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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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wie?«
    »Vielleicht. Die Sache ist nur, daß es wissenschaftlich bewiesen wurde. Es ist alles wahr.«
    »Wahr? Wahr ist es, hm?« Zu Jantjie sagte er: »Klopf mal mit dem Meißel davor und dann mit dem kleinen Hammer. Aber nicht zu fest.«
    »Natürlich ist es wahr«, sagte Deon.
    »Weil der Professor es gesagt hat?«
    »Du verstehst das nicht. Die Beweise sind da. Es ist logisch. Wie eine Kette, die man von Anfang bis Ende Glied für Glied nachprüfen kann.«
    »Na gut, jetzt fass mal hier mit an«, sagte sein Vater. Die drei hoben das schwere, ölverschmierte Getriebe aus dem Pumpenkasten. »Dann mußt du mir's eben erklären – aber denk dran, daß ich nur ein einfacher Farmer bin, also mach's nicht zu kompliziert.«
    Deon suchte krampfhaft nach einem Beispiel. »Die Muscheln«, rief er dann wie in plötzlicher Erleuchtung aus.
    Sein Vater sah ihn verständnislos an. »Muscheln?«
    »Ja. Die Muscheln in deinem Büro. Die Muscheln, die wir in der Bucht gefunden haben, weißt du noch? Also, diese Meeresmuscheln haben sich seit sechshundert Millionen Jahren kaum entwickelt.« Er sah seinen Vater triumphierend an.
    »Deine Professoren müssen ja sehr schlau sein, daß sie wissen, was vor sechshundert Millionen Jahren war.«
    Deons Körper versteifte sich. Er hatte es nicht gern, wenn man sich über ihn lustig machte. »Wenn du es nicht verstehen willst, verstehst du es auch nicht«, sagte er schroff. Schnell fügte er hinzu, als er die warnende Falte zwischen den Augen seines Vaters bemerkte: »Diese Muscheln haben sich nicht weiterentwickelt, weil sie es nicht brauchten. Aber andere Lebensformen mußten sich den wechselnden Bedingungen anpassen, um zu überleben. Das nennt man den Prozess der natürlichen Auslese.« Begeistert fuhr er fort zu erklären; sein Vater hörte ernsthaft und gutmütig zu, während er nach weiteren Schäden an der Pumpe suchte.
    »Also«, schloß Deon, »es ist die einzig mögliche Erklärung für alles.«
    Sein Vater warf ihm einen flüchtigen Blick zu. In dem engen, wellblechernen Pumpenhäuschen war es sehr heiß geworden, und die drei Männer schwitzten. Jantjie roch nach alten Kleidern. »Na ja, das mit den Muscheln und Primären ist ja sehr interessant.«
    »Primaten. Affen.«
    »Auch gut. Aber denk nur nicht, daß du mit deinen Muscheln und Affen alles erklären kannst, mein Junge. Vergiß nicht: ›Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.‹«
    Deon machte eine abfällige Handbewegung. »Ach das.«
    »Ja, das«, sagte sein Vater, und diesmal klang seine Stimme schärfer. »Danach sollst du leben, denn danach hab' ich gelebt, und mein Vater und dessen Vater. Und vergiß es nur nicht.«
    Deon zuckte mit den Achseln. Er hatte nicht respektlos sein wollen, aber jetzt konnte er nicht mehr zurück. »Was kann ich dafür, wenn ihr mir beibringt, an Märchen zu glauben?«
    »Sprichst du vom Wort Gottes als einem Märchen?« Johan Van der Riets Stimme war hart und klirrend wie Metall, das auf Stein stößt.
    »Sieh mal, Vater, jeder weiß, daß die Bibel nicht wörtlich zu nehmen ist, sondern eine Sammlung alter Geschichten …«
    »Hat man auf dieser englischen Universität einen Kommunisten aus dir gemacht? Du verspottest das Wort Gottes!«
    Über den verschmierten, verrosteten Pumpenkasten hinweg starrten sie sich wie zwei wütende Hunde an. Jantjie sah verschreckt von einem zum anderen.
    »Du hast verspottet, was ich glaube«, gab Deon zurück.
    Sein Vater schien kurz nachzudenken. »Das stimmt«, sagte er langsam, als sei es schmerzlich, die Worte zu formen und auszusprechen. »Und es tut mir leid.«
    Deon war verblüfft. Aber er ärgerte sich noch immer. »Das ändert nichts daran, daß jüdische Priester Legenden von anderen Stämmen und Ländern sammelten, und die Bibel ist demnach nichts weiter als …«
    »Ich dulde auf meiner Farm keine Gotteslästerung«, sagte sein Vater mit bleichem, verzerrtem Gesicht.
    »Ist es Lästerung, die Wahrheit zu sagen?«
    »Und Pilatus sagte zum Herrn: ›Was ist Wahrheit?‹«
    »Bibelzitate sind keine Beweise.«
    »Besser Bibeltexte zitieren als von Muscheln und Affen faseln.«
    »Ach, du verstehst es nicht«, sagte Deon matt.
    »Vielleicht versteh' ich es nicht, aber ich versteh' so viel, daß wir das Wort Gottes brauchen. Wir irren wie Kinder durch die Welt, und unser kleiner Verstand lehnt sich gegen den Willen Gottes auf, oder wir kränken ihn mit unseren Werken. Nur durch sein Wort können wir auf dem rechten Weg bleiben. Du wirst

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