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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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hinzu, »… den?«
    Er hatte damit gerechnet, daß sie außer sich sein würde, aber sie rührte sich nicht. Philip stand wie eine holzgeschnitzte Figur an der Wand.
    Deon wurde plötzlich gewahr, daß er in eine Situation geraten war, die er nicht verstand und die ihn nicht betraf. Die beiden, Elizabeth und Philip, begingen ihre ureigene Trauerfeier, in die er dummdreist eingedrungen war. Aber er dachte nicht daran, das Feld zu räumen.
    »Du liebst ihn? Du bist ja übergeschnappt. Wie stellst du dir das denn vor? Das ist doch hirnverbrannt. Siehst du das denn nicht ein?«
    Sie schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß nicht.«
    Das war ein Zeichen von Schwäche, hier mußte er ansetzen. »Liz, ich liebe dich. Glaube mir. Ich liebe dich.«
    Er hatte es gesagt, um sie unsicher zu machen. Aber meinte er es wirklich?
    Sie reagierte nicht, wiederholte nur mechanisch: »Ich weiß nicht.«
    Philip, der die ganze Zeit reglos im Türrahmen gestanden hatte, bewegte sich ruckartig, als sei die geschnitzte Figur plötzlich zum Leben erwacht. Irgendwie brachte er sogar ein Lächeln zuwege. »Ich glaube, du verstehst nicht ganz«, sagte er mit höflicher Nachsicht.
    Deon duckte sich zum Sprung. »Ich verstehe schon«, sagte er böse. »Ich weiß genau, was hier gespielt wird. Flip, der Sohn von Outa Piet und Aia Mieta, den farbigen Bediensteten meines Vaters, meint, er kann's jetzt mit weißen Mädchen treiben. Dieser schlaue Junge ist jetzt zu gut für farbige Mädchen!«
    Rote Flecke erschienen auf Philips Wangen, sein Mund wurde zum dünnen Strich. Er machte eine merkwürdige kleine Verbeugung vor Deon. »Es tut mir leid – das mit deinem Vater«, sagte er.
    Deon schnaubte verächtlich und wirbelte zu Elizabeth herum. »Wähle!« schrie er sie an. »Entscheide dich! Ihn oder mich!«
    Ihr Blick blieb gesenkt, und er versuchte, sie durch seinen Willen zu zwingen, ihn anzusehen. Aber sie verharrte eigensinnig.
    »Wähle!« stieß er heiser hervor. Aber sie sah nicht auf. Schließlich ergriff Philip das Wort.
    »Du verstehst nicht, was hier vorgeht. Es gibt keine Wahl.«
    Deon holte zum Schlag aus, aber Philip hob schützend die Hände hoch. Er schüttelte den Kopf. »Es hat keinen Zweck, mich zu schlagen. Es ist längst alles beschlossen.«
    »Warum machst du nicht, daß du hier rauskommst? Merkst du nicht, daß du überflüssig bist?«
    Philip lächelte, hielt aber noch immer die Hände schützend vor die Brust. »Ich wollte gerade gehen, als du kamst.«
    »Dann lass dich nicht von mir aufhalten!«
    »Du scheinst zu denken, daß ich hier nichts verloren habe«, sagte Philip mit leichtem Spott. »Du wirst dich zweifellos freuen zu hören, daß Elizabeth und ich zu demselben Schluß gekommen sind.«
    Ob der Spott einen tiefsitzenden Schmerz verbergen sollte? Deon wollte nichts davon wissen. Grob sagte er: »Halt endlich den Mund und verschwinde!«
    »Wir waren gerade dabei, Abschied zu nehmen«, sagte Philip.
    »Scher dich zum Teufel!«
    »Geduld, mein Lieber, Geduld. Wie ich eben sagte, wir trennen uns, weil wir erkennen mußten, daß es keine Zukunft für uns gibt. Jedenfalls nicht hier, worauf du uns ja eben gütigst hingewiesen hast – und wahrscheinlich auch sonst nirgends.«
    Philips Stimme war spröde, sachlich, als berichte er eine ungewöhnliche Krankengeschichte. Er legte die Hand auf die Klinke. »Auf Wiedersehen«, sagte er höflich zu Elizabeth. Sie schien etwas sagen zu wollen, schwieg dann aber. Er wandte sich Deon zu, und sein Gesicht zeigte die vertraute Mischung von Zuneigung, Herausforderung und Reserve, an die Deon sich aus frühester Kindheit erinnerte. Aber jetzt war noch etwas anderes dazugekommen: ein Ausdruck grenzenlosen Mitgefühls.
    »Es tut mir wirklich sehr leid wegen Vater«, sagte Philip. Dann ging er hinaus und ließ die Tür hinter sich ins Schloß fallen.
    Zunächst verstand Deon Philips letzte Worte nur als eine Phrase des Mitgefühls. Plötzlich aber kam ihm zum Bewußtsein, daß Philip gesagt hatte: Vater.
    Nicht: Dein Vater.
    Vater.
    Unser Vater.
    Mein Vater.
    Fragend sah er zu Elizabeth, ob sie seinen Verdacht bestätigte. Aber sie sah wieder in ihre verkrampften Hände. Vielleicht hatte sie gar nicht zugehört.
    Mein Vater.
    Ich zerbreche ihm die Knochen im Leib. Ich hau' ihm die Fresse ein, diesem schwarzen Lügenmaul, ich schlage ihm die Zähne aus dem Gesicht und …
    Mein Vater.
    »Bastard«, sagte er leise. Dann lauter: »Bastard!« Und wieder: »Bastard!«
    Er riß die Tür

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