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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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Philip mit einer Kopfbewegung zu den rußgeschwärzten Häuserfassaden und schäbigen Läden hin. Es war eines der Arbeiterviertel von Kapstadt, in dem Slums und kleinere Fabriken sich abwechselten.
    »Ich habe meinen Wagen in die Werkstatt gebracht. Da sie keinen Fahrer frei hatten, muß ich den Bus benutzen.«
    »Willst du ins Krankenhaus? Dann kann ich dich mitnehmen.«
    Deon zögerte. »Bestimmt? Macht es auch keine Umstände?«
    »Nein, nein. Ich fahre ja selbst dahin.«
    Deon stieg dankbar ein. Philip ließ den Motor an und sah in den Rückspiegel, um eine Lücke in der langen Autoreihe abzupassen. »Zum Spazierengehen ist das Wetter wirklich nicht schön genug«, bemerkte Deon.
    Philip gliederte sich in den Strom von Autos ein. »Nein«, sagte er, und dann sprach eine Zeitlang keiner der beiden.
    »Wie geht es deiner Mutter?« brach Deon endlich das Schweigen.
    Philip zuckte die Achseln. »Sie stirbt langsam, aber zum Glück hat sie seit der Hormonbehandlung keine Schmerzen mehr.«
    Wieder schwiegen sie. Deon suchte krampfhaft nach etwas Nettem, Verbindlichem, das die Atmosphäre auflockern würde. »Eben fiel mir ein, daß ich dich ja anrufen sollte. Es muß schon lange her sein. Es tut mir wirklich leid, daß ich es verschwitzt habe.«
    Philip warf ihm einen Seitenblick zu. »Anrufen? Ach so! Das war nicht wichtig. Ich wollte mich nur für den schönen Abend bedanken.«
    »Meine Sekretärin hat es mir ausgerichtet, aber ich hatte so viel um die Ohren, daß ich völlig vergaß, dich zurückzurufen. Erinnerst du dich noch an Trish?«
    »Trish?«
    »Trish Coulter. Sie war auf der Kunstakademie, als ich – als wir unser letztes Jahr absolvierten. Wir sind öfter zusammen ausgegangen. Patricia Coulter.«
    »Mit so langen, dunklen Haaren?«
    »Genau. Dunkelrote Haare.«
    »Ich kann mich schwach an sie erinnern.«
    »Sie kam ganz plötzlich aus Italien angereist. Da wohnt sie jetzt. Mit einem Italiener verheiratet. War es jedenfalls. Er ist tödlich verunglückt.«
    Er schilderte Philip in großen Zügen Trishs Lebensgeschichte und ihre jetzige, verzweifelte Lage.
    »Das ist hart«, sagte Philip zum Schluß, mit echtem Mitgefühl in seiner sonst so nüchternen Stimme. »Manche Menschen scheinen mehr Pech zu haben, als ihnen zukommt.«
    Die Ampel wechselte von Grün auf Gelb, und Philip trat auf die Bremse. Das Auto kam sanft vor dem roten Licht zum Stehen. »Das Tragische ist, daß es hätte vermieden werden können«, fügte er nachdenklich hinzu.
    »Du meinst – durch die chromosomale Untersuchung des Fötus?«
    »Ja. Das ist heute ein allgemein übliches Verfahren: Flüssigkeit mit fötalen Zellen aus dem Uterus der Mutter wird im Anfangsstadium der Schwangerschaft abgesaugt.«
    »Ich weiß«, sagte Deon schnell. »Schade, daß es nicht bei ihr gemacht wurde.«
    »Ich hätte auf alle Fälle dazu geraten. Sie muß Ende Dreißig gewesen sein, als sie schwanger wurde?«
    »Achtunddreißig.«
    »Ja, dann kam sie in das Alter, in dem das Risiko, ein mongoloides Kind zu gebären, sehr groß ist.«
    »Und hättest du in ihrem Fall zu einem Schwangerschaftsabbruch geraten?«
    »Ja«, sagte Philip, ohne zu zögern.
    Deon lachte kurz auf. »Ich meine mich aber zu erinnern, daß du früher anders darüber gedacht hast.«
    Die Ampel wechselte auf Grün, und Philip fuhr los. »Früher?«
    »Ja. Weißt du es nicht mehr? Unsere Diskussion über Abtreibung in der Mensa?«
    »Ach so, ja. Natürlich.« Philip schaltete, um einen schwerfällig dahinrumpelnden Lastwagen zu überholen. Als die Fahrbahn wieder frei war, sagte er: »Ich bin immer noch dagegen, wenn es sich darum handelt, lediglich eine unerwünschte Schwangerschaft zu beendigen. Aber wenn eine Abtreibung die Geburt eines unheilbar kranken Kindes verhindert, bin ich ganz dafür. Die Heilstätten sind sowieso überfüllt. Das Geld, das für geistig kranke Kinder ausgegeben wird, könnte sicher besser angewandt werden. Hier in Südafrika zum Beispiel könnte man es für die Bekämpfung der Unterernährung bei den farbigen und schwarzen Kindern anwenden.«
    Deon ärgerte sich über die unterschwellige Kritik. Philip mochte zwar jetzt kanadischer Staatsbürger sein, aber schließlich war er doch auch hier geboren. Laut sagte er: »Das klingt aber sehr berechnend. Wir können sie uns nicht leisten, also dürfen sie nicht geboren werden.«
    Philip runzelte die Stirn und erwiderte nichts.
    »Sieh mal«, fuhr Deon fort, »für Trish ist das Kind nicht einfach irgendein

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