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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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Springbrunnen inmitten von Blattpflanzen plätscherte.
    Ein Lächeln spielte um seinen Mund, als er sich umwandte, um Elizabeth Van der Riet zu begrüßen, die durch die weitläufige, mit Fliesen ausgelegte Vorhalle auf ihn zukam. Der Rock ihres Kleides umspielte anmutig ihre Hüften und schleifte ein wenig über den Boden, so daß es aussah, als schwebe sie.
    »Willkommen in der Heimat, Philip«, sagte sie voller Aufrichtigkeit. In ihrem Gehabe lag etwas theatralisch Eingeübtes, aber keiner der beiden Männer schien es zu bemerken.
    »Guten Abend, Elizabeth«, sagte Philip feierlich, mit genau der richtigen Mischung aus Wärme und Respekt. »Vielen Dank für die Einladung.«
    Elizabeth hielt ihrem Gatten die Wange zum Kuss hin. Kokett blickte sie dabei von einem zum anderen, denn sie war sich wohl bewußt, was jetzt in den beiden vorging. Genüsslich zog sie die kleine Szene in die Länge; ganz und gar Herrin der Lage, spielte sie mit der Gefahr und wußte sich doch sicher und geborgen.
    Sie lachte, und Philip nahm wahr, daß sie sich ihre sprudelnde Herzlichkeit erhalten hatte, wenn diese jetzt auch etwas weniger impulsiv war, als sei der Quell ihrer unbändigen Frische nun doch bald versiegt. Sie war noch immer schön, wenn auch nicht mehr mit der mühelosen Leichtigkeit wie früher. Man spürte, daß sie ihr Aussehen sorgfältiger Pflege und einigen Tricks verdankte. Damals war sie achtzehn gewesen, plus zwanzig, das ergab immerhin die niederdrückende Zahl von achtunddreißig. Trotzdem, sie war immer noch eine schöne Frau. Sie trug ihr Haar lang, wie es der Mode entsprach, und es fiel ihr golden über die Schultern. Wenn sie lächelte, erschienen dünne Linien in ihren Augenwinkeln und um ihre Lippen, aber ihre Figur war schlank und geschmeidig.
    Sie ging in den Salon voran. Auf dem Mosaikfußboden vor dem mächtigen steinernen Kamin standen tiefe Sessel, und an den Wänden hingen Gemälde afrikanischer Künstler. Elizabeth wiegte sich beim Gehen leicht in den Hüften, und eine Erinnerung von vor langer Zeit kehrte zu Philip zurück und ließ ihn nicht mehr los, aber er verscheuchte gewaltsam seine Gedanken und setzte sich mit einem gemurmelten »Danke« in den Sessel, den sie ihm anbot.
    »Was wollen wir denn trinken?« fragte Deon aufgeräumt. Er klatschte in die Hände und machte sich an der dezent unter einem Bücherregal eingebauten Bar zu schaffen.
    »Liebling?«
    »Ich … einen Sherry, bitte.« Sie strahlte Philip mit einem sorgfältig aufgesetzten Partylächeln an. »Als Deon mir am Telefon sagte, daß er dich zum Essen mitbringt, habe ich eine Flasche kanadischen Rye besorgt. Aber wenn du lieber etwas anderes trinkst …«
    »Nein, nein, danke, ich trinke gern einen Whisky.« Er hätte lieber etwas Leichteres getrunken.
    »Eis?« fragte Deon. »Oder Wasser?«
    »Nur etwas Eis, bitte.«
    Sie nahmen ihre Gläser entgegen und nippten daran. Der unvermeidliche Augenblick war gekommen, wo die Erinnerung nicht mehr fortgeleugnet werden konnte und die Vergangenheit sich ungeladen zu ihnen gesellte.
    »Deine Vorlesung war sehr interessant«, sagte Deon. »Jedenfalls das, was ich davon verstanden habe.« Er war ein wenig außer Atem und mußte daher langsam sprechen, was seinen Worten ungewöhnliches Gewicht verlieh. »Alle waren sehr beeindruckt.« Er lachte kurz auf. »Ich mach' mir schon Sorgen, daß wir Chirurgen eines Tages arbeitslos werden.«
    Auch Elizabeth lachte und sagte mit übertriebenem Eifer: »Heute Nachmittag habe ich über dein Thema im Lexikon nachgelesen, um nicht allzu unwissend zu erscheinen, Philip, aber alles, was ich behalten habe, ist, daß Fliegen sich wie rasend vermehren.«
    »Dann sprechen wir eben von den Fliegen«, versprach Philip.
    Jetzt mußten sie alle drei lachen. Sie lehnten sich bequem zurück und fühlten sich schon etwas gelöster. Aber obwohl sie lachten und plauderten, war der kritische Augenblick noch nicht vorbei. Der unsichtbare Gast saß in hartnäckigem Schweigen unter ihnen, forschte in ihren ruhelosen Blicken und Mienen, lauschte ihrem allzu bereitwilligen Gelächter und lauerte auf die verräterische Geste, die enthüllen würde, daß man sich seiner Gegenwart bewußt war.
    Deon goss mit zitternder Hand die Gläser wieder voll, und sie fuhren in ihrer geübten Unterhaltung fort. Nach kurzer Zeit entfernte Elizabeth sich, um die letzten Vorbereitungen für das Abendessen zu überwachen. Philip lehnte einen dritten Whisky ab, aber Deon goss sich

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