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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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die Höhe, als erwarte er Applaus. Dann begann er zu schneiden. Deon und die Schwester wechselten einen kurzen Blick. Er sah, daß sie unter der Maske feixte, und grinste zurück. Während Bennett durch die Haut und das Subkutanfett schnitt, tupfte und ätzte Deon die blutenden Stellen.
    »Der Alte hat sich gefreut wie ein Schneekönig, daß er mit von der Partie sein kann«, bemerkte Bennett. Er schleuderte die Schere zurück und herrschte die Schwester an: »Was soll ich mit dieser Heckenschere?«
    Sie reichte ihm wortlos eine kleinere, und er schnipselte am Bauchfell herum. Deons Hand, die den Wundhaken hielt, stieß er grob beiseite und knurrte: »Herrgott noch mal, wie soll ich da was sehen, wenn Sie Ihre Pfoten dauernd im Weg haben?« Dann fuhr er in seinem gehässigen Ton fort: »Er wollte heute Morgen eine Laparotomie machen, aber der Patient hatte erhöhte Temperatur, also mußte er sie aufschieben. Und wenn er nicht mindestens einmal täglich das Messer benutzt hat, fühlt er sich nicht wohl.« Er sah Beifall heischend in die Runde, aber niemand reagierte. Die Schwester hatte ihm den Rücken zugekehrt und zählte Tupfer. Solly Morris regulierte, leise vor sich hin pfeifend, den Zustrom von Lachgas und Sauerstoff, und Deon tauchte gerade die Saugpumpe in die offene Bauchhöhle, aus der das Blut auf die Abdecktücher überfloss. Er tat, als habe er nichts gehört. Bennett riß ihm die Pumpe aus der Hand. »Das kann man ja nicht mit ansehen, Mann!« schnauzte er ihn an. »Entweder machen Sie's richtig, oder Sie lassen es ganz sein.« Ärgerlich stieß er die Pumpe in die Bauchhöhle, und sofort hörte das bisher gleichmäßige Schlürfgeräusch auf. Er hielt erschrocken inne, verbarg aber seine Bestürzung, indem er die Schwester anfuhr: »Die Scheißpumpe ist im Eimer! Es ist immer dasselbe mit den Instrumenten! Wie soll ich mit so was arbeiten?«
    Die Schwester untersuchte das Gummirohr eingehend. »Der Saugmechanismus ist völlig in Ordnung«, sagte sie, »es muß verstopft sein.«
    Solly Morris sah besorgt über die Abschirmung. »Können Sie die Blutung nicht hemmen? Ich kann das Blut so schnell nicht ersetzen, wie er es verliert.«
    »Ich kann überhaupt nichts!« schrie Bennett ihn an. »Die können die verdammte Saugpumpe nicht zum Funktionieren bringen!« Helles Blut strömte unentwegt aus der Bauchhöhle. »Will mir denn keiner helfen?« gellte er. Mit schlotternden Händen tastete er nach der Pumpe.
    Inzwischen hatte Deon unbemerkt den Saugansatz aus der blutgefüllten Bauchhöhle genommen. Ein Stück Darmnetz war hineingeraten und hatte ihn verstopft. Er löste es mit einem Tupfer heraus und legte die Saugpumpe wieder hinein. Sofort fing das schlürfende Geräusch wieder an. Auf Bennetts Gesicht malten sich Ungläubigkeit und Erleichterung. »Sehen Sie!« sagte er zu der Schwester. »Ich habe Ihnen ja gleich gesagt, daß das Ding kaputt war!« Deon zwinkerte ihr zu, und niemand sagte etwas.
    Leise quietschend öffnete sich die Tür und Professor Snyman kam mit federnden Schritten herein. Über der Maske leuchteten seine Augen, und er nickte liebenswürdig grüßend nach allen Seiten. Seine vollendeten Manieren im Operationssaal waren sprichwörtlich, und er war stolz darauf. Draußen mochte er ungenießbar sein, aber sobald er an seinem Platz am Operationstisch stand, war er vom Scheitel bis zur Sohle der vollkommene Gentleman. Wenn andere Chirurgen zeterten wie eine verwöhnte Primadonna, klang Snymans Stimme wie dezentes Teegeplauder. Seinem Missfallen gab er durch ein leichtes Stirnrunzeln oder einen Blick schmerzlicher Überraschung Ausdruck. Ungeschickte Instrumentierschwestern und langsame Assistenten fürchteten ein solches Zeichen genauso wie das Toben der anderen Chirurgen, denn die liebenswürdige Höflichkeit Snymans war nur Theater, das seine Opfer nicht täuschen konnte. Der Alte konnte weder vergeben noch vergessen, und Vergeltung war ihnen gewiß.
    Nun begann er mit seiner ›Vorstellung‹, die Augen hatte er fest auf den Tisch gerichtet. »Nun, was haben wir denn hier?« sagte er.
    Bennett wechselte zur anderen Seite über, um ihm Platz zu machen. »Ich bin noch nicht dazugekommen, die Verletzungen festzustellen«, gab er kleinlaut zu. »Die Saugpumpe war kaputt.« Der alte Herr schoß ihm einen scharfen Blick zu. »Der Patient scheint aus der Milz zu bluten«, fügte Bennett hinzu.
    »Hm«, machte Professor Snyman. Er leerte die Bauchhöhle, und jetzt konnte man sehen, woher all

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