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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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Gesichtsmaske und Kappe mit, die er ihm Gehen mit ein paar geübten Griffen befestigte.
    Der Patient lag schon operationsbereit auf der Bahre. Deon warf einen Blick auf ihn, und sofort sah er die Krankengeschichte deutlich vor sich:
    Daniel Jacobus Albertus Labuschagne, achtzehn Jahre alt. Beruf: Automechanikerlehrling. Leiden: Schusswunde in der oberen Bauchgegend. Selbst zugefügt. Unbeabsichtigt(?).
    Der Vater des Jungen erzählte stockend und mit irrem Blick, wie es passiert war: »Ich hab' diese alte Armeepistole, wissen Sie, ich halte sie im Kleiderschrank versteckt, schon seit Jahren, wissen Sie, hab' keine Lizenz dafür, aber ich hab' sie ja nie benutzt. Als Danie noch klein war, da hab' ich ihn einmal erwischt, wie er damit spielte, aber ich hab' ihn so verdroschen, daß er das Ding nie wieder angefasst hat. Und heut abend, da saßen wir im Wohnzimmer, meine Frau und ich, und haben Radio gehört, und Danie war in seinem Zimmer, und da haben wir auf einmal einen Schuß gehört.« Er sah hilflos von Bill du Toit zu Deon und von Deon zur Schwester, vermied aber wohlweislich, auf den leblosen Körper zwischen ihnen zu schauen. »Er wird doch durchkommen, Doktor?« flehte er.
    Bill nickte aufmunternd. »Wir tun unser Bestes.«
    Der Mann sah ihn ungläubig an und nickte ohne Überzeugung. »Danie war ein braver Junge, still und fleißig, wenn er auch nicht sehr helle war. Er hat uns nie Kummer gemacht, rauchte nicht und ging nicht mit Mädchen. Es war doch ein Unfall, nicht?«
    Warum sollte jemand, der Selbstmord begehen will, sich in den Bauch schießen? Nur Daniel Jacobus Albertus wußte darauf die Antwort. Und wenn sie je wieder eine Antwort von ihm haben wollten, mußten sie sich unverzüglich an die Arbeit machen.
    Solly Morris, der Narkotiseur, arbeitete ruhig und konzentriert hinter seiner Maschine. Wie immer summte er Brahms' Wiegenlied vor sich hin. Bill du Toit stand neben der Bahre, seine Hände flatterten nervös. Man konnte das kalte Grausen bekommen, wenn man ihn vor einer Operation beobachtete. Aber sobald er an den Operationstisch trat, fiel alle Hektik von ihm ab. Deon wußte, daß er als Chirurg eiskalt und immer Herr der Lage war, und er bewunderte sein Geschick.
    Der alte Snyman hielt sich noch immer im Hintergrund auf; er gab sich als interessierter Gast und tat, als merke er nicht, wie die anderen ihm tunlichst aus dem Weg gingen. Aber seine Blicke huschten flink hin und her.
    »Was halten Sie von dem Fall, Sir?« fragte Bennett.
    Der Professor machte eine abwehrende Geste.
    »Ich möchte wirklich Ihre Meinung hören«, beharrte er.
    Snyman ließ seine Pose scheinbarer Zurückhaltung fallen wie einen besudelten Operationsmantel. Er trat einen Schritt vor und lehnte sich über den Patienten, um die Verbände zu prüfen. Solly Morris führte einen Schlauch in die Luftröhre des Jungen und klebte ihn mit einem Pflasterstreifen an der Nase fest, dabei summte er selbstvergessen vor sich hin.
    Professor Snyman richtete sich wieder auf; er stützte eine Hand in den Rücken, als koste die Bewegung ihn große Anstrengung. Mit zwei steifen Fingern stieß er auf seinen runden Bauch, der sich unter dem feinen Tuch wölbte.
    »Sie sagen, die Eintrittswunde sitzt hier, zwischen der zehnten und elften Rippe?«
    »Ja, Sir.«
    Snyman fuhr mit dem Finger von links nach rechts über seinen Smoking. »Und die Austrittswunde ist hier, wie?« Er tippte sich rechts auf den Bauch. »Danach wäre die Kugel durch die Milz, den Magen, quer durch den Darm und weiß Gott was noch gegangen.«
    Bennett schüttelte den Kopf, behielt aber seine ehrerbietige Miene bei. »Ich glaube, daß sie in einer geraden Linie gelaufen ist, Sir. Der Junge klagte über Gefühlsstarre im Bein. Ich glaube eher, daß er sich ins Herz schießen wollte, die Kugel aber die Wirbelsäule traf und nach rechts oben abgeleitet wurde.«
    Professor Snyman stützte den rechten Ellbogen in die linke Hand und knabberte nachdenklich an der Haut zwischen Daumen und Zeigefinger. »Hm.« Dann ließ er beide Hände entschlossen zur Seite hinunterfallen. »Das ist alles bloße Raterei. Am besten machen Sie ihn auf und sehen ihn sich von innen an.«
    Die Flügeltüren schwangen auf, und eine Hilfsschwester eilte herein. Sie blieb verlegen stehen, als Snyman sich nach ihr umdrehte. Er erwiderte ihren gemurmelten Gruß mit einem kurzen Nicken.
    Sie winkte zu Bennett hinüber. »Er ist am Apparat, Doktor. Eine akute Blinddarmentzündung ist eingeliefert worden.

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