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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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Bett und sah zu ihm auf, die Augen gegen das grelle Licht zusammengekniffen. Ihr langes dunkelrotes Haar lag verführerisch auf dem Kissen ausgebreitet, aber ihr Körper war steif, und sie war vollständig angezogen. Sie hatte nicht einmal ihren graugrünen Regenmantel abgelegt.
    »Nanu!« lächelte er mühsam. »Grüß dich.«
    Er zog seinen Mantel aus und hängte ihn ordentlich auf. Das Gefühl, daß etwas nicht stimmte, blieb.
    »Das ist aber eine Überraschung«, sagte er mit erzwungener Heiterkeit.
    Das Mädchen musterte ihn wortlos.
    »Wie bist du reingekommen?«
    »Mrs. Mac hat mir einen Ersatzschlüssel gegeben.«
    »Ach du lieber Gott.« Er war schockiert. »Das hat mir gerade noch gefehlt.« Seine Wirtin war neugierig genug, was das nächtliche Treiben ihrer Mieter anging, ohne daß man ihrem Misstrauen noch Nahrung geben mußte.
    »Ich hatte keine Lust, im Regen zu warten«, sagte Trish gelassen. »Das hab' ich ihr gesagt.«
    Das hatte sie zweifellos. Und sie war wahrscheinlich der einzige Mensch, dem es gelungen war, ihr den Schlüssel abzuquatschen. Seltsames Mädchen, mit ihrer weinroten Mähne und Augen, die katzenhaft kalt und undurchdringlich waren und dann wieder groß und zärtlich sein konnten. Wenn sie sich liebten, gab sie sich ihm mit wilder Leidenschaft hin, aber er hatte immer so ein Gefühl dabei, als sei er selbst ganz überflüssig.
    »Nun, trotzdem nett, daß du da bist«, sagte er unbeholfen. Er ging ans Bett und lehnte sich vor, um sie zu küssen. Ihre Lippen gaben nicht nach. Also, so ein Abend war es wieder. Hände weg, ich spiele die Rolle der ernsthaften Kunststudentin, die das Leben und die Liebe objektiv sehen kann. Sex ist ein Ventil, dessen ich mich bediene, wann es mir passt. Bis dahin: Hände weg.
    Warum war sie dann überhaupt gekommen? Ärgerlich versuchte er, ihre Lippen gewaltsam zu öffnen, aber sie presste den Mund zusammen und wandte das Gesicht ab.
    »Was hast du denn?« fragte er. Er ging an den Schreibtisch und knipste die Leselampe an. Er merkte, daß er ein wenig zu schnell atmete. Er hob das schwere medizinische Handbuch vom Stuhl und schob die Vorlesungsnotizen beiseite. Er hatte zu arbeiten. Er hatte keine Zeit, mit frigiden Frauen über die Kunst und das Leben zu diskutieren.
    Sie war nur Patricia Coulter: niemand von Bedeutung. Ihr Alter Herr hatte eine Apotheke. Vor einem Jahr war sie noch Pat, wie jede andere Patricia. Damals hatte er sie kennen gelernt, bei ein paar Bierchen in einer Studentenkneipe. Sie ging schon das zweite Jahr auf die Kunstakademie, und davor war sie ein Jahr in Frankreich und Spanien gewesen. Er hatte sie nett gefunden. Mit ihrem Haar, dem schmalen Gesicht und der grazilen Figur wirkte sie eher interessant als hübsch. Ihre ausgeprägten politischen Ansichten imponierten ihm, denn seine eigenen waren wechselhaft. Als vielbeschäftigter Medizinstudent stand er über solchen Trivialitäten.
    Sie war erbarmungslos gegen sich selbst. Mit ihren zweiundzwanzig Jahren hätte man meinen können, daß sie gern ihren unabhängigen Geist der Geborgenheit von Ehe und Familie geopfert hätte. Aber sie war zu keinem Kompromiss bereit. Im Gegenteil, ihre Geringschätzung für ein bürgerliches Leben vertiefte sich immer mehr.
    Eines der äußeren Zeichen für ihren Drang nach Freiheit war der neue Spitzname, auf dem sie bestand. Anfangs hatte er es rührend gefunden, und es machte ihm Spaß, sie Trish zu nennen. Aber heute wollte er ihr den Gefallen nicht tun. »Was hast du?« fragte er wieder.
    Sie schwang ihre schlanken Beine vom Bett und zog betont züchtig den Mantel über ihre Knie, was ihn noch mehr ärgerte. Er war drauf und dran, ihr zu sagen, daß sie gehen müsse, daß er zu arbeiten habe.
    Ohne Einleitung oder Übergang sagte sie matt: »Ich bin schwanger.«
    »Was bist du?«
    »Schwanger«, sagte sie mit der gleichen unnatürlichen Ruhe. »Ich bin noch nicht ganz sicher, aber ich habe den starken Verdacht.«
    »Aber wie zum Teufel …«
    »Das solltest du selbst am besten wissen«, erwiderte sie zynisch lächelnd.
    Er griff nach dem Stuhl hinter sich und stieß dabei gegen den Schreibtisch. Ein Stapel Bücher fiel krachend zu Boden. Mit rotem Kopf bückte er sich, um sie aufzuheben. Zuoberst lag ein Band über Gynäkologie. Er sah es als ein böses Omen und ließ sie liegen.
    Sein Verstand setzte wieder ein.
    »Woher willst du das so genau wissen? Wie lange bist du – ich meine –, wann hättest du …?«
    Sie bemerkte seine

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