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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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Mongoloid. Es ist ihr ein und alles. Ohne ihn hätte sie niemanden auf der Welt.«
    »Es scheint, daß sie über ausreichende Mittel verfügt, um für es zu sorgen. Aber was ist, wenn so ein Kind auch noch eine große finanzielle Belastung bedeutet?«
    »Ich finde, das dürfte keinen Unterschied machen«, bemerkte Deon.
    »Im Prinzip nicht. Aber die Natur sorgt doch schon von selbst dafür, daß die Balance erhalten bleibt. Solche Kinder sterben meist früh an Infektionen oder anderen Anomalien. Aber wir mit unseren Antibiotika und unserer modernen Chirurgie werfen die natürliche Ordnung über den Haufen.«
    »Du willst doch damit wohl nicht sagen, daß wir ihnen Medikamente und chirurgische Hilfe vorenthalten sollen?«
    »Warum nicht? Niemand kann dich zwingen, ein sinnloses Leben zu erhalten. Jeder von uns muß seine eigene Entscheidung treffen.«
    »Da magst du recht haben.« Deon legte die Hand ans Kinn, spreizte Daumen und Zeigefinger und knabberte nachdenklich an der Haut dazwischen. »Da hast du wohl recht.«
    Philip entging Deons zweifelnde Geste nicht, und er lachte. »Du scheinst noch nicht so ganz überzeugt zu sein.«
    »Es ist nicht so sehr eine Sache der Überzeugung. Ich habe mir diese Frage selbst gestellt.« Deon hielt inne, als suche er nach den richtigen Worten. »Was du sagst, klingt theoretisch sehr vernünftig. Die Medizin ermöglicht es genetischen Fehlern, zu überleben. Das stimmt. Aber du kannst nicht die Medizin allein dafür verantwortlich machen. Die ganze moderne Technik hat dazu beigetragen. Genauso gut könnte man sagen, daß es falsch ist, eine Ambulanz per Telefon zu rufen, wenn jemand bei einem Unfall sein halbes Gehirn verliert, denn wenn man ihn trüge, würde er vielleicht unterwegs zum Krankenhaus sterben.«
    »Vielleicht kommen wir eines Tages noch soweit«, sagte Philip abschließend. »Was hast du ihr geraten? Ich meine Trish.«
    Deon spürte, daß Philip das Thema wechseln wollte; vielleicht um einen offenen Konflikt zu vermeiden. Auch er zog es vor, die Unterhaltung in erfreulichere Bahnen zu lenken. »Was konnte ich ihr schon raten? Ihr Kind hat Trikuspidalatresie.«
    »Da kannst du also nichts machen?«
    »Nichts.« Deon verzog mißmutig den Mund. »Radikal nichts.«
    »Ist sie mit dem Jungen zurück nach Italien gegangen?«
    »Ich glaube, ja. Das hatte sie jedenfalls vor.«
    Philip warf ihm einen kurzen Seitenblick zu, und Deon, der glaubte, sich verteidigen zu müssen, erklärte: »Ich war verreist.«
    »Ach ja, es stand in den Zeitungen. In Australien, nicht?«
    »Ja.«
    »Du siehst erholt aus. Australien hat dir offenbar gut getan.«
    »Ja, ja. Aber wir sind schon seit einem Monat wieder hier.«
    »Jedenfalls hast du tüchtig Farbe bekommen.«
    »Ich war ein paar Mal am Wochenende segeln. Aber wenn das Wetter so bleibt, ist es bald vorbei mit meiner Bräune.«
    »Ja. Seltsamerweise bin ich hier viel empfindlicher gegen die Kälte als in Kanada.«
    »Es ist sicher eine andere Art von Kälte.«
    »Ja, mag sein.«
    So machten sie höflich Konversation, bis sie von der Hauptstraße abbogen und sich dem Krankenhaus näherten.
    »Du kannst mich hier irgendwo absetzen«, sagte Deon.
    »Schon gut, ich muß sowieso an deinem Büro vorbei.«
    Die enge Straße vor der Medizinischen Fakultät war voll gestopft mit parkenden Autos.
    »Die Studenten sind wieder da – man sieht's«, sagte Deon. »Weißt du was? Ich habe einen reservierten Parkplatz, da kannst du deinen Wagen hinstellen.«
    »Nicht nötig, ich hab' selber einen«, antwortete Philip.
    »Wirklich?« Deon sah den Farbigen erstaunt an. »Wie kommt denn das?«
    »Ich arbeite hier.«
    »Ich wollte dich schon fragen, was du die ganze Zeit gemacht hast, aber ich nahm an, daß du – na ja, du erwähntest etwas von einer Arbeit, die du schreiben wolltest.«
    »Damit war ich eher fertig als erwartet. Daher entschloß ich mich, Professor Gleaves Angebot anzunehmen. Ich sagte dir doch schon, daß er mir vorschlug, in seinem Labor für Zellgenetikforschung zu arbeiten.«
    »Ja, jetzt erinnere ich mich.«
    »Nun, da bin ich also jetzt.«
    »Wann hast du angefangen?«
    »Vor sechs Wochen. Im April.«
    »Wie, du warst die ganze Zeit nebenan, und ich hab' nichts davon gewußt!?«
    »In diesem Gebäudekomplex arbeiten so viele Leute, da kann es durchaus vorkommen, daß man sich nicht sieht«, sagte Philip entgegenkommend.
    Deon stimmte hastig zu.
    Das Gebäude war nagelneu, aber die Türen schlossen nicht dicht, und der Wind

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