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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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Kämmerlein getan haben. In der Öffentlichkeit hatte sie nie eine Spur von Selbstmitleid gezeigt. Während der ganzen langen Tortur des Prozesses hatte sie neben seinem Vater gesessen. Deon sah nieder auf den reglosen Körper, das ausgehöhlte, fahle Gesicht. Ja, du armer Teufel, dachte er, nicht einmal das ist dir erspart geblieben, daß du zusehen musstest, wie dein ältester Sohn, ein Van der Riet vom Wamagerskraal, in einem vergitterten Polizeiwagen ins Gefängnis transportiert wird.
    Deon hatte alles getan, das zu verhindern. Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt und Liselle hatte er versucht, den alten Mann im Krankenhaus zu halten, bis der Prozess vorbei war.
    Aber das Geheimnis war zu schwer und drückend gewesen. Eines Nachmittags, als Deon und Liselle zusammen den alten Van der Riet besuchten, hatte er plötzlich gefragt: »Wo ist Boet?«
    Seine Augen waren durchdringend auf Liselles Gesicht geheftet, in dem die ganze Wahrheit geschrieben stand.
    Während des Prozesses saß er in der ersten Reihe auf der harten Holzbank, die Hände über dem Knauf des Spazierstocks gefaltet, das Kinn daraufgestützt. Mit teilnahmsloser Miene hörte er zu: der Zeugenaussage, der Argumentation der Anwälte, der Zusammenfassung des Richters und dem Urteil, schließlich dem leidenschaftlichen Plädoyer des gewiegten Verteidigers aus Kapstadt um Strafmilderung. Seine Augen hingen immer an dem, der gerade sprach: Zeuge, Richter, Rechtsanwalt oder auch nur an dem Gerichtsdiener, der befahl: »Ruhe im Saal!«
    Kaum sah er zu dem Mann auf der Anklagebank, seinem Sohn. Von den Zuhörerbänken konnte man sein Gesicht sowieso nicht sehen, nur die runden, hängenden Schultern, die schon aufgegeben hatten.
    Als der Richter das Urteil verkündete, betonte er streng, wie schwer das Verbrechen sei und wie notwendig es sei, die Gesellschaft vor Menschen wie Boet zu schützen. Er erklärte die Notwendigkeit, ihn ins Gefängnis zu schicken, mit der Feststellung, daß das Motiv seiner Tat finanzielle Schwierigkeiten gewesen waren und er daher nicht in der Lage sei, eine Geldstrafe zu entrichten. Er erwähnte, daß der Vater des Angeklagten zwar bereit sei, die Summe zu zahlen, es sei jedoch ungerecht, den Vater für das Vergehen seines Sohnes zu bestrafen. Als sei es keine Strafe für den alten Mann, wenn sein Sohn ins Gefängnis mußte!
    Wenn Boet reich gewesen wäre, hätte er der Gefängnisstrafe entgehen können – das also ist Gerechtigkeit! dachte Deon.
    Der Richter sah Boet unter schütteren grauen Brauen an und verkündete erbarmungslos: »Das Urteil des Gerichts lautet drei Jahre Gefängnis.«
    Am Abend desselben Tages fuhr Deon zur Farm ›Senegal‹, auf der Suche nach Boets Freund, Manie van Schalkwyk. Denn Manie, der sich so gut auf den illegalen Handel mit Diamanten verstand, war ein bezahlter Polizeiagent. Das hatte sich beim Kreuzverhör der Kriminalbeamten herausgestellt. Manie war selbst einmal wegen des gleichen Vergehens verhaftet worden, aber man hatte ihn unter der Bedingung freigelassen, daß er als Verräter und Lockspitzel für die Polizei tätig sei. Wie konnte man so tief sinken? Boet hatte das Geld holen wollen, das Manie ihm schuldete. Er hatte nicht im entferntesten an Diamanten gedacht. Manie van Schalkwyk hatte die Saat des Bösen gesät und zu tragischer Reife gedeihen lassen. Er war der Missetäter, nicht Boet. Die Gesellschaft sollte gegen Spitzbuben wie ihn und so üble Schliche wie die Diamantenfalle geschützt werden.
    Deon fand ihn weder zu Hause noch in den Bars von Beaufort West, und das war gut so, denn er war bereit, ihn umzubringen, seit er seines Vaters Gesicht gesehen hatte, als sie seinen ältesten Sohn ins Gefängnis brachten.
    Mit einem Ruck wurde Deon wach. Er mußte eingedöst sein. Sein Vater betrachtete ihn mit nachdenklichen Augen. Deon setzte sich auf. Das abgeschirmte Licht ließ die Schatten auf den hohlen Wangen noch tiefer erscheinen, so daß der Kopf schon wie ein Totenschädel aussah. Aber sein Blick war klar und lebhaft.
    Deon stand auf und ging ans Bett. Wie lange war er wohl schon wach? Wie lange hatte er ihn mit seinem unverwandt prüfenden Blick beobachtet?
    Er beugte sich vor. »Wie geht's?«
    Die Lippen öffneten sich, die tiefe Stimme sagte mühsam: »Wasser.«
    Deon goss aus der Karaffe Wasser in ein Glas und stützte seinen Vater beim Trinken.
    Johan Van der Riet sank mit einem Seufzer in die Kissen zurück und schloß die Augen. Deon dachte, er sei wieder bewusstlos

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