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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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frohlockend. »Ich hab' ihn getroffen!« Er suchte im Dunkeln nach dem Kadaver des Tieres. Flip folgte ihm bedächtig. »Ich hab' ihn!« schrie Deon und führte einen Indianertanz auf.
    »Ja«, sagte Flip langsam, »ich glaub', ich auch.«
    »Ich weiß bestimmt, daß ich ihn getroffen habe«, sagte Deon streitlustig. »Ich hab' es gehört. Als mein Pfeil kam, hat er so gemacht«, und er ahmte das Jaulen des Schakals nach. »Wie weit wird er laufen?«
    Flip zuckte die Achseln. »Weit. Das Gift wirkt nicht so schnell. Aber bis zum Morgen wird er tot sein.«
    »Erst am Morgen?« Deon war enttäuscht.
    »Ja. Komm, wir müssen die Pfeile suchen.«
    Den einen fanden sie gleich. Die Spitze war noch dran, das hieß, daß der Haken ihn nicht getroffen hatte. »Ich weiß genau, daß ich ihn getroffen hab'«, beharrte Deon eigensinnig. Sie benutzten die gleichen Pfeile und tauschten sie auch oft untereinander aus, also konnte man nicht feststellen, wer welchen abgeschossen hatte. Nach einigem Suchen fand sich auch der andere, das heißt – nur der Schaft. Die Spitze fehlte. »Ihn hat's wahrhaftig erwischt«, sagte Flip zufrieden. »Der ist hin.«
    »Das war ganz bestimmt mein Pfeil«, beteuerte Deon.
    Flip sah zum Mond, der hoch am fahlen Himmel stand. »Wir gehen jetzt besser nach Hause«, sagte er.
    Deons Vater begegnete ihnen unterwegs mit dem Auto. Er hatte alle Scheinwerfer an und war begleitet von Männern auf Pferden und mit Sturmlaternen. Die beiden Ausreißer wurden an Ort und Stelle verdroschen, mit einem breiten Ledergürtel tüchtig durchgewalkt, ehe sie dazu kamen, ihre Schakalgeschichte zu erzählen. Deon wurde hungrig zu Bett geschickt, aber spät in der Nacht – er hatte sich schon in den Schlaf geweint – kam seine Mutter mit einem Stück Biltong und ein paar Crackers, und während er aß, erzählte er ihr die ganze Geschichte.
    »Ja«, sagte sie hin und wieder, »ja«, aber sie hörte gar nicht richtig zu. Blass und dünn, saß sie teilnahmslos am Fußende seines Bettes, kaum daß sie ihn ansah; mit leeren Augen blickte sie an ihm vorbei.
    Am nächsten Tag, als sich der Zorn seines Vaters gelegt hatte, erzählte er auch ihm die Geschichte. Zuerst war sein Vater kurz angebunden mit ihm, dann machte er Witze darüber. Aber als Deon darauf bestand, schickte er einen der Arbeiter aus. Der Mann kam am frühen Abend mit dem toten Schakal zurück. Er hatte ihn im Loch eines Ameisenbären gefunden und ausgegraben. Die Pfeilspitze steckte noch in dem struppigen Fell, gleich hinter der Schulter. Sein Vater nannte ihn scherzhaft ›Nimrod, der Große Jäger vor dem Herrn‹, aber man konnte ihm ansehen, daß er stolz war. Am nächsten Sonntag hörte Deon, wie er vor der Kirche den anderen Farmern davon erzählte.
    Mit feierlicher Miene zahlte er ihm den Shilling Kopfgeld, und Deon gab Flip die Hälfte ab. Er hatte Gewissensbisse, daß er die ganzen Lorbeeren einheimste, denn er wußte, es war nur Flip zu verdanken, daß sie die ganze Nacht auf Long Hill geblieben waren. Auch kamen ihm Zweifel, ob es wirklich sein Pfeil gewesen war, der den Schakal getötet hatte. Flip war an sich der bessere Schütze. Und er hatte zuerst geschossen. Trotz allem war er stolz, wenn sein Vater ihn neckend ›Großer Schakaljäger‹ nannte.
    Daran würde er sich sein Leben lang erinnern, daran und an seine Mutter, wie sie auf seinem Bett saß und matt »ja« sagte, immer wieder »ja«, ohne ihm zuzuhören.
    Kurz darauf kam er ins Internat, und dann hatte seine Mutter einen Nervenzusammenbruch und verließ plötzlich die Farm, um sich mit ihrem Bruder und dessen Frau in Transvaal zu erholen. Zwei Monate später schrieb sie in einem langen umständlichen Brief an den Pastor, daß sie nie wieder zu ihrem Mann zurückkommen wolle. Sie brachte die übelsten und verworrensten Anklagen gegen Johan Van der Riet vor, die den Pastor und die gesamte Nachbarschaft davon überzeugten, daß die Frau übergeschnappt war. Der Pastor erbot sich, versöhnend einzugreifen, aber Van der Riet sagte nur mit drohender Stimme: »Sie hat ihre Wahl getroffen. Sie wird keinen Fuß mehr auf diese Farm setzen.«
    Die Sympathien waren danach allgemein auf seiner Seite, denn die Leute schätzten einen Mann mit Rückgrat, der bei seinem Wort blieb. Der Pastor hatte natürlich an Vaters Barmherzigkeit appelliert, denn das war sein Beruf, aber selbst er war im stillen beeindruckt und erzählte überall herum, daß man Johan Van der Riet eines lassen müßte: er stand

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