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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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amerikanischen Kriminalfilme, die er und Trish sich gelegentlich ansahen. Also hatte er den Zweisitzer in den Schatten gestellt, aber noch nahe genug, um die Ecke gut übersehen zu können.
    Er hoffte, daß es diesmal klappen würde. Die Burschen ließen ihn ganz schön zappeln. Es mußte ihnen Spaß machen, ihn herumhüpfen zu sehen wie eine Versuchsratte, der man winzige elektrische Schocks gibt, um sie auf ein Experiment vorzubereiten.
    Zuerst hatten sie ihn zu dem praktischen Arzt zurückgeschickt, dessen Name er von Robby hatte. Er war Partner einer gediegenen und gut gehenden Praxis, der Lage und der eleganten Einrichtung nach zu urteilen. Warum machte er so was? Geld? Hatte er geheime Laster? Spielhöllen? Frauen? Das teilnahmslose Gesicht unter dem glattgebürsteten grauen Haar verriet nichts von alledem. Er war sehr korrekt und umsichtig gewesen. Das kleine Problem würde sich wohl lösen lassen. Am besten sollte man aber noch ein paar Tage warten, alter Knabe, er mußte die Gemüter erst wieder beruhigen, haha. Und das mit dem Krankenhaus würde auch in Ordnung gehen, vorausgesetzt, er mache keine Zicken mehr. Die Sprechstundenhilfe kam mit einem Ordner ins Zimmer, er sah nervös zu ihr hinüber, lächelte gezwungen und sagte, wie nett es doch war, Deon wieder gesehen zu haben, und er solle ihn anrufen, wenn er ihn brauchte, haha, und tschüß und alles Gute.
    Aber der Mann am Telefon hatte ihn eine ganze Woche warten lassen und war durch nichts zu bewegen gewesen, schneller zu machen. Der Preis erhöhte sich um fünf Pfund. Deon hatte nicht dagegen aufgemuckt. Schließlich gab man ihm einen Termin und schärfte ihm ein, das Mädchen mit dem Geld, aber allein, wohlverstanden, in die Gardenienstraße zu schicken. Das war am Dienstag, also vor drei Tagen, und er hatte hier in qualvoller Ungewissheit gewartet, aber heilfroh, daß die Dinge wenigstens so weit gediehen waren. Nach fünf Minuten war Trish schon zurückgekommen.
    Ihr dunkelrotes Haar hatte unter der Laterne aufgeleuchtet, als sie einen Augenblick stehen geblieben war, um zu sehen, wo er stand. Herrje, dachte er, das ging aber fix, der alte Drachen scheint ja zu arbeiten wie ein geölter Blitz. Trish hatte den Fiat erkannt und war mit schnellen Schritten auf ihn zugekommen. Sie trug einen weiten grünen Rock mit einer passenden Jerseybluse; sie wußte, wie gut diese Farben ihr herrliches Haar zur Wirkung brachten. Er hatte ihr von innen die Tür geöffnet, und sie war eingestiegen, ohne ein Wort zu sagen.
    »Alles in Ordnung?« hatte er gespannt gefragt.
    Wortlos hatte sie den Kopf geschüttelt.
    »Was ist denn jetzt noch?«
    »Ich soll am Freitag wiederkommen.«
    »Warum das denn?«
    »Weil sie das gesagt hat. Sie will ganz sicher sein. Also am Freitag um dieselbe Zeit.«
    »Haben die denn noch nicht genug geschnüffelt?«
    »Vor Freitag ist nichts zu machen.«
    Plötzlich war ihm ein schrecklicher Gedanke gekommen.
    »Und was ist mit dem Geld?«
    »Das hat sie behalten.«
    »Und wenn sie damit türmt?«
    Trish hatte ihn leicht ironisch von der Seite angesehen. »Dann mußt du deinem Vater eben sagen, daß die Examensgebühren sich wieder erhöht haben, nicht?«
    Er hatte keine Lust, das Thema weiter zu verfolgen. Er mußte eine Quittung zurechtschwindeln, um seinen Vater davon zu überzeugen, daß er plötzlich dreißig Pfund brauchte.
    »Was für ein Typ ist sie?« fragte er interessiert. Die Stimme hinter der Tür an dem bewussten Abend hatte in ihm die Vorstellung von einer verschlampten, zahnlosen Alten mit schrumpeligen Klauenfingern wachgerufen.
    »Ganz nett«, sagte Trish gleichgültig.
    »Ich meine, wie sieht sie aus?«
    »Wie sie aussieht?« Sie runzelte die Stirn, als versuche sie sich zu erinnern. »Na ja, sie ist ältlich, würde ich sagen.«
    »Sehr alt?«
    »Nein.« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ältlich. Mittelalterlich. Ungefähr so um die fünfzig. Sie tönt sich die Haare blau«, fügte sie schnell hinzu. »Aber sonst ist sie ganz nett.«
    »Sieht sie wenigstens aus, als ob sie was davon versteht?«
    »Das ist schwer zu sagen, nicht?« hatte Trish gepresst gesagt.
    Er hoffte zu Gott, daß die Frau tüchtig war, blaugetönt oder nicht. Er sah wieder auf die Uhr, zum zigsten Mal in den letzten fünf Minuten. Trish war seit zehn Minuten fort, fast fünfzehn. Diesmal mußte doch etwas geschehen. Man konnte sie doch nicht ewig zum Narren halten. Von hinten kamen Schritte. Er sah in den Rückspiegel. Ein Polizist! Herr im Himmel.

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