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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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geistesabwesend einen neuen ein und lehnte sich mit dem Glas in der Hand lässig gegen das Kaminsims. Mit einem ironischen Lächeln sah er auf Philip nieder.
    »Na, Professor«, sagte er schließlich.
    »Na, Professor«, echote Philip im gleichen, leise spöttischen Ton. Die Spannung löste sich.
    »Wer hätte das gedacht, was? Hättest du es geglaubt, vor vierzig Jahren, als wir beide noch als Lausejungen auf der Farm spielten? Und nun, wie man hört, sind wir beide berühmt und reich geworden. Bist du reich, Philip?«
    »Nein.«
    Deon lachte. »Ich auch nicht.«
    »Du kannst mir viel erzählen.« Philip ließ den Blick durch den luxuriös eingerichteten Salon schweifen.
    »Oh, das ist Elizabeth. Sie ist ein Genie, wenn es darum geht, billig etwas zu ergattern, das dann nachher modern wird.« Er nippte an seinem Whisky. »Du warst verheiratet, nicht?«
    »Ja.«
    »War sie nicht Schauspielerin?« Deon ignorierte Philips offensichtliches Widerstreben, über seine Ehe zu sprechen.
    »Fotomodell.«
    Deon trank aus und ging zur Bar, um sein Glas neu zu füllen. Auf halbem Wege besann er sich und kehrte um. Er stellte das leere Glas vorsichtig auf das Kaminsims. »War sie Kanadierin?«
    »Französin. Nicht Französisch-Kanadierin. Französin. Sie ist in Marseille geboren.«
    »Aber ihr habt euch doch in Kanada kennen gelernt?«
    »Ja. Sie war nach Kanada gekommen, weil sie nach Hollywood wollte. Kanada war nur ein Sprungbrett für sie. Ich übrigens auch.«
    Elizabeths Rückkehr ersparte Deon die üblichen Kommentare und mitfühlenden Phrasen. Man ging ins Esszimmer hinüber, und die Verteilung der Sitzplätze und das Öffnen der Weinflaschen halfen mit, die Fremdheit zwischen ihnen zu überwinden.
    Das Essen war, wie immer, köstlich: Languste, dünne Scheiben Kalbfleisch und Schinken mit Spargel und Ratatouille. Sie tranken mäßig von dem Wein und unterhielten sich über die vergleichsweise Vorzüge südafrikanischer und europäischer Weine. Sie entdeckten, daß ihr Geschmack in Speisen, Restaurants, Städten und vielem übereinstimmte, über Verschiedenheiten gingen sie elegant hinweg. Das Mädchen, von Elizabeth auf den Besuch vorbereitet, zeigte keinerlei Befremden, daß sie ein Mitglied ihrer eigenen Rasse bedienen mußte.
    Den Kaffee nahmen sie im Salon ein. Beim Eintreten zögerte Deon, drehte sich wieder um und ging zum Telefon in der Vorhalle. »Ich muß noch das Krankenhaus anrufen, wegen des Kindes. Fangt aber ruhig schon an.«
    Elizabeth ging Philip voran in den Salon. Ihre Blicke trafen sich kurz, als sie sich über das Tablett beugte.
    »Schwarz oder weiß?«
    »Schwarz, bitte.«
    Sie konnten Deon in der Halle hören. Er wählte, knallte den Hörer hin, wählte von neuem.
    »Und – hast du dir schon überlegt, was du als nächstes tun willst?« fragte Elizabeth.
    Es duftete nach frischem Kaffee.
    »Ich weiß noch nicht so recht«, sagte er. »Meine Mutter liegt im Sterben, weißt du. Wenn sie nicht mehr ist, gibt es hier nichts, das mich noch hält. Dann werde ich wahrscheinlich zurück nach Kanada gehen.«
    Deon wählte zum zigsten Mal und murmelte ärgerlich vor sich hin. »Es tut mir leid, das zu hören«, sagte Elizabeth weich.
    »Eins wirst du jedenfalls nicht vermissen, wenn du dieses Scheißland verläßt«, rief Deon aus der Vorhalle. Philip und Elizabeth drehten sich nach ihm um. »Das Fernsprechsystem. Ich versuche jetzt zum sechsten Mal das Krankenhaus anzurufen. Zweimal bin ich mit einer pikierten alten Schrulle verbunden worden, ansonsten bekomme ich nichts als Besetztzeichen.«
    Elizabeth wandte sich mit gerunzelter Stirn wieder Philip zu. Keiner der beiden sagte etwas, bis Deon wieder in den Salon kam und sich einen Kognak einschenkte. Philip sah verstohlen auf seine Uhr. Und so hätte der Abend um Viertel nach zehn enden können. Drei Menschen hatten ein paar angenehme, gesellige Stunden miteinander verbracht, eine Verpflichtung war erfüllt, und sie hätten sich trennen können, ohne sich jemals wieder zu sehen. Da lehnte Deon sich vor, schwenkte das bernsteinfarbene Nass in seinem Glas, hob es an die Nase und sagte: »Mein Vater hat nach dir gefragt, bevor er starb. Das habe ich dir nie gesagt. Es waren seine letzten Worte.«
    Nun, endlich war der fremde Gast in ihre Mitte aufgenommen worden und saß zwanglos unter ihnen. Zuerst sagte Philip gar nichts, er schien Deons Worte gar nicht gehört zu haben. Er saß aufrecht da, die Hände leicht auf die Knie gelegt, und starrte in den leeren

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