O. K. Tom. Helfen Sie bitte Moolman, das Kind an den Sauerstoff anzuschließen. Ich bin gleich wieder da.«
    An Marietjes Bett blieb er stehen. Sie lag still da, ohne sich von dem Treiben an dem andern Bett im geringsten stören zu lassen. Von allen hier berührte es sie wahrscheinlich am allerwenigsten, daß ein schwarzes Kind mit ihr im selben Raum lag.
    Der Verwaltungsdirektor wartete allein vor der Tür. Er ging Deon voran zum Treppenabsatz, wo sie nicht gestört werden konnten. Diese Heimlichtuerei reizte Deon.
    »Was gibt's?« fragte er kurz angebunden. »Ich habe alle Hände voll zu tun, falls Sie es noch nicht bemerkt haben.«
    Van Rhyn schüttelte den Kopf. »Wirklich, Deon. Das hätten Sie nicht tun sollen.«
    »Wovon ist die Rede, wenn ich bitten darf?«
    »Sie haben dieses schwarze Baby einfach auf der Intensivstation abgeladen. Das ist nicht fair gespielt, Mann. Sie untergraben meine Autorität, wenn Sie so was machen.«
    Erbitterter Zorn stieg in Deon hoch. Dieser Bürohengst von einem Arzt: Wann hatte der zuletzt einen Patienten behandelt? Er war Verwaltungsbeamter, Bürokrat. Was wußte er schon vom Kampf mit dem Tod?
    »Woher wissen Sie eigentlich von der Sache?« fragte Deon. Seine Stimme klang ihm selbst fremd in den Ohren.
    »Ich muß darüber informiert sein, was in meinem Krankenhaus vorgeht«, verteidigte Van Rhyn sich.
    »Die Schwestern im Aufwachzimmer der Herzstation, meiner Herzstation«, Deon stieß das Wort böse aus, »sind angehalten, der Oberin zu melden, wen ich aufnehme. Und die Oberin wieder gibt diese Meldung an Sie weiter. Stimmt's?«
    In Van Rhyns Kinn zuckte ein Muskel.
    Diese Auseinandersetzung konnte nur damit enden, daß Deon dieses Krankenhaus für immer verließ. Und in diesem Moment war es ihm egal. Aber wenn er untergehen mußte, wollte er alles mit sich in den Abgrund reißen.
    »Sehen Sie denn nicht, daß es nur zu Ihrem Besten geschah?« bat Van Rhyn eindringlich. »Sie wissen doch, wie starrköpfig Sie sein können. Ich mußte sicher sein, daß es keine Schwierigkeiten gibt.«
    »Besten Dank!«
    Deon war plötzlich erschöpft. Es hatte ja doch keinen Sinn, sich gegen das System zu stemmen. Und schließlich, was machte es schon … Er wandte sich müde ab. Da fiel ihm noch etwas ein. »Sagen Sie mir nur noch eins: Sie wissen seit Jahren, daß ich diese Station für alle Rassen gemeinsam benutze. Es war abgemacht, daß ich verantwortlich zeichne, sollte

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